Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)
in allen Ehren“, sagte Anbar, „aber ich kann mich auf so eine ungewisse Sache nicht einlassen. Du musst auch nicht alles glauben, was die Ganduup dir erzählen. Natürlich sind wir in der Lage, den Krieg zu gewinnen.“
Elsa konnte nicht sagen, ob das Licht plötzlicher schwächer geworden war oder ob ihre Wahrnehmung unter ihrem Gefühlszustand litt. Jedenfalls war ihr dunkler zumute.
„Geben deine Batterien den Geist auf?“, fragte Legard.
„Welche Batterien?“
Legards Strichmund wurde länger und Elsa begriff, dass das wenige Licht im Stall von ihr selbst stammte. Natürlich, Ganduup leuchteten im Dunkeln. Sie musste sich noch mal vergewissern. Daher machte sie eine langsame Bewegung zur Seite und staunte, wie das Licht, das von ihr selbst kam, über Anbars Gesicht wanderte.
„Du bringst mich in eine reichlich schwierige Situation“, sagte Anbar. „Wenn ich dich aus diesem schlimmen Zustand, in dem du steckst, erlösen könnte, ohne dabei die Menschheit auf Spiel zu setzen, würde ich das sofort tun. Ich fände es auch nicht allzu tragisch, wenn ich dabei draufginge, dann hätte ich wenigstens meine Ruhe. Aber ich kenne eine Menge Leute, die sich auf mich verlassen und die unbedingt leben möchten, auch wenn ihnen dieser Wunsch viele Opfer abverlangen wird. Ich kann nicht einfach über ihren Kopf hinweg entscheiden und sie ins Nichts rennen lassen.“
„Wenn du das nicht kannst, was wirst du dann tun?“
„Das ist ja das Schwierige. Ich müsste dich umbringen oder einsperren, um meinen Job gut zu machen. Beides bringe ich nicht fertig, zumal zu befürchten ist, dass die Ganduup deinen Körper abschalten, sobald sie das Gefühl bekommen, dass wir dich behalten wollen.“
„Du kannst mich einfach gehen lassen.“
„Damit du wieder zu deinen Ganduup spazierst und sie gegen uns kämpfen lässt. Das würdest du tun, habe ich recht?“
„Ja“, sagte sie, weil sie nicht lügen konnte. „Dazu bin ich ein Geist geworden.“
„Siehst du“, erwiderte er, „deswegen kann ich dich nicht gehen lassen.“
Er schaute sie an, sie schwieg. Wenigstens machte Legard keine Anstalten, Anbar das Morden abzunehmen. Legard stand still, die Hände gesenkt. Immer noch war die Dunkelheit weich, der Stall ein friedlicher Ort. Doch Elsa rechnete damit, dass das Wohlwollen ihrer Feinde jeden Moment in etwas ganz anderes umschlagen könnte.
„Dir ist hoffentlich klar“, sagte Anbar nach einer langen Zeit des Schweigens und Abwartens, „dass ich dir nicht helfen könnte, selbst wenn ich das wollte?“
„Nein, warum?“
„Ich kenne zwar alle Kodierungen der Sicherheitsschlösser, bin aber technisch nicht in der Lage, die Sicherheitszone so zu manipulieren, dass es keiner merkt. Der einzige, der einen Durchgang anlegen könnte, der allen anderen verborgen bleibt, ist Legard. Deswegen hängt es alleine von ihm ab, was mit dir passiert.“
Elsa floh rückwärts, indem ihre ganze Erscheinung einen Satz nach hinten machte. Was Legard tun wollte und auch tun könnte, ohne dass ihn lästige Gefühle daran hinderten, war ihr sofort klar. Doch sie konnte nicht reagieren. Sie schaffte es nicht, ihre Gedanken gegen Legard zu richten, zumal er nichts tat, um ihren Hass herauszufordern. Er stand nur da und beobachtete sie.
„Tu das nicht, Anbar!“, rief sie. „Überlass nicht einem kaltblütigen Mörder die Entscheidung!“
„Kaltblütig ist er vielleicht“, sagte Anbar, „aber ein Mörder?“
„Er hat die Ganduup zerfetzt! Weißt du, wie grausam das ist? Weißt du, was sie für Qualen ausgestanden haben?“
„Anders lassen sie sich nicht töten“, sagte Legard zu seiner Verteidigung, doch kaum schuldbewusst. „Sie hätten mich getötet, wenn ich nicht zuerst zugeschlagen hätte. Das nehme ich jedenfalls an. Gewissheit konnte ich mir nicht verschaffen, das wäre mir nicht gut bekommen.“
„Romer hat recht gehabt.“
„Womit?“, fragte Legard interessiert.
„Romer hat immer recht, wenn ihr etwas nicht passt“, sagte Anbar. „Doch ich bezweifle, dass Romer viel Mitleid mit den Geistern gehabt hätte. Wir können sie alle nicht ausstehen. Und da wir gerade beim Thema sind: Was passiert mit diesen selbstsüchtigen Biestern, wenn du sie durch das Tor gebracht hast?“
„Sie werden ewig und körperlos und wahrscheinlich auch willenlos.“
„Wahrscheinlich – und was, wenn nicht?“
„Alles, was sie jetzt tun, tun sie, um ihrem Körper zu entkommen. Wenn sie ihm entkommen sind, sind sie
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