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Rache an Johnny Fry

Rache an Johnny Fry

Titel: Rache an Johnny Fry Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Walter Mosley
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Tür zur Seite.
    In dem Raum vor uns brannten unzählige bunte Lichter. Mindestens dreihundert Leute hatten sich dort eingefunden, saßen auf beweglichen Tribünen mit jeweils einem Dutzend Sitzreihen und drängten sich um die runde Plattform in der Mitte des Raumes.
    Fast alle waren nur dürftig bekleidet, auch die Älteren und Wohlgenährten. In einer Ecke sah ich einen Mann und eine Frau auf dem Boden, die es langsam und konzentriert miteinander trieben. Direkt hinter ihnen kniete ein Mann und befriedigte einen anderen mit dem Mund.
    Starker Körpergeruch hing in der Luft.
    Mir brach der Schweiß aus. Meine jüngsten sexuellen Abenteuer wirkten mit einem Mal wie Kinderkram.
    »Hier«, sagte Sisypha und gab mir eine kleine rosa Pille.
    »Was ist das?«
    »Etwas, das deine Blässe vertreibt.« Sie lächelte und machte einen Kussmund. Dann wandte sie sich zur Seite, und ich sah, wie der junge Mann am Schwanz seines Partners riss, der darauf zu ejakulieren begann. Die drei Frauen, die daneben standen, applaudierten und johlten.
    Ich schluckte die Pille und fragte: »Wo sollen wir uns hinsetzen?«
    »Da drüben«, sagte Sisypha.
    Sie führte mich zu einem Tisch nahe der Plattform. Ich setzte mich, stützte meinen Kopf auf die übereinander geschlagenen Arme und wartete darauf, dass die Pille etwas bewirkte, irgendetwas.
    Hier und da hörte ich Stöhnen und Grunzen. Es roch nach Sex.
    Lange Zeit blickte ich nicht auf.
    Den Schritten und dem Rascheln der Kleider nach zu urteilen, kamen immer noch mehr Leute herein, aber der Lärm legte sich. Daraus schloss ich, dass sich die Leute auf die Tribünen zurückzogen.
    Ich hielt meinen Kopf in den Armen vergraben und die Augen fest geschlossen. Alle Erlebnisse der letzten Tage geisterten mir durch den Kopf. Ich sah kein Licht, so finster war es in meinem Denken.
     
     
    »Komm«, sagte Sisypha, und ihre kühle Stimme strich mir wie eine zarte Hand über den Nacken. »Es geht los.«
    Ich hob den Kopf und begriff, dass die Angst zwar noch da war, aber gedämpft zu sein schien.
    Die Tribünen waren voller Männer und Frauen, die auf die Show warteten.
    »Was kommt jetzt?«, fragte ich.
    »Es ist wie bei den Olympischen Spielen«, sagte Sisypha. »Es geht darum, wer der Beste ist.«
    »Der Beste im Sex?«
    »Genau«, sagte sie und drehte mir ihr Milchkaffee-Gesicht zu, das so schön war wie eine Kindheitserinnerung.
    »Was heißt das?«, fragte ich.
    »Sex ist alles Mögliche. Einige Männer denken dabei an ihre Mutter, für viele Frauen ist der Vater das Ideal. Ich kenne Männer, die eine Frau nur ansehen, wenn sie riesige Titten hat. Es gibt alle möglichen Obsessionen und Perversionen, und in den Wettbewerben wollen wir sie bewerten. Heute Morgen zum Beispiel mussten wir unter verschiedenen Bewerbern den mit dem größten Schwanz auswählen. Das war nicht einfach.«
    »Wieso?«, fragte ich. Die Pille tat inzwischen ihre Wirkung. »Dazu braucht man doch nur ein Maßband.«
    »Einige Männer haben sehr lange Schwänze, die aber nicht sehr dick sind«, erklärte sie. »Andere haben große Dinger, die nie richtig steif werden, und wenn einer eine Zweipfundsalami hat, die er nicht hochkriegt, gibt’s natürlich Punktabzug.«
    »Verstehe«, sagte ich.
    Ich hob die Hand, um ihre Wange zu berühren.
    Ihr Gesicht verhärtete sich, und sie sagte: »Fass mich nicht an, solange ich dich nicht darum bitte.«
    Ich zog die Hand zurück und schob sie unter den Tisch.
    »Was kommt als Nächstes?«, fragte ich, um meine Verlegenheit zu überspielen.
    »Der Hahnenkampf«, sagte sie.
    »Was ist das?«
    »Das wirst du schon sehen.«
     
     
    Das Licht ging aus, und ein einzelner Scheinwerfer fuhr zum hinteren Teil der leicht erhöhten Plattform. Die Tribünen standen in zwei Bögen zu jeweils dreien um die Empore, davor und dahinter.
    Bei dem Mann im Scheinwerferlicht handelte es sich um den, der Mel in der Sisypha-Sage an den Rahmen gekettet hatte. Er trug purpurne Hotpants und ein rotes Samthemd mit weiten, langen Ärmeln. Sein goldenes Haar hatte einen Irokesenschnitt.
    Er hob die Arme, und die roten Ärmel rutschten ihm bis zu den Ellbogen herunter. An jedem seiner Finger glitzerte ein Ring.
    »Nutten und Zuhälter!«, rief er. »Metzen und Masochisten, Schänder und Geschändete, Rammler und Gerammelte!
    Willkommen, willkommen, willkommen! Willkommen zur Hauptattraktion!«
    Er verbeugte sich so tief, dass er mit der Stirn fast den Boden berührte. Sein Irokesenkamm strich über die Planken.

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