Rache - 01 - Im Herzen die Rache
Schlangen, Raben und anderem Gefieder bedeckt war. Woher kamen all diese Leute? Und das an Weihnachten! Definitiv nicht aus Ascension. Er fühlte sich völlig fehl am Platz, aber irgendwie im positiven Sinn. Chase überlegte einen Moment lang, ob er vielleicht mitten in das Ritual irgendeiner Sekte geraten war. Doch selbst das war ihm egal. Es war das gleiche Gefühl wie in Tys Nähe zu sein, bloß zehn Mal so gut. Es war das coolste Erlebnis, das er je hatte.
»Willst du etwas trinken?« Ty beugte sich ganz nah an sein Ohr, damit er sie über die lärmende Musik hinweg verstehen konnte. Chase nickte und schon war sie verschwunden, verschluckt von der Menge. Er machte einen Schritt vorwärts, um ihr in den roten Nebel zu folgen. Ich würde ihr überallhin folgen, dachte er, während der Rauch des Klubs ihn umhüllte.
Klopf-klopf-klopf.
»Chase, bist du da drin?«
Völlig schlaftrunken hob er den Kopf vom Kissen.
Die Stimme seiner Mom kam von der anderen Seite der Tür. »Guten Morgen, du Schlafmütze. Komm raus und mach deine Geschenke auf. Ich hab uns Pfannkuchen gemacht.«
Chase sah nach links, nach rechts, nach unten und oben. Er befand sich in seinem eigenen Zimmer. Sein Kopf hämmerte. Er hatte das Gefühl, aus dem tiefsten Traum aller Zeiten aufgetaucht zu sein.
»Chase?« Sie klopfte noch einmal.
»Ja, Mom, ich bin wach. Bin in ein paar Minuten draußen.«
»Beeil dich, wenn du kein kaltes Frühstück willst.« Chase drehte sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Was war letzte Nacht passiert? Er wusste noch, dass er durch eine verborgene Tür in diese Bar gekommen war … Nach und nach tauchten auch weitere Erinnerungen wieder auf. Er hatte sich umgesehen, während Ty seinen Drink holen war. Er erinnerte sich an die goldenen Schlangen, mit denen die gewölbten Decken verziert waren; die Wasserhähne in den Toiletten hatten die Form von Schlangenköpfen. Er erinnerte sich, dass er so eng mit Ty getanzt hatte, dass der Duft nach süßem Regen, den sie ausströmte, in seinen Nasenlöchern festzuhängen schien; es fiel ihm wieder ein, dass es ihn total angemacht hatte, Ty und ihren Cousinen dabei zuzusehen, wie sie sich zusammen auf der Tanzfläche wiegten und drehten und in ihren kurzen Kleidchen die Hüften schwangen. Oder waren es die Schlangen an der Wand gewesen, die angefangen hatten, sich ineinanderzuschlängeln? Die Bilder in seinem Kopf gerieten völlig durcheinander.
Er wusste nicht mehr, dass er nach Hause gefahren war. Er musste total breit gewesen sein. Plötzlich durchzuckte ihn Panik – wie sollte er Ty wiederfinden? Er schwang die Beine aus dem Bett und lief zu seiner Kommode, in der Hoffnung, ein Stück Papier mit einer Telefonnummer zu entdecken.
Dann erblickte er sich selbst im Spiegel: Jemand hatte ihm eine zehnstellige Nummer quer über das Gesicht gekritzelt. Er spürte Hitze in sich aufsteigen. Er war ja überglücklich, Tys Nummer zu haben, aber musste sie denn solch einen Idioten aus ihm machen?
Dann stolperte ihm eine andere Erinnerung durch den Kopf. Wie er versucht hatte, Ty in dem verrauchten Licht zu küssen. Wie sie sein Gesicht berührt und dabei gelächelt hatte und ihm ein kalter Schauer über den Rücken lief, als sie Rüstete: »Du musst nur noch ein bisschen warten. Ich habe noch einiges mit dir vor.«
Kapitel 7
Em schlenderte durch die Gänge bei Victoria’s Secret und ließ ihre Finger über die Spitzenunterwäsche und die Satin-BHs gleiten, die in Zartlila, Türkis und Pink um sie herumhingen.
Es war zwei Tage nach Weihnachten, und weil ihr Auto mit dem kaputten Kotflügel in der Werkstatt war, hatte JD sie in die alte Mall gefahren. In ungefähr einer Stunde sollte sie ihn wieder treffen, um mit ihm zusammen ins Kino zu gehen, doch vorerst hatten sie sich getrennt, um Geschenkgutscheine einzulösen und allein einzukaufen. Ihre anderen Freunde, zum Beispiel Fiona und Lauren, hatte sie die ganze Zeit mehr oder weniger gemieden. Es war einfach alles zu kompliziert, nachdem sie Zach geküsst hatte, und sie hatte keine Ahnung, wie sie sich überhaupt noch normal verhalten sollte.
Sie blieb stehen und betrachtete einen violetten Balconnet-BH mit einer Lage feinster Spitze und passendem String. So etwas hatte sie noch nie besessen – das einfache Baumwollzeug von Target hatte für die paar Male, bei denen es darauf ankam, völlig genügt. Als sie in der sechsten Klasse mit Alex Parson zusammen war, hatte er ihr das T-Shirt ausgezogen, während der
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