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Rabinovici, Doron

Rabinovici, Doron

Titel: Rabinovici, Doron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anderrnorts
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sei nicht Ethans Bruder.
    »Wir beide sind keine Brüder.
Das Ergebnis ist eindeutig.« Er war nicht mit Ethan verwandt, und deshalb
konnte er auch nicht von Dov gezeugt sein, und folglich war es unmöglich, ihn
zur erweiterten Familie der Rosens zu zählen, und darum war er mit ihnen nicht
versippt und nicht verschwägert, selbst wenn alle Kinder von Dov den Rosens
zugerechnet würden und selbst wenn allenfalls noch lebende Abkömmlinge des
Hauses Gerechter im Sinne jener höheren Vererbungslehre, die Felix und Dina
vertraten, in die Mischpoche Rosen aufgenommen würden, selbst dann wäre er
immer noch keiner von ihnen, sondern nichts als ein Parvenü, ein habitueller
Assimilant, also das, was er letztlich immer schon war, wofür er von jeher
bekannt war und womit er sogar seinen Lebensunterhalt als
Kulturwissenschaftler auf allen Erdteilen verdiente, weil er sich überall
einfinden und anbiedern konnte.
    Der Himmel hellte auf. Der
Morgen kündigte sich an. Auf den Straßen war kaum Verkehr. Rudi stand auf. Wortlos
ging er in das ehemalige Kinderzimmer. Sie sahen ihn die Schränke öffnen, seine
Kleidung zusammenfalten. Er packte die Koffer.
    Felix stand auf. Er wankte.
Der abendliche Anfall hatte seine Spuren hinterlassen. Er ging gebeugt auf
Rudi zu. Den Kopf hielt er dabei schief. »Bleib hier.« Rudi stopfte die Socken
ineinander. »Überschlaf es. Wo willst du jetzt ein Bett finden?« Rudi strich
die Unterhosen glatt.
    »Ich muß alleine sein.
Wenigstens ist der neue Artikel über Dov noch nicht erschienen.« Er sortierte
die Unterhemden.
    »Was hat das damit zu tun?«
    Rudi faltete die Hemden. »Es
war alles gelogen.«
    Felix preßte seine Hand ins
Kreuz und ächzte. Er wankte. Noa sah es und stand auf, machte einen Schritt
auf ihn zu. Er humpelte zurück zum Sofa.
    Rudi sammelte seine Bücher ein
und klappte den Laptop zu. Noa ging zu ihm und faßte ihn von hinten an der
Schulter. Rudi drehte sich um, und sie umarmte ihn. Fest. Sie streichelte Rudi.
Sie lächelte ihn an. »Bleib hier«, sagte sie.
    »Komm du mit mir.«
    Sie starrte ihn an. In ihrem
Rücken war Ethan aufgestanden. Dann sah er, wie sie den Kopf schüttelte. »So
nicht.«
    Rudi löste sich von ihr, und
da merkte sie, daß er, der die letzten Wochen seine Augen nicht von ihr hatte
lassen können, auch ihr gegenüber zum Fremden geworden war.
    Er hatte sich nicht nur von
der Familie Rosen abgewandt, sondern auch von ihr. Sie blickte ihm in die
Augen. Er drehte sich weg und schloß den Koffer zu.
    Als er seine Computertasche
schulterte, schritt Ethan auf ihn zu und drückte ihn an sich. Er küßte ihn auf
die Wangen, und plötzlich waren Tränen in Rudis Augen. Er blinzelte sie fort.
Die beiden Männer, die gerade erfahren hatten, keine Brüder zu sein, schienen
einander verwandter denn je. Rudi nickte und wischte sich übers Gesicht, aber
dann wich er zurück. Er lächelte die anderen an, so wie einer lächelt, der
sich aus einer Affäre ziehen möchte, schüchtern und verschämt, als versuche er,
einen, der ihm zu nahe kommt, auf Distanz zu halten. Es war, als fürchtete er
jede weitere Berührung mit einem Mitglied der Familie Rosen. Sie tat ihm weh.
Rudi, das war offenkundig, hatte Angst, den Abschied nicht zu schaffen.
    Er schleppte das Gepäck in den
Flur und wandte sich Dina und Felix zu. »Ich kann nicht hierbleiben. Der neue
Nachruf, den ich geschrieben habe, nur um seine, um euer aller Geschichte zu
schönen, wird nicht erscheinen.«
    »Niemand zwang dich dazu.«
    »Es waren Lügen. Lügen für
zwei Väter. Lügen für das ganze Land der Väter. Lügen fürs Vaterland.«
    »So war es nicht.«
    »Ich habe über Dov
recherchiert.«
    »Wir wollten aus Luftmenschen
Kämpfer machen. Aus Kaffeehausjuden Bauern.«
    Rudi feixte: »Das ist euch
auch gelungen. Besser als erhofft.«
    Dina rückte näher an Felix
heran, griff nach seiner Hand, dann sagte sie: »Ihr wollt die Wahrheit? Seid
ihr sicher? Könntet ihr denn überhaupt damit leben? Eure Generation? Ihr seid
doch ewige Kinder. Was ist ein Vater?«
    Felix sagte: »Hör auf, Dina,
Dov liegt unter der Erd.«
    »Laß mich ausreden, Felix. Er
will wissen, wer Dov Zedek war? Ich kann es ihm sagen. Wir haben Kinder sterben
gesehen ... Haben wir gelogen, um euch zu schaden? Wir haben geglaubt, es sei
zum Besten. Konnten wir wissen, daß Dov nicht mit Karin Klausinger im Bett
war? Es gibt Schlimmeres, als der Sohn von Felix Rosen zu sein. Und wer brachte
uns überhaupt auf die Idee, zu sagen, Felix

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