Rabenschwarz
ein Kreuzzeichen. »Wollen mal hoffen, dass die Krähen mich nicht wieder ausbuddeln!«
Da hätten wir also das Jugenderlebnis unseres Freundes Päul: Sieht ganz so aus, als sei er mit jemand anderem zusammen schuld am Tod jenes Herrn Krechel gewesen. Sie haben ihn gewissermaßen den Raben zum Fraß vorgeworfen. Schönes Wortspielchen, nebenbei bemerkt, oder?
Als sie sich wenig später verabschiedeten, mussten sie ihr versprechen, unbedingt wiederzukommen. Jedoch beim nächsten Mal mit telefonischer Vorankündigung. Dann werde sie sich frisch machen. Da könne man dann wenigstens mal in den Ort runter, ins Café.
»Das hat der Herr Pastor mir auch versprechen müssen.«
»Ach ja, der Pastor«, fiel es Herbie ein. »Ist der eigentlich nur hier gewesen, um Sie von Päuls Tod in Kenntnis zu setzen?«
Sie überlegte angestrengt. »Hm. Da war noch irgendwas ... Ach ja! Der Herr Pastor hat die ganze Zeit etwas von einer Kassette erzählt. Etwas, das der Paul aufgenommen hat. Er wollte unbedingt wissen, ob er mir das zugeschickt hat.«
»Und?«, hakte Fritz nach. »Hat er?«
Sybille Krechel schüttelte den Kopf. »Nein, nicht, dass ich wüsste. Ich habe ja nicht mal einen Kassettenrecorder. Reicht mir schon, wenn wir einmal in der Woche Singkreis haben. Nein, so vernarrt in klassische Musik wie der Paul war ich nie. Ich bin dann jedenfalls noch zu den Schwestern gegangen, um zu fragen, ob noch irgendwo Post für mich liegt. Wissen Sie, die verbummeln das schon mal. Aber da war auch nichts. Der Paul hat mir aber auch nichts davon erzählt.«
Bei ihrem Weg zum Treppenhaus strengte sich die alte Frau in der Leseecke erneut mächtig an und rief: »Frau Peetz!« Bis sie das Treppenhaus erreichten, zählten sie es insgesamt viermal.
»Jetzt reicht es aber!«, echauffierte sich plötzlich der Opa neben ihr, dessen Hörgerät empfindlich piepte. »Die Frau Peetz ist doch schon drei Jahre lang tot!«
»Frau Peetz!«
Auf der Rückfahrt ließen sie das soeben Gehörte noch einmal Revue passieren und kamen zu dem Schluss, dass es sich bei dieser grausigen Geschichte mit Frau Krechels Mann möglicherweise um das Geheimnis des toten Päul handeln konnte. Dafür sprach auch der Umstand, dass Päul sich so rührend um diese alte Frau gekümmert hatte. Oder war es die bloße Nächstenliebe, die ihn dazu getrieben hatte?
»Wie alt war Päul wohl damals, als Krechel ums Leben kam?«, fragte Fritz, und Herbie begann zu rechnen. »Fünfzehn ... zwanzig, wenn ich alles richtig behalten habe.«
»Alt genug, um einen Menschen zu töten.«
Sie beeilten sich, da es begann, dunkel zu werden. Das Gespräch mit dem Pastor von Buchscheid stand noch aus. Von Westen her näherte sich eine fette Wolkenbank, die in diffusen Grautönen dahergerollt kam und Regen ankündigte. Von Osten her kroch die Dämmerung übers Land, und geradewegs über ihnen blieb noch ein Streifen hellen Tageslichts übrig, das sich bizarr gewunden über die Eifel schlängelte. Bald würde es auch von den Wolkenmassen oder der bläulichen Schwärze der Nacht verschluckt werden. Ganz gleich, wovon, sie steuerten in einen beunruhigenden Abendhimmel hinein, der eine finstere und stürmische Nacht verhieß.
Zwölftes Kapitel
Diesmal war es ein Anruf. Keine Buchstabenschnipsel, kein Umschlag. Nur die Worte: »Morgen Abend. Zwanzig Uhr. Sie fahren von Falkenberg nach Tondorf. Auf dieser Straße nehmen Sie die erste Gelegenheit nach rechts in den Wald. Dann zweite Gelegenheit links. Unbefestigter Waldweg. An dieser Einmündung findet die Übergabe statt. Ein Fehler, und Ihr Hund kommt in die Wurst, Teuerste!«
Herbie legte hastig den Telefonhörer auf und sah Fritz und Rufus panisch an. »Oh Mann«, sagte er und räusperte sich den Belag aus der verstellten Stimme. »Das war riskant. Wenn sie jetzt eine Fangschaltung installiert hat, bin ich geliefert!«
Du hast dich angehört wie Rudi Carrell unter Wasser .
Herbie erhob sich aus den weichen Polstern seines feudalen Sofas, um das herum Fritz und Rufus im Schneidersitz gesessen hatten. »Ich muss jetzt los, wenn ich den Pastor abfangen will.«
Sie verließen die Suite gemeinsam, verstreuten sich jedoch in unterschiedliche Richtungen. Rufus suchte die Küche auf, Fritz verschwand im Dienstbotentrakt, und Herbie verließ das Haus und ging zu seinem Auto, das er in angemessener Entfernung vom Hotel am Straßenrand geparkt hatte. Faßbender sah ihm mit hochgezogenen Augenbrauen nach, und die Empfangsdame zu seiner Seite
Weitere Kostenlose Bücher