Rabenschwärze - Der Grubenmann (German Edition)
seinen persönlichen Gebrauch gemacht hatte. Es war gut getarnt und befand sich in einem unbewohnten Haus. Doch bevor er auf die Reise ging, hat er es wieder geschlossen, damit es keiner entdeckt. Zumal Leute in das Haus eingezogen sind. Mir hat das nicht gepasst, aber vielleicht war es besser so.“
Elsa schaute in die Flammen des Ofens. Die Sache mit den Toren beschäftigte sie. Sie musste an die stille, karge Welt denken, in der sie mit Kamark und Sinhine gelandet war. Kamark hatte gesagt, es gebe dort nur ein Tor. Er meinte die Stelle, durch die sie in diese Welt gekommen waren. Die Stelle hatte Elsa geschaffen, unversehens und unbeabsichtigt. Gaiuper war mit seinen Leuten hindurchgetrampelt, einmal hinein und dann wieder zurück. Jetzt war es bestimmt ein richtiges Tor. Ob es die Welt veränderte? Ob die Neandertaler, wie Kamark die wilden Bewohner der Welt genannt hatte, das Tor entdeckten? Und wenn ja, wussten sie etwas damit anzufangen?
Bei der Gelegenheit dachte sie auch an Kamarks Schicks al und hoffte, dass König Nada r echt gehabt hatte damit, dass Tegga den Weltenführer für eigene Zwecke aufgespart und am Leben gelassen hatte. Von Tegga war es nur ein Gedankensprung zu Hoppier. Wenn sie an ihn dachte, wurde ihr heiß und kalt vor Sorge. Sie konnte nicht beurteilen, ob Gaiuper seinem Schläger Lügen aufgetischt hatte, um ihn zum Mord an Unass zu bewegen, oder ob es womöglich stimmte, dass Unass Teggas Sohn abgeschlachtet, zerlegt und konserviert hatte. Das durfte und wollte sie sich nicht vorstellen. Im Zwischenraum, in dem man Vorstellungen essen konnte, war es gefährlich, Ängste zu leugnen. Dennoch wollte sie sich einreden, dass Hoppier weggelaufen war, in Sommerhalt während der Schlacht, und dass er nun ein normales Leben führte, auf einem Bauernhof oder in einer Stadt. Zumin dest so lange, bis die Ganduup dort auftauchten. Bestimmt war es so. Zwar hatte Unass keine Skrupel gehabt, Elsas Seele zu zerlegen. Aber da saß ihm auch nicht Tegga im Nacken. Vor Tegga hatte sich Unass gefürchtet. Immerhin war Unass jetzt tot. Oder hatte ihn Tegga am Leben gelassen, zusammen mit Kamark, um eines Tages die Wahrheit aus ihm herauszuquetschen? Um ihn dann zu bestrafen, lange und schmerzlich und nicht nur so im Vorbeigehen? Je länger Elsa darüber nachdachte, desto wahrscheinlich erschien ihr das.
Als Elsa sich schlafen legte, warf die Glut im Ofen noch einen warmen Schimmer auf alles, was im Keller herumstand und herumlag, Elsa eingeschlossen. Das tröstete sie und so schlief sie auch irgendwann ein. Als sie jedoch wieder aufwachte, war jegliches Licht samt Widerschein verschwunden. Es war dunkel und kalt. Zum Glück konnte Elsa Morawenas schweren Atem hören, sonst hätte sie an allem gezweifelt – am Hier, am Jetzt und der Harmlosigkeit des Augenblicks. So aber klammerte sie sich an die Tatsache, dass sie nicht alleine war und der Keller bisher seine Form bewahrt hatte. Ihre größte Sorge bestand darin, dass er plötzlich Löcher haben und all das Böse hineinlassen könnte, wovor sich ihre Gedanken normalerweise versteckten. Die Angst hielt sie vom Schlafen ab und die Schlaflosigkeit machte sie noch ängstlicher. Sie atmete sich von Dunkelheit zu Dunkelheit und fühlte sich bald sehr an ihre Zeit im Käfig erinnert, was albern war, angesichts ihrer Freiheit. Sie stand entschlossen auf. Im Dunkeln tastete sie sich zu ihrem Kleid vor, das zum Trocknen auf einer Leine hing, und holte den Stein hervor. Den leuchtenden Stein, der jetzt nicht leuchtete, da er kalt war. Ein Hauch von einem Licht ging von ihm aus, als sie ihn berührte. Sie schloss die Faust um ihn, versteckte ihre Hand unter der Decke und legte sich wieder schlafen. Jetzt war es besser. Sie hatte etwas, woran sie sich festhalten konnte. Der Schlaf kam zurück, stahl sich zwischen ihre Atemzüge und nahm sie mit.
Morawena war tagelang nicht ansprechbar. Sie lag keuchend und fiebrig auf dem Rücken, mal waren ihre Augen blicklos auf die Decke gerichtet, dann wieder geschlossen. Die zahllosen Wunden in ihrem Gesicht verblassten, dafür traten die Wangenknochen hervor und die Höhlen, in denen ihre Augen lagen, wurden tiefer. Nikodemia und Elsa sahen es beide, doch sprachen nicht darüber. Wenn nicht bald eine Besserung eintrat, würde Morawena nicht überleben. Nur einmal äußerte Nikodemia die Befürchtung, dass Morawena im Zwischenraum keine Kräfte sammeln könne. Womöglich schwächte er sie und je länger sie hier blieben,
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