Rache - 01 - Im Herzen die Rache
Jetzt gab es kein Zurück mehr für Chase. Er würde mit der ganzen Wahrheit rausrücken. »Er will mit euch beiden rummachen, also macht er es. Er will sich mit Mädchen aus anderen Schulen treffen, also macht er es. Das ist es ja eben: Er macht immer, was er will, wann immer ihm danach ist.«
Emily sah aus, als sei ihr übel. Chase hatte noch nie jemanden so wachsbleich werden sehen – noch nicht einmal bei ihrem superharten Vorsaisontraining, als Trainer Baldwin sie in der Sommerhitze Sprints laufen ließ und ein paar der Jungs kotzen mussten. Doch Emilys Haut hatte definitiv einen grünlich weißen Farbton angenommen.
»Du lügst«, sagte sie ruhig, aber voller Zorn. »Du weißt ja gar nicht, wovon du da redest.«
Chase seufzte. Jetzt, nachdem er alles rausgelassen hatte, bereute er es. War ja klar, dass sie ihm nicht glauben würde. Doch nun hing er schon zu tief drin, um die Sache auf sich beruhen zu lassen. »Doch, Emily. Tut mir leid, aber ich weiß ganz genau, wovon ich rede.« Es war wahrscheinlich das einzige Mal, dass er sie je bei ihrem Vornamen genannt hatte.
»Wieso sagst du das?« Sie wurde nun lauter. Fast schon hysterisch. Chase fühlte sich mies, aber sie musste es erfahren. »Das ist nicht wahr!«
»Sieh dir mal das hier an«, sagte er, während er durch den SMS-Ordner auf seinem Handy scrollte. Er fand, wonach er suchte, und hielt ihr das Display unter die Nase. Von Zach McCord, war da zu lesen. Die Nachricht stammte von vor drei Tagen, als Chase sie und Zach überrascht hatte. Sie lautete: Hey, Alter, vielen Dank auch, dass du mir die Tour vermasselt hast. Ich hab bloß noch ein paar Tage, um die Sache klarzumachen, du Arschloch. Lol.
Und eine andere: Treff die Braut von der Maine-Uni später. Komm doch rüber, vielleicht hat sie ja ein paar heiße Freundinnen.
Em riss Chase das Handy aus der Hand. Ihre Augen überflogen die Worte. Und als sie ihn wieder ansah, rollte ihr eine Träne über die Wange. Er schaute rasch weg. Er hätte nichts sagen sollen. Er wollte das nicht sehen.
»Du verstehst das falsch«, sagte Em. »Es ist nicht das, wofür du es hältst.«
»Tut mir leid, Winters«, wiederholte er teilnahmslos. Mehr gab es dazu nicht zu sagen. Sie nahm ihre Tasche und zog schweigend ihren Mantel an. Beim Hinausgehen warf sie die Tür hinter sich zu; die Wucht, mit der sie ins Schloss knallte, ließ die dünnen Blechwände erzittern.
Einen Augenblick lang stand Chase einfach nur da. Er horchte, wie Ems Wagen startete und davonfuhr. Im Wohnwagen war es erstickend heiß und es roch ekelerregend nach feuchten Socken und eingetrockneter Tomatensoße. Er brauchte frische Luft. Nein. Er brauchte Ty. Er nahm sein Handy, das Em auf die Theke geworfen hatte, als hätte es Feuer gefangen. Er wählte Tys Nummer. Es klingelte noch nicht einmal. Gleich die Mailbox.
Er stand auf, schlurfte ins Bad und starrte in den Spiegel. Sein geschwollenes Auge sah schlimm aus. Was, wenn er so zum Footballfest musste? Aber war das überhaupt noch wichtig?
Er wählte noch einmal Tys Nummer. Wieder gleich die Mailbox. Herrgott. Er wollte sie, in diesem Augenblick. Er wollte irgendwas.
Plötzlich fiel ihm das Tuch ein, das er ein paar Tage zuvor bei Ty mitgenommen hatte. Wenn er einfach daran roch, es in Händen hielt, vielleicht würde er sich dann besser fühlen. Er stolperte zu seiner Jeans, die über dem Heizkörper hing.
Doch als er die Hände wieder aus der Hosentasche zog, war da kein zartes weißes Tüchlein mehr – bloß eine Handvoll staubige Asche. Er ließ sie fortrieseln und klopfte sich rasch die Hände ab.
Eigenartig. Seine Jeans hatte doch nicht gebrannt – sie war nicht einmal heiß. Schnappte er jetzt völlig über?
Er blickte hinunter auf seine Hände.
Sie waren kohlschwarz.
Kapitel 13
»Er ist bloß eifersüchtig … es ist nicht wahr. Das ist alles nicht wahr.« Immer wieder murmelte Emily die Worte vor sich hin, als sie von Chase wegfuhr, die eine Hand am Lenkrad, während die andere ihren Kopf in der Nähe des Fensters abstützte. Sie ließ das Radio ausgeschaltet und ihre tränenverschleierten Augen starrten stur geradeaus. Zachs SMS gingen ihr nicht mehr aus dem Sinn.
Sie schauderte. Sie durfte überhaupt nicht an ihre Beziehung mit Zach denken. Da war so ein Feuer zwischen ihnen – die Chemie stimmte einfach – und er öffnete sich ihr wirklich. Sie durfte nicht auf Chase hören. Sie musste das mit Zach besprechen. Er würde für alles eine Erklärung haben.
Bloß noch
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