Rache - 01 - Im Herzen die Rache
Zachs Rechte schoss nach vorn und traf Chase links ins Gesicht.
»Verdammt!« Chase wusste nicht genau, ob er es war, der das sagte, oder einer der anderen, doch das Wort schallte laut durch die Luft. Seine Wange brannte und seine Augen füllten sich mit Tränen. Er merkte, wie ihm das Adrenalin in die Adern schoss.
Er ballte die Faust und schlug zurück, wobei er Zach auf die linke Unterlippe traf. Er meinte, die Haut unter seinen Knöcheln aufplatzen zu spüren.
Zach stürmte mit gesenktem Kopf in Chases Oberkörper. Ächzend und fluchend gingen beide zu Boden. Chase flog krachend auf das Eis; er rollte sich zur Seite und stieß Zachs Kopf in den Schnee. Dann waren die anderen zur Stelle und versuchten, sie laut rufend auseinanderzubringen. Sean und Nick zogen an Zach, während Barton Chase unter den Armen packte und ihn in die entgegengesetzte Richtung zerrte.
Zach spuckte aus und dunkelrotes Blut spritzte auf den schneebedeckten Untergrund. Chase konnte nicht erkennen, ob es von seiner triefenden Lippe oder von seiner Nase kam. Sie mussten beide würgen.
Zach sah ihn an und blinzelte. Er schüttelte kaum merklich den Kopf und alle hielten respektvoll Abstand. »Du treibst es immer viel zu weit, Alter.«
Chase versuchte, sich aus Bartons Griff zu befreien. »Was soll das denn heißen?«, fragte er, obwohl er es wusste. Er wusste ganz genau, was Zach meinte. Das dunkle Geheimnis verfolgte ihn seit der Nacht von Minsters Party. Diese unsägliche Sache …
Zach sah ihn eindringlich an. »Du weißt, wovon ich rede.«
Chases Brust verkrampfte sich. Er versuchte erneut, Barton abzuschütteln, doch der hielt noch immer seine Arme umklammert, als sei er ein wild gewordenes Tier. »Alles okay, Mann«, sagte er. »Geht schon wieder. Lass mich los.«
Schließlich gab Barton ihn frei. Chase würdigte Zach keines Blickes mehr. Er machte auf dem Absatz kehrt und ging davon. Dabei berührte er sachte die Haut an seinem Auge. Sie schmerzte beim Anfassen und brannte wie Feuer.
Beim Weggehen konnte er Zachs zornige Worte hören. »Scheiß Psychopath. Was ist verdammt noch mal in ihn gefahren?«
Im Auto grinste ihm sein eigenes grässliches Spiegelbild aus dem Rückspiegel hämisch entgegen. Sein Gesicht war praktisch dunkelrot, so hatte er sich angestrengt, und rund um sein eines Auge begann sich schon ein schwarz-gelber Bluterguss zu bilden. Er nahm rasch seine Sonnenbrille aus dem Handschuhfach und setzte sie auf, obwohl die Wintersonne schon tief stand und nur ein trübes Licht verbreitete. Als er den Gang einlegte und vom Gelände raste, zitterte er – völlig unkontrolliert – am ganzen Körper.
Chase hielt vor dem Wohnwagen und beäugte irritiert den silbernen BMW, der davor parkte. Wenn sie nicht im Lotto gewonnen hatten (und er hatte seiner Mom schon vor einem Jahr das Versprechen abgenommen, keine Spielscheine mehr zu kaufen, weil sie sich dann nur falsche Hoffnungen machte), gab es absolut keine Erklärung dafür, weshalb so ein Schlitten vor ihrer Tür stand.
Beim Aussteigen sah er jedoch, dass Em in dem BMW saß. Der Wagen musste ihrer Mutter oder ihrem Vater gehören – sie selbst fuhr normalerweise einen kleinen verbeulten Honda. Was zum Teufel wollte Winters hier draußen?
»Hey, Chase«, begrüßte sie ihn etwas schüchtern. »Du hast das hier bei mir vergessen.« Sie hielt ihre Hand in die Höhe und wedelte mit seinem Playbook. Chase wusste nicht, was er sagen sollte.
»Du bist hergekommen, um mir das zu geben?«
»Na ja, du schläfst ja sonst praktisch damit, oder?«, antwortete sie und zog über ihren eigenen dummen Spruch die Nase kraus. »Ich muss aber gleich wieder weg. Hab mir das Auto von meinem Dad geborgt«, fuhr sie fort und zeigte verlegen auf die glänzende Silberkarosse.
Schlimmer konnte der Tag nicht mehr werden. Zuerst die Prügelei mit Zach und jetzt tauchte auch noch Emily Winters bei ihnen am Wohnwagen auf. Er erinnerte sich nicht einmal mehr genau daran, in welchem chaotischen Zustand er die Bude am Morgen verlassen hatte. Alles, was er noch wusste, war, dass eine verbrannte Toastbrotscheibe auf der Küchentheke liegen geblieben war. Er konnte sie auf keinen Fall hereinbitten – und er hoffte, sie würde auch nichts von ihm erwarten. Er hatte nichts anzubieten. Vor allem nicht ihr.
Ohne an sein blaues Auge zu denken, nahm er die Sonnenbrille ab und verzog das Gesicht, als er mit den Fingern sein lädiertes Nasenbein streifte. Em schnappte nach Luft.
»Chase?! Was ist
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