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Rache auf leisen Pfoten

Rache auf leisen Pfoten

Titel: Rache auf leisen Pfoten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rita Mae Brown
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für die Idioten dieser Welt ist auf dem Nullpunkt angelangt.«
    »Deine arme Mutter wird sich im Grab umdrehen. Der jahrelange Anstandsunterricht, die Sonntagstees – alles umsonst.«
    Harry legte die Hand auf den verchromten Türgriff des 1978er Transporters. »Was ich nicht kapiere: Wo ist die Grenze zwischen guten Manieren und der Duldung des Blödsinns, den die Menschen verzapfen? Ich werde mich keine Minute mehr mit Charlie abgeben.« Sie öffnete die Wagentür, stieg aber nicht ein. »Ich habe einen Schritt nach vorn getan. Ich mache keine gute Miene mehr, bloß weil es der Anstand verlangt. Zu viel Zeit vertan, zu viel Wut unterdrückt. Wenn die Leute mich mögen wollen, sollen sie mich mögen, wie ich bin. Wer mich gut behandelt, der wird auch von mir gut behandelt. Wie du mir, so ich dir.«
    »Bis zu einem gewissen Grade.«
    »Hm … ja«, räumte Harry zögernd ein.
    Susan atmete die feuchte Luft ein. Es war wieder heiß geworden, und mit der Hitze waren die Fliegen zurückgekehrt. »Ich weiß genau, was in dir vorgeht. Ich bin noch nicht mutig genug, um danach zu handeln.«
    »Klar bist du das.«
    »Nein. Ich habe einen Mann mit einem anstrengenden Beruf und zwei Teenager. Wenn das letzte Kind den Collegeabschluss hat – in fünf Jahren« – sie seufzte –, »dann werde ich so weit sein, denke ich.«
    »Tempus fugit.« Harry sprang in den Transporter. »Charlie Ashcraft hat keine einzige Tugend, die seine Schlechtigkeit aufwiegt. Warum ist einer wie er am Leben, und ein guter Mensch muss sterben? Aurora Hughes war ein wunderbarer Mensch.«
    »Schade. Er ist ein absolut göttlich aussehendes Tier.« Susan zuckte die Achseln.
    »Schönheit kommt von innen.«
    »Sag das mal meinen Hormonen«, konterte Susan.
    Sie lachten, und als Harry nach Hause fuhr, war ihr, als sei ihr die Last der Welt von den Schultern genommen. Sie wusste nicht recht, warum. Weil sie ausfällig gegen Boom Boom geworden war? Gegen Charlie? Oder weil sie müde geworden und gegangen war, statt dazubleiben und sich zu fühlen wie eine Märtyrerin wider Willen? Sie beschloss, bei keinen weiteren Jahresbestenfotos mehr zu assistieren, sie war sich nicht einmal sicher, ob sie ihr eigenes aufnehmen lassen wollte. Dann überlegte sie es sich anders. Es wäre wirklich unkameradschaftlich, sich nicht kooperativ zu zeigen. Sie mussten alle zusammenhalten. Trotzdem, der Gedanke, Boom Boom dauernd um sich zu haben … wie sie Boom Boom kannte, würde sie mit Harrys Aufnahme bis zuletzt warten und sie dann im ungünstigsten Licht fotografieren. Harry hielt es für besser, Denny morgen in seinem Studio aufzusuchen.
    Nach der Hausarbeit spielte sie mit Mrs Murphy, Pewter und Tucker. Sie spielten schrecklich gerne Verstecken.
    Um neun Uhr abends klingelte das Telefon.
    »Harry?«
    »Susan, sag bloß nicht, du bist eben erst nach Hause gekommen.«
    »Nein. Ich hab’s bloß gerade gehört – Charlie Ashcraft ist im Männerumkleideraum im Farmington Country Club erschossen worden.«
    »Was?«
    »Genau zwischen die Augen. Mit einer 38er.«
    »Wer war’s?«
    »Weiß man nicht.«
    »Mir fallen ein Dutzend Leute ein, die um diese Chance gekämpft hätten.«
    »Mir auch. Ist schon komisch. Wo wir ihn gerade erst gesehen haben.«
    »Boom Boom ist bestimmt froh, dass sie sein Foto zuerst gemacht hat«, sagte Harry trocken.
    »Du bist schrecklich.«
    »Nein, ich bin deine beste Freundin. Ich soll dir alles sagen können, hast du das vergessen?«
    »Dann lass mich dir was sagen. Freu dich nicht zu sehr. Denk dran, was du heute Nachmittag gesagt hast. Wir haben keine Ahnung, mit wem er in letzter Zeit geschlafen hat. So fängt es schon mal an. Er hat es geschickt verstanden, seine Abenteuer für eine Weile geheim zu halten. Ich bin sehr für innere Befreiung, aber mit ein bisschen Zurückhaltung fährst du im Moment besser.«
    »Du hast recht.«
    Als sie aufgelegt hatte, erstattete sie Mrs Murphy, Pewter und Tucker Bericht. Die Tiere hörten aufmerksam zu.
    »Ein gehörnter Ehemann hat endlich getan, was alle anderen auch tun wollten«, sagte Tucker.
    »Tucker, du hast so liebe Augen.« Harry streichelte den weichen Kopf.
    »Und wenn’s keine Zeugen gibt?«, fragte Mrs Murphy.
    »Genau zwischen die Augen.« Pewter schüttelte den Kopf.

 
8
     
    Die Patina der Jahre verklärte den Farmington Country Club. In dem anhaltenden Zwielicht des Sommers schimmerten die handgefertigten Backsteine des georgianischen Gebäudes in einem sanften Paprikarot. Als

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