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Rabenschwarz

Rabenschwarz

Titel: Rabenschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Kramp
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was Besonderes erzählt?«
    Bea schüttelte den Kopf. »Sie versprach, mal anzurufen oder so. Aber da ist wohl nichts mehr draus geworden.«
    »Einen Freund oder Bekannten aus Buchscheid hat sie nicht erwähnt?«
    Bea lachte. »Sind wir hier bei   Derrick   oder was? Du fragst ja wie ein Kriminaler. Nein, war wirklich nur Smalltalk an dem Abend. Sorry.«
    »Bist du enttäuscht?«, fragte Ricky bedauernd und schmunzelte. »Was hättest du denn gerne gehört?«
    »Ach, es geht um einen alten Mann. Den Raben-Päul. Der ist auch tot.«
    »Raben-Päul?« Beas Miene wurde nachdenklich.
    »Ist der Name gefallen?«
    »Nein, das nicht. Aber ich habe eine Tante, die hat eine Freundin in Buchscheid. Und die erzählt immer von einem alten Sonderling aus dem Dorf. Kann der das sein?«
    Herbie nickte eifrig. »Bestimmt ist er das. Gibt’s da was Besonderes zu erzählen?«
    Bea schüttelte wieder den Kopf. »Ist nur so lustig. Da gibt es solche Trottel in einem Dorf. Einen Dorfdeppen namens Röb gibt’s da auch noch.«
    »Päul war nicht eben ein Trottel, so viel ich weiß.«
    »Mag sein. Aber was ich sagen wollte, ist: So ein Dorf, das prägt die Menschen. Entweder sie schaffen es, sich ihren Freiraum zu schaffen, so wie Rosi und Richard. Dann haben sie Glück. Sie verblöden nicht. Andere schluckt das Dorf regelrecht runter. Sie braten in ihrem eigenen Saft und sehen nie was anderes. Und dann gibt es wieder andere, die schaffen den ganz großen Wurf. Die studieren im Ausland oder gehen in die Politik oder gründen ein Unternehmen. So wie der Chef von deinem Hotel zum Beispiel.«
    »Faßbender? Er kommt aus Buchscheid?« Bea nickte. »Ist eine arrogante Sau und will mit dem Dorf nichts mehr zu tun haben. Wie sagt Tante Klärchen immer?«
    Ricky lachte. »Wenn us Möss Dröss wid!«
    Herbie verstand nicht.
    Das habe ich jetzt sogar begriffen!
    »Wenn aus Mist Driss wird ... Mist ist was Nützliches. Stinkt zwar, ist aber wertvoll. Scheiße ist zu nichts mehr nütze. Entschuldige die Ausdrucksweise. Und unter den entsprechenden Bedingungen wird aus gewöhnlichem Mist eben nur noch nutzlose Scheiße.«
    Die Wolkendecke riss für einen Moment auf, und der durchdringende Sonnenschein malte goldene Flecken auf die Wiesen des Rothbergs, der am linken Fensterrand noch zu sehen war. Herbie war enttäuscht. Von diesem Besuch hatte er sich mehr erhofft. Bea und Ricky waren zwei sympathische Mädels, und er hoffte, ihnen bei irgendeiner Gelegenheit auch einmal in der   Post   zu begegnen. Aber jetzt half ihm diese Plauderei nicht weiter. Er bereute, dass er den Taxifahrer nicht angewiesen hatte zu warten.
    »Kann ich vielleicht mal telefonieren?«
    * * *
    Die Musik war laut und dröhnend. Man hätte erwartet, dass im nächsten Augenblick eine Horde wild gewordener Muselmanen säbelschwingend auf Pferden oder Kamelen um die Ecke galoppiert käme. Statt der Derwische erschien dann aber doch nur die Dame aus der Rezeption und steuerte zielstrebig auf das Auto zu, das seit fünf Minuten vor dem Hoteleingang stand und bei den Bässen erbarmungswürdig erbebte. Die Bezeichnung ›Auto‹ traf das Objekt, an dessen Scheibe sie nun mit ihrem zarten Knöchel hämmerte, nicht unbedingt genau. Im Grunde genommen handelte es sich um einen unbeschreiblichen Haufen vielfarbigen Schrotts, der offensichtlich durch irgendeine unsichtbare Kraft vor dem Auseinanderfallen bewahrt wurde und der entfernt an einen alten Opel Kadett erinnerte.
    »Die Musik!«, rief sie und gestikulierte wild. Im Inneren des Fahrzeugs reckte sich ihr ein erstauntes Gesicht entgegen. Der dümmliche Gesichtsausdruck wurde von einer Unmenge dichter, dunkler Haare umrahmt. Erst nach weiterem Gefuchtel der entnervten Hotelbediensteten fiel Köbes ein, dass es zwecks Konversation ratsam war, die Scheibe herunterzukurbeln.
    Er setzte an, versenkte die Scheibe zwei Finger breit in der Türe und stellte fest, dass er hier auf die viel zitierte Tücke der Technik stieß. Dann öffnete er die Türe und lehnte sich halb hinaus.
    »Die Musik!«, rief die Frau erneut und ruderte wieder wild mit den Armen.
    »Geht nicht aus!«, rief Köbes, der fanatische Sammler von Film-Soundtracks, beim Aussteigen. »Das ist   The Wind And The Lion . Gerade komme ich durch euer Kaff gefahren und drehe so richtig schön auf an der Stelle, an der Sean Connery von seinem Araber steigt, da macht es Knacks, und der Lautstärkeregler ist im Arsch.« Er grinste entschuldigend. »Geht nicht mehr aus, wenn der

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