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Rabinovici, Doron

Rabinovici, Doron

Titel: Rabinovici, Doron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anderrnorts
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Durchgang zur Business Class blockieren.
Er wolle nur sein Gebet abschließen. Er hielt sich an der Gardine fest, als
wäre sie der Vorhang eines Toraschreins, als stünde er vor dem Aron Hakodesch.
Er müsse hier beten.
    Eine zweite Stewardeß näherte
sich von hinten mit einem Trolley. Er möge sich doch endlich setzen, rief Ethans
Nachbarin. Wieso sie sich denn einmische, fragte der Orthodoxe. Ob sie heute
schon gebetet habe? Und ob der da, er zeigte auf Ethan, bereits seinen
Pflichten nachgekommen sei und die Tefillin angelegt habe. Sei er etwa kein
Jude?
    Er sei es durchaus und um
nichts weniger als einer, der rabenschwarze Kleider und eine polnische
Pelzmütze trage, sagte Ethan Rosen, und er habe die Gebetsriemen an diesem
Morgen nicht umgebunden, ebensowenig wie am gestrigen, und er werde sich auch
in den nächsten Tagen keine umschnallen. Er stehe nicht auf Leder.
    Ob die nicht aufhören könnten,
fragte hierauf der Taucher aus der vorderen Reihe, er wolle jetzt in Ruhe sein
Bier trinken. Sein Nachbar, der Pilger, nickte. Der Fromme beachtete die zwei
gar nicht, hob statt dessen die Hand, und die beiden Wiener und die
Flugbegleiterinnen verstummten. Er sah zu Ethan Rosen, als hätte er das ganze
Ritual nur begonnen, um ihn zu provozieren, als wäre es seit Anbeginn der
Zeiten nur darum gegangen, diese jüdische Seele zu retten. »Was aber«, sprach
er, »wenn jetzt hier, aus der Business Class, unser Vater Abraham hervorkommt
und dich fragt: Sag, hast du heute früh schon Tefillin gelegt?«
    Die Flugbegleiterin hinter ihm
sagte: »Das zählt nicht, daß Ihr Herr Vater in der Business Class sitzt. Sie
haben ein billigeres Ticket? Dann nehmen Sie bitte Platz.«
    Unmittelbar vor der Abtrennung
erhob sich ein Mann mit Glatze. Sie könnten tauschen. Er habe keine Lust mehr,
hier zu sitzen, vor seiner Nase ein wippender Hin tern. Der Rabbiner könne da
vorn alleine swingen oder tun, was er wolle.
    Der Mann setzte sich zu Ethan.
Ein Israeli Anfang Dreißig, Jeans, ein wolfsgraues Sakko und darunter ein
weißes T-Shirt. Seinen blankrasierten Kopf zierte im Nacken ein Strichcode. An
einem Handgelenk trug er einen goldenen Armreifen und an dem anderen eine
Sportuhr aus Edelstahl mit großem Zifferblatt und drei kleineren Zeigerwerken.
Der bringe noch das ganze Flugzeug zum Absturz, wenn er so schaukle, sagte er
auf englisch zu Ethan. Und obszön sehe das aus, ein Gerammel, als wolle der
Kerl sich an dem ganzen Flieger vergehen. Dieses Geschojkel gehe ihm schon in
Israel auf den Geist, das halbe Land wippe hin und her, als wäre der ganze
Staat eine Heilanstalt, und jene Zwangsneurotiker des Glaubens, jene
Fetischisten der Stammesrituale benähmen sich, als litten sie an Hospitalismus.
    Ethan tat, als höre er nicht,
und sah nur auf seinen Bildschirm. Die Flugbegleiterin bot Getränke an. »Stilles
Wasser«, sagte die ältere Dame und steckte die erste Tablette, eine kleine
himbeerrote Kugel, in den Mund. Ethan bestellte Tomatensaft. Sein Nachbar
wollte ein Bier, rückte Flasche und Glas dicht an den Laptop. Ob Ethan mit dem
Gerät zufrieden sei?
    Das Flugzeug begann zu
wackeln. Die Durchsage des Piloten. Die Passagiere mögen sich bitte
anschnallen. Die Frau verschüttete ein wenig Wasser auf ihr Damastkostüm. Zwei
Pillen kullerten zwischen ihre Beine. Der Mann hielt Flasche und Glas fest. Ethan,
den Tomatensaft in einer Hand, klappte mit der anderen den Rechner zu, packte
ihn weg.
    Ob er geschäftlich im Land
gewesen sei?
    Er sei Israeli, sagte Ethan. Der
Nachbar streckte sich ein wenig und streifte Schuhe und Socken ab, als könne er
nun alle Vorsicht fahrenlassen. Dann können sie ja hebräisch reden. Weshalb er
ihm das denn nicht von Anfang an gesagt habe? Warum er zulasse, daß er sich die
Zunge verrenke?
    Ob Ethan in Österreich Urlaub
mache? Nein, antwortete der, er arbeite in Wien, an einem Institut, seit drei
Jahren.
    Das Flugzeug sackte kurz
durch, und einige der Passagiere warfen einander nervöse Blicke zu. Ob er sich
noch als Israeli empfinde?
    »Ich bin Staatsbürger. Willst
du den Paß sehen? Was bedeutet denn, sich als Israeli zu fühlen?«
    Der andere lächelte und nickte
wissend. »Das ist eine typisch jüdische, eine typisch wienerisch-jüdische
Frage.« Er nahm einen Schluck von seinem Bier. »Ich soll dorthin. Nach Wien.
Meine Firma möchte es.« Er litt unter der alten Angst, ein Jored, ein
Abwanderer, zu sein. Als steckten sie wieder in der Pionierzeit.
    »Ich will dort nicht

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