Rabinovici, Doron
wieder umwandte, lächelte sie maskenhaft. Ethan war verstummt.
Er sei es gewesen, redete
Felix weiter. Er habe Dovs Tonkassette nach dem Begräbnis nach Wien geschickt.
So sei es vereinbart gewesen. »Ich sollte sie dir im Fall seines Todes
zukommen lassen.« Er sah zur Decke. »Ich weiß nicht, wie oft ich ihm vorschlug,
dir alles zu erzählen. Dov sagte: Ich werde sein Vater nicht werden und sein
Freund nicht mehr bleiben können. Er sagte: Das war die Abmachung. Von Anfang
an. Kein Wort zu Ethan.«
Und Dina: »Er wollte keine
Verwandten haben. Nie wieder.« Sie sagte: »Felix wollte und konnte nicht. Dov
konnte und wollte nicht.«
Ethan schüttelte den Kopf.
»Ich verstehe nicht.«
»Dina hat mich nie betrogen.«
Felix betonte jedes Wort.
Sie sagte: »Es war eine andere
Zeit.« Sie sahen, wie Ethan sie anschaute, als wären sie Fremde.
»Das wird er nie verstehen«,
meinte Felix, und Dina: »Wir gründeten zusammen einen Kibbuz«, aber Felix unterbrach
sie: »Er wird es nie verstehen«, und zu Ethan: »Dov hat mich im Lager
gefunden!«
Dina schüttelte den Kopf, als
wolle sie widersprechen:
»Wir wollten Kinder. Darum
ging es. Alle im Kibbuz kannten unser Problem. Die schoben Wache vor unserem
Schlafzimmer. Warum hätten wir Dov nicht fragen sollen?«
Er: »Wir glaubten an die
Zukunft.«
Sie: »Wir glaubten vor allem
an uns.«
Noa ging in die Küche und
setzte Teewasser auf. Dina folgte ihr. Sie nahm Parmesan, ein paar Radieschen,
Jungzwiebeln, Tomaten, Techina und Butter aus dem Kühlschrank. Noa holte
einige Scheiben Pita und brachte den Tee mit. Sie fragte, wer Sacharin brauche.
Ethan goß den Tee ein, während
er fragte: »Und Rudi?«
»Was ist mit ihm?«
»Na, wenn du impotent bist
...«
»Unfruchtbar«, murmelte Felix,
aber Dina sagte: »Hast du nicht gleich gemerkt, wie ähnlich ihr euch seid? -
Dov war ein Don Juan. Er konnte bei keiner bleiben. Und er litt darunter so
sehr, daß er sich gleich von der Nächstbesten trösten ließ.« Ethan habe ihn
doch gekannt. Nur Dov könne es gewesen sein. Wer denn sonst? »Dov lernte Karin
Klausinger zufällig im Büro von Felix kennen. Die Sekretärin eines
Geschäftspartners.«
In diesem Moment drehte sich
der Schlüssel in der Wohnungstür. Rudi trat ein. Sie verstummten. Er grüßte
nicht, sondern sagte bloß: »Da sind sie ja alle. Die Rosen«. Die Luft war
plötzlich wie aufgeladen. Er sagte: »Ich habe einen Test gemacht. Einen
genetischen.«
Es war Rudi anzusehen, wie
peinlich es ihm war, davon reden zu müssen. Jede seiner Bewegungen wirkte
verhalten. Noa stand auf, als wolle sie ihn umarmen. Rudi sah an ihr vorbei,
und Felix starrte die anderen mit großen Augen an. Er atmete durch den Mund.
Er müsse zugeben, so Rudi, von
dem Ergebnis überrollt worden zu sein. Er sei es schließlich gewesen, der
darauf gesetzt hatte, der Sohn von Felix zu sein. Er sei es gewesen, der die
Briefe als Beweis dafür angesehen hatte. Aber offensichtlich sei seine Mutter
damals wohl noch mit anderen ins Bett gegangen. Er klang dabei, als müsse er
sich für die sexuellen Abenteuer von Karin Klausinger entschuldigen.
Sie drucksten herum. Es
dauerte, bis er begriff, was die anderen ihm zu erklären versuchten. Rudi
schaute ungläubig. Er kaute zäh, als hätte er ein Stück rohes Fleisch im Mund.
Es war Ethan, der fragte: »Wozu die Lügen? Warum das Märchen, Felix hätte Dina
betrogen? Wieso habt ihr überhaupt erzählt, Felix sei Rudis Vater?«
Die Eltern warfen einander
Blicke zu. Ob Ethan immer noch nicht begriffen habe? Das Familiengeheimnis,
sagte Dina. Die Ähnlichkeit zwischen Ethan und Rudi, und im selben Augenblick
widersprach Noa und meinte, sie könne, wenn sie es recht betrachte, gar keine
mehr erkennen. Und auch Dina gab zu, so sehr würden Ethan und Rudi einander
doch nicht gleichen. Sie hätten jedenfalls, fuhr Dina fort, gefürchtet, es
würde herauskommen, daß Felix auch nicht Ethans Vater ist.
»Das ist nicht die ganze
Geschichte«, wisperte Felix. »Ich kann nicht Ethan als meinen Sohn anerkennen
und ein weiteres Kind von Dov nicht.« Felix nahm einen Schluck Wasser. »Ich
habe nur gesagt, ihr seid Brüder. Nicht mehr.«
Rudi schüttelte den Kopf. »Es
war alles gelogen.«
Dina meinte: »Felix hatte
keine bösen Absichten.«
Rudi sagte bloß: »Wie konntet
ihr nur? Ich suche meinen Vater. Seit Jahren.«
»Du gehörst doch zu uns«,
sagte Dina, aber er winkte ab. Nein. Und nein, er sei übrigens auch nicht der
Sohn von Dov Zedek. Er
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