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Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition)

Titel: Rabenschwestern: Kriminalroman (Ein Franza-Oberwieser-Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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Schreck ihn noch einmal um, oder eigentlich … nach vorne, aber eigentlich war es die Überraschung, eine freudige Überraschung, denn nichts hatte er sich doch in den letzten beiden Nächten sehnlicher gewünscht – als sie hier zu haben, als Trost, als Hoffnung, als Unterstützung in dieser Scheißsituation.
    »Bist du da?«, rief sie. »Tonio! Bist du da?«
    Tief durchatmen, dachte er, ganz tief durchatmen. Und er tat es und konnte sich endlich von der Wand abstoßen und die Tür öffnen und da stand sie, Kristin, mit hochgerecktem Kopf, die Hände in den Hüften.
    »Du Affe«, sagte sie. »Du blöder Affe! Stellst mir meine Sachen vor die Tür und haust ab! Bist du noch ganz dicht?«
    »Aber das wolltest du doch«, sagte er und gewann langsam seine Fassung zurück, »du wolltest doch, dass ich dir die Sachen vor die Tür stelle.«
    Sie zog die Augenbrauen hoch, schüttelte den Kopf, prustete heftig durch die Nase. »Männer!«, stieß sie hervor, »Unmögliches Volk! Mäännnner!!«
    Es wurde still, einen Augenblick lang, zwei, dann sagte sie – und ihre Stimme war plötzlich anders, war weich und ein wenig zittrig – sie sagte: »Lässt du mich rein?«
    Und er: »Ja. Natürlich. Ja.«
    Er trat einen Schritt zurück und sie kam herein.
    Er wies ihr den Weg. Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen, Neuland war, was sie betrat, sie spürte es und zeigte die nötige Aufmerksamkeit.
    Später saßen sie bei zwei Gläsern Wasser am Küchentisch. Sie schauten sich an, die Dämmerung floss herein und machte das Licht weich.
    »Wie hast du mich überhaupt gefunden?«, fragte er und dachte, dass es ein Gedanke gewesen war – er hatte sie rufen wollen, plötzlich war sie da.
    »Du glaubst doch wohl nicht im Ernst, dass ich mir den Namen des Notars nicht gemerkt habe«, sagte sie und grinste ein bisschen verschämt.
    »Aha«, machte er, »und?«
    Sie zuckte die Schultern. »Und was?«
    »Na ja, zwischen dem Namen eines Notars und der Adresse einer Wohnung ist ja noch mal ein großer Schritt«, sagte er, schob seinen Arm in die Mitte des Tisches und hoffte, dass sie das auch tun würde.
    »Findest du?«, fragte sie, lehnte den Kopf an die Wand und schaute ihn aus halbgeschlossenen Augen ein wenig müde an.
    Er nickte.
    »Ja«, sagte er, »find ich schon.«
    »Ich nicht«, sagte sie und lächelte.
    Tonio beugte sich vor. »Der hat dir also tatsächlich die Adresse verraten?« Er versuchte sich vorzustellen, was wohl die Gegenleistung gewesen war. »Darf der das überhaupt? Fällt das nicht unter Datenschutz?«
    Sie zuckte die Schultern. »So ein Notar ist doch auch nur ein Mensch mit einer empfindsamen Seele.«
    Er staunte. »Du Biest! Was hast du gemacht?«
    Ihr Lächeln wurde geheimnisvoll. »Du musst nicht alles wissen.«
    O.k., dachte er, wo sie recht hat, hat sie recht. Ich muss nicht alles wissen, wirklich nicht, Hauptsache, sie ist bei mir.
    Vögeln, dachte er, erst das Leben spüren, dann alles andere wissen wollen. Oder auch nicht.
    »Du scharfes Ding du«, sagte er.
    »Ja«, sagte sie.
    »Schlafen«, sagte er. »Mit dir. Jetzt.«
    Er spürte, dass er so scharf auf sie war wie nie zuvor, trotz all der schrecklichen Dinge, die passiert waren.
    Sie spürte es auch, seine Schärfe, seine Erregung, die kam über den Tisch zu ihr gekrochen, die setzte sich in ihre Haut, ihre Augen, ihr Denken und Fühlen. Sie mochte das, sie mochte das sehr, und sie ahnte, dass sie ihn nun hatte, ihn endlich hatte, und sagte: »Nein. Essen. Vorher. Hunger.«
    »Hunger«, sagte er. »Ja. Genau.«
    Auf sie. Auf die Wahrheit. Was immer die Wahrheit war. Auf sie. Auf die Wahrheit. Auf das Leben. Auf sie. In dieser Reihenfolge. In dieser Wichtigkeit.
    »Auf roten Wein«, sagte sie. »Auf Risotto und kross gebratenen Fisch. Auf Karamellsoße. Auf Kuchen. Auf Schokolade. Dann … auf dich. Und mich.«
    »Ja«, sagte er, »ja«, langte über den Tisch in ihre Haarspitzen, schlang sie sich um den Finger.
    »Hunger«, sagte sie. »Großer Hunger.«
    »Ja«, sagte er und fragte sich, wie er sie je für einen Tausend-Euro-Schein hatte halten können.
    34 Ich könnte sie anrufen, dachte Lilli, stocherte mit der Gabel in den Strudelstückchen und schob sich endlich eins in den Mund. Es schmeckte nach Apfel, Zimt, Zucker und Butter, es schmeckte, wie es in Franzas Wohnung gerochen hatte, es schmeckte nach dem Duft, der aus dem Ofen geströmt war, während sie redeten. Über Kindheit. Über Fremdheit. Über Gertrud. Über Hanna.
    Nein,

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