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Rabenzauber

Rabenzauber

Titel: Rabenzauber Kostenlos Bücher Online Lesen
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warum hast du dich dann bisher ferngehalten? Warum kommst du gerade jetzt zurück?
    Aber die Frage, die er tatsächlich stellte, war wichtiger.
    »Hat jemand anderes gesehen, was hier geschah?«
    Das Memento wandte seine Aufmerksamkeit nach oben, und Phoran folgte seinem Blick. Zwei Stockwerke weiter oben sah er ein Kind, das derart in Lumpen gewickelt war, dass man nicht einmal sagen konnte, ob es sich um einen Jungen oder ein Mädchen handelte. Sobald es erkannte, dass sie es anstarrten, eilte es mit dem Huschen leiser Schritte davon.
    Viele Heimatlose hatten in den endlosen unverzeichneten Räumen des Palasts Zuflucht gefunden. Phorans Pech, dass einer ausgerechnet hier lebte.
    »Muss ich es eliminieren?«, fragte das Memento. »Stellt es eine Gefahr für dich dar?«
    Eine Versuchung. Aber Phoran schüttelte den Kopf und log. »Für mich besteht keine Gefahr mehr. Du kannst gehen.«
    Das Memento vollzog eine leichte Verbeugung und löste sich ins nichts auf.
    Als es weg war, sah Phoran seine Männer an. Es hat keinen Zweck mehr, irgendetwas zu verheimlichen, dachte er müde.

    Avar mochte der Einzige gewesen sein, der das Memento wirklich gesehen hatte - aber die Leichen auf dem Boden waren nicht abzustreiten.
    »Das war, was die Reisenden ein Memento nennen«, erklärte er. »Einer ihrer Magier wurde von den Meistern des Pfads getötet, und ich wurde zufällig Zeuge dieser Untat. Die Meister hatten sich geschützt, also kam es zu mir. Es wollte Rache an den Zauberern nehmen, die den Raben getötet hatten, und ich dachte, es hätte sie schließlich bekommen, indem es die Meister tötete; aber jetzt sieht es aus, als wäre das nicht der Fall gewesen.«
    Es gab ein altes, unveränderliches Gesetz, niedergeschrieben, als die grausigen Spuren der Herrschaft des namenlosen Königs - leere Städte und unfruchtbare Felder - immer noch überall im Kaiserreich zu sehen gewesen waren: Ein Kaiser durfte nicht von Magie berührt sein. Die Tage, in denen er den Stein des Phoran allgemein sichtbar auf der kaiserlichen Stirn tragen musste, waren vorüber. Aber auch dieser Phoran hatte ihn getragen und war wie sein Vater vor ihm mit dem Stein auf der Stirn durch Taela geritten, am Tag vor seiner Krönung. Wenn einer der Septs es wollte, konnte er jederzeit verlangen, dass der Kaiser den Stein wieder auf seine Stirn legte und dem Rat das Ergebnis vorführte.
    Phoran hatte den Stein geprüft, als das Memento zu ihm gekommen war, und er wusste, dass dieser Stein nicht klar bleiben würde, wenn er seine Stirn berührte, solange er an das Memento gebunden war. Falls die Septs das erfuhren, würden sie ihn hinrichten lassen.
    Es war Avar, der es aussprach: »Wenn dieses Lumpenkind irgendwem davon erzählt, wird bald jeder im Palast erfahren, dass der Kaiser ein Ungeheuer hat, das Attentäter für ihn umbringt.«
    Phoran wartete auf ihr Urteil.

    Toarsen beugte sich vor und riss einem der Toten die Maske ab. Zu Phorans Erleichterung war die Leiche nicht geschrumpft und vertrocknet, wie es die Leichen der Meister des Pfads gewesen waren.
    »Erst müssen wir diese Leichen loswerden«, erklärte Toarsen. »Wenn irgendwer sie sieht, wird er sofort wissen, dass nichts Menschliches sie getötet hat.«
    »Ich dachte, Tiers Sohn hätte die Zauberer umgebracht«, sagte Kissel.
    »Nein«, antwortete Phoran. »Es war das Memento. Tier hat gelogen, um mich zu retten.«
    Avar nickte. »Würdet Ihr mir bitte helfen, meine Herren? Wir werfen sie ins Becken. Bis jemand sie dort findet, werden sich alle Seltsamkeiten durch das Wasser erklären lassen.«
    Als Toarsen und Avar die erste Leiche über das Geländer warfen, schlossen sich Gerant und Kissel mit der zweiten an. Schließlich half Phoran ebenfalls - er versuchte nicht hinzusehen, als die Körper auf das Wasser trafen.
    »Es ist gut, dass das Becken so groß ist«, meinte Kissel und kippte einen weiteren Toten über das Geländer. »Es wird Jahrzehnte dauern, bis jemand sie findet, wenn überhaupt.«
    »Also keine Instandsetzung des Brunnens«, murmelte Toarsen mit geheuchelter Enttäuschung.
    »Wir sollten noch einmal überdenken, ob wir die Palastwache wirklich Eure Räume bewachen lassen«, sagte Avar. »Ist Euch aufgefallen, dass die meisten von ihnen Uniformstiefel tragen? Ich sehe keine bekannten Gesichter, aber ich wette, sie stammen alle aus der Palastwache.«
    »Nun gut«, meinte Phoran, als sie fertig waren. »Sieht aus, als wäre noch keiner von Euch zu dem Schluss gekommen, dass Ihr

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