Rabenschwarz
fliegen und so weiter und ...
»Ein Unfall vor acht Monaten«, erklärte Bea ungefragt. »Karneval. Alkohol. Ich hätte nicht mehr fahren sollen.« Sie lachte gezwungen und klopfte sich auf die Schenkel. »Ich sag’s nur, weil du so guckst.« Herbie wurde von ihrer Freundin Ricky sanft in einen Sessel bugsiert. Den angebotenen Kaffee lehnte er dankend ab. »Kannst du gar nicht mehr laufen?«
Bea schüttelte den Kopf. Ihr blonder Zopf pendelte sachte hin und her. »Keinen Schritt. Die Ärzte sagen, dass es irgendwann mal wieder werden könnte, aber ich glaube nicht dran.« Sie rollte den Rollstuhl mit sanften Stößen zum Fenster. Das Fenster nahm beinahe die ganze Wand ein. Das nächste Gebäude lag viel tiefer unterhalb, und der Blick auf den Ort Eicherscheid und das ganze Tal war unbeschreiblich schön. »Eine fantastische Aussicht habt ihr hier«, sagte Herbie, um irgendetwas zu sagen, aber auch, weil es den Tatsachen entsprach.
»Du solltest das an einem klaren Wintermorgen bei Schnee sehen oder im Sommer. Es ist traumhaft.«
»Wir werden trotzdem wegziehen müssen«, warf Ricky ein.
»Wieso?«
»Der Berg ist zu steil. Bea kann ohne fremde Hilfe keinen Meter aus dem Haus.«
»Ich habe zwar Ricky, aber ich mute ihr schon genug zu.« Die beiden strahlten sich an.
Zwei, die füreinander da sind, mein Teuerster. Es wäre an der Zeit, auch mal jemanden zu finden, mit dem du dein Dasein teilst. Du hast zwar mich, aber sei ehrlich: All das, was ich dir gebe, kannst du mir ja gar nicht zurückgeben! Julius warf sich hochnäsig in die Brust.
»Du kommst wegen Rosi Kley, erwähntest du am Telefon«, sagte Bea unvermittelt. Allein die Tatsache, dass sie ihren kompletten Namen nannte, sprach nach Herbies Meinung dafür, dass sie wenig miteinander verkehrten.
»Ich nehme an, ihr habt gelesen, was passiert ist.«
Bea nickte. »Arme Rosi. So hätte es mir auch ergehen können, wenn ich nicht so ein verdammtes Glück gehabt hätte. Ach, Ricky, ich nehme doch einen Kaffee.«
Ricky stand beflissen auf und verschwand in der Küche.
»Ich schätze, du kommst gerade zu mir wegen dieser alten Geschichte. Damals ... in Buchscheid? Wohnst du da?«
»Nein, nein, ich bin im Hotel Eifelhöhe untergebracht. Nun, um ehrlich zu sein: Stimmt schon, dass ich wegen dieser Sache auf dich gekommen bin. Da ist damals viel drüber geredet worden. Vor allen Dingen, weil Richard doch danach einfach abgehauen ist.«
»Der Idiot!« Beas Gesicht verfinsterte sich. »Der war doch selber schuld. Was damals passiert ist, konnte doch nur geschehen, weil er sich nie um Rosi gekümmert hat. Du kannst mir glauben: Das ist einfach passiert. Da war nichts geplant. Rosi wollte ihm keins auswischen, und ich hatte nicht vor, ihm die Frau auszuspannen.«
»Glaube ich dir. Richard bereut scheinbar das, was er dann getan hat.«
»Bisschen spät!«
Julius setzte sich neben Herbie auf die Sessellehne. Ob ihre Lebensgefährtin davon weiß? Scheint doch so, als habe Bea sie absichtlich hinausgeschickt .
»Weiß Ricky von der Sache?« Herbie fühlte sich unwohl. Irgendwie hatte er jetzt ein besonders peinliches Gefühl bei seiner ganzen Fragerei. Vielleicht lag es daran, dass er immer daran denken musste, dass Lesben und Schwule ohnehin schon der permanenten Neugier der ach so »normalen« Mitmenschen ausgesetzt waren.
»Nee. Nur das Nötigste. Wir sind seit anderthalb Jahren zusammen. Ich hab mich nie getraut, ihr die Geschichte komplett zu erzählen. Irgendwie habe ich mich ja auch immer ein bisschen dafür geschämt.«
»Hast du Rosi noch mal gesehen?«
»Vor zwei Wochen waren wir in der Post in Münstereifel. Ich hätte gar nicht drauf geachtet, wenn Mano mir nicht Bescheid gesagt hätte. Auch da ist die Sache scheinbar noch aktuell.« Sie zuckte mit den Schultern, klimperte kokett mit den Wimpern und lächelte verzückt. »Ich bin nun mal eine Frau, die für Schlagzeilen sorgt.«
Genau wie du, mein Herr und Gebieter . Julius kicherte.
Ricky erschien mit dem Kaffee. Sie rührte Zucker und Milch hinein und stellte ihn für Bea gut erreichbar auf den Beistelltisch.
»Also, als ich sie in der Post traf, da haben wir uns gefreut, uns noch mal zu begegnen. Rosi wusste gar nicht, was mit mir passiert war. Hat sie ziemlich geschockt, glaube ich.«
Ricky steckte sich eine Zigarette an. »Sie war doch mit diesen Theaterleuten da, oder?«
Bea nickte. »Eine von denen hat einen auf ihren Geburtstag ausgegeben.«
»Hat Rosi
Weitere Kostenlose Bücher