Rabenzauber
habe geholfen, die Rune zu zerstören, die all die besudelten Ungeheuer herbeirief. Der Troll war hoffentlich das letzte dieser Wesen. Ich denke, die Leute aus dem Dorf werden morgen oder übermorgen alle nach Redern zurückkehren.« Das hoffte sie jedenfalls.
»Jes wird sich freuen, das zu hören«, sagte Lehr. »Er hat einen einzigen Blick auf Tante Alinath geworfen und sich hinter Hennea versteckt.«
»Sie hat sich für uns um Rinnie gekümmert«, erwiderte Seraph und stolperte über einen Ast, den sie nicht gesehen hatte.
Lehr nahm ihren Arm. »Ich weiß. Aber sie hat nie gewusst, wie sie mit Jes umgehen soll.«
»Sie wäre nicht so schlimm gewesen, wenn Jes sich ihr gegenüber nicht absichtlich immer von der schlechtesten Seite gezeigt hätte.«
Lehr schnaubte. »Papa sagt das Gleiche von Tante Alinath und dir.«
Eine kleine Gruppe von Personen hatte sich vor dem Haus niedergelassen, wo sie trotz der Feuchtigkeit ein Lagerfeuer angezündet hatten. Tier, ein Knie fest verbunden und das Bein lang ausgestreckt, spielte die Laute, die er aus Taela mitgebracht hatte. Rinnie war in eine Decke gewickelt und eingeschlafen, den Kopf auf Tiers unverbundenem Knie.
Ciro hatte eine kleine Trommel mitgebracht, und er und Tier sangen gemeinsam. Die Stimme des alten Mannes war so klar wie eh und je, und Tier … Seraph hatte immer gesagt, er habe die anpassungsfähigste Stimme, die sie je gehört hatte. Wenn er Liebeslieder sang, klang es wie zerlassene Butter mit Zucker, und dann stimmte er ein raues altes Kriegslied an, und seine Stimme hörte sich an, als könne sie durch Stein schneiden. Im Augenblick überließ er dem alten Sänger die Melodie und sang die Oberstimme dazu, leiser, um Ciros Stimme zu schmeicheln - die das kaum gebraucht hätte.
Direkt außerhalb des Feuerlichts blieb Seraph stehen. »Habt ihr euch unter den Rederni nach Besudelten umgesehen?« Der Schatten könnte schließlich auch jemand sein, den sie kannten.
Lehr nickte. »Hennea hat Jes und mich dazu ausgeschickt. Aber selbst Onkel Bandor hatte keine Anzeichen davon. Hennea meint, wahrscheinlich hätte jemand, wenn er besudelt war, den Schutzzauber nicht überqueren können - und das ganze Dorf ist hier.«
»Gut.« Sie hatte sich nicht wirklich Sorgen gemacht, ein Rederni könne besudelt sein, obwohl sie das vielleicht hätte tun sollen. Immerhin hatte der Schatten bis zum letzten Augenblick vor Lehr und Jes verbergen können, was er war. Es war durchaus möglich, dass er sich selbst vor ihren Söhnen verstecken konnte.
Sie hielt es allerdings für unwahrscheinlich, dass der Schatten jemand aus dem Dorf war, den sie kannte. Also schob sie diese Gedanken erst einmal beiseite und nahm sich vor, darüber nachzudenken, wenn sie weniger müde war.
Tiers Stimme bebte ein wenig, als er seine Frau sah, und dann schwieg er und beendete die Vibration der Lautensaiten mit der Hand. Nach ein paar Takten schwieg Ciro ebenfalls.
»Stimmt etwas nicht?«, fragte Ciro.
Tier schüttelte den Kopf, aber er sah weiterhin Seraph an. »Ich bin heute Abend müde. Ich überlasse dir die Musik.«
»Wenn Karadoc in unserem Bett liegt, brauchen wir einen anderen Schlafplatz«, sagte Seraph leise, um Ciros Musik nicht zu stören. Sie beugte sich vor, um Rinnies Gesicht zu berühren, dann blickte sie auf zu Tier. Selbst im Dunkeln sah er blass und abgehärmt aus - seine Knie mussten wirklich wehtun.
»Irgendwo, wo wir allein sein können«, stimmte Tier zu. »Aber das Haus ist voll.«
Seraph warf einen prüfenden Blick zum Himmel, das Unwetter war weitergezogen. »Ich könnte vielleicht einen Platz finden. Lehr, würdest du unser Bettzeug und mein Gepäck holen? Und suche für dich, Hennea, Jes und Rinnie Schlafplätze.«
Er nickte. »Ich komme sofort wieder.«
Das tat er, und er reichte Seraph beide Bettzeugrollen, bevor Ciro mit seinem zweiten Solostück fertig war.
»Rinnie hat immer noch ihr Bett im Haus. Ich werde sie reintragen.« Lehr sprach leise, obwohl Ciro einen Augenblick aufgehört hatte zu singen. »Wir anderen müssen mit der Scheune vorliebnehmen. Brauchst du Hilfe, Papa?«
Tier kam selbst auf die Beine und schüttelte den Kopf. »Solange wir nicht weit gehen müssen, ist es in Ordnung.«
Seraph nickte Lehr zu und beugte sich vor, um Rinnie einen Kuss auf den Kopf zu drücken. »Wir sehen uns morgen früh«, sagte sie zu ihrem Sohn.
Sie führte Tier hinters Haus, wo das Land sich zu einem flachen, mit Gras bewachsenen Sims erhob, das von
Weitere Kostenlose Bücher