Rache - 01 - Im Herzen die Rache
ein paar Tage, um die Sache klarzumachen. Nein, das war nicht Zach. Das musste ein Missverständnis sein.
Doch die Zweifel hörten nicht auf, an ihr zu nagen. Sie musste dauernd daran denken, dass sie und Zach heute eigentlich Pullover kaufen gehen wollten und er sich überhaupt nicht gemeldet hatte. Sie war natürlich um neun aus dem Bett geschossen und hatte sich in eine pseudo-lässige Kombination aus ihrer am besten sitzenden Jeans und einem schwarzen Kaschmirpulli geworfen, der ihr für den Anlass gerade recht kam. Sie hatte sich die Haare geföhnt und sie zu einem gewollt unordentlichen Pferdeschwanz zusammengenommen und dabei sorgfältig darauf geachtet, welche Strähnen sie locker herauszog. Dann war sie zurück ins Bett gehüpft, hatte an die Decke gestarrt und sich kaum noch beherrschen können, ihn anzurufen, sich jedoch gleichzeitig gewünscht, dass er ihr zuvorkam. Was er nicht tat.
Das war natürlich absolut in Ordnung – er war schließlich megabeschäftigt, das wusste Em. Aber sie musste zugeben, dass der Grund, warum sie zu Chase gefahren war, zu einem kleinen Teil auch darin bestanden hatte herauszufinden, was Zach so trieb (na ja, vielleicht war es auch der größere Teil gewesen). Diese Frage war nun geklärt: Zach war mit seinen Freunden unterwegs gewesen und hatte Basketball gespielt. Schön. Kein Problem. Aber sich mit Chase prügeln? Einfach vergessen, sie anzurufen? Möglicherweise kannte sie Zach ja doch nicht so gut, wie sie angenommen hatte.
Em näherte sich schon ihrer Straße, als sie plötzlich, ohne überhaupt darüber nachzudenken, auf die Bremse trat. Dann fuhr sie ganz bedächtig in die Einfahrt und wendete den Wagen. Sie machte sich auf den Weg zu Zach.
Sein Auto stand in der Auffahrt, er war also auf jeden Fall zu Hause. Sein Zimmer war das einzige, in dem Licht brannte. Mit derselben Entschlossenheit, die sie vor Abschlussprüfungen oder vor dem ersten Sprung der Saison ins eiskalte Meer immer hatte, stürmte Em ins Haus. Ohne anzuklopfen. Und rief seinen Namen.
»Zach!?«
Sie hörte seine Stimme und dachte zuerst, er spräche mit ihr.
»Zach!?«, rief sie wieder, dieses Mal leiser, und ging weiter zum Treppenaufgang. Doch als sie näher kam, wurde ihr klar, dass er offensichtlich telefonierte. Sie hörte ihn lachen, innehalten, wieder lachen, und dann etwas sagen. Seine Stimme klang freundlich und heiter, er hatte seinen Flirtton drauf – genau wie wenn er mit ihr sprach. Oder mit Gabby. Mit wem quatschte er da bloß? Er hielt garantiert kein Schwätzchen mit einem Kumpel.
Em ging auf Zehenspitzen die Treppe hinauf. Als sie sich dem oberen Treppenabsatz näherte, wurden Zachs Worte verständlicher. »Auf jeden Fall. Ich auch«, sagte er. Und dann: »Ich vermiss dich auch, Gabsy.«
Em hatte ihn diesen Kosenamen noch nie sagen hören, doch Gabby hatte ihr schon ein paarmal davon erzählt. Plötzlich war ihr hundeelend. Sie musste sich am Treppengeländer abstützen, als er weiterredete.
»Lass uns in Portland nett zum Abendessen ausgehen, wenn du wieder da bist«, sagte er. »Ich kann’s kaum erwarten, dich wiederzusehen. Und dich zu küssen.« Pause. »Mach’s gut, Süße.«
Er hatte kaum das Telefon weggelegt, da kam Em auch schon durch seine Zimmertür gestürmt. Es kümmerte sie weder, dass sie wie eine Geisteskranke aussah, noch dass sie in Zachs Haus herumgeschlichen war und er ehrlich schockiert wirkte, als er sie erblickte. Sie hatte genug gehört. Chase hatte recht: Zach hatte null Absicht, mit Gabby Schluss zu machen. Es war alles nur ein Spiel.
»Em?«, stammelte er. Seine Lippe war geschwollen und seine Haare standen in alle Richtungen ab. Überall im Zimmer waren blutige Papiertaschentücher verteilt. Trotzdem sah er verdammt gut aus – verletzt und gleichzeitig tough. Em atmete tief durch und rief sich ins Gedächtnis, warum sie hier und weshalb sie so wütend war.
»Du und Gabby, ihr werdet also nett zusammen essen gehen, wenn sie wieder da ist, ja? Und da machst du dann mit ihr Schluss? Oder wirst du sie doch lieber küssen, hm? Herrgott. Alle haben recht mit dem, was sie über dich sagen.« Ihre Finger waren ganz klamm und blieben dauernd an ihren Haaren hängen, die sie immer wieder versuchte, sich hinter die Ohren zu schieben.
»Em …« Sie konnte förmlich sehen, wie sich seine Gehirnrädchen drehten, um neue Lügen zu produzieren. Doch dann veränderte sich sein Gesichtsausdruck plötzlich. Er sah ganz ruhig aus, zumindest, als gäbe er
Weitere Kostenlose Bücher