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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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viele der Gegner, sich bloßzustellen, und die Lauscherinnen und Lauscher des Kardinals haben leichtes
     Spiel, sie zu identifizieren, ihre Reden und Pläne zu melden. Derweise kann die gesamte Kabale ohne die mindeste Duldsamkeit
     für deren Anführer zerschlagen werden.
    In Versailles, fern vom Hof und von Paris, atmet Ludwig auf. Sein Sohn wird später dort dem Prunk huldigen. Er aber liebt
     die Einfachheit. Versailles ist damals noch ein Jagdhaus mit zwei, drei kaum möblierten Räumen. Es ist keine königliche Residenz.
     Nie werden der Große Rat noch die Minister und erst recht nicht der Hof dorthin eingeladen.
    ***
    »Mein lieber Domherr, da Ihr hier zugegen wart, was geschah in Versailles zwischen Ludwig und Saint-Simon?«
    »Nichts, was Saint-Simon nicht verraten hätte«, sagte Fogacer mit seinem langen, gewundenen Lächeln. »Aber er gab es nur hinter
     vorgehaltener Hand und sehr behutsam einigen wenigen zu verstehen, darunter mir, der ich, wie Ihr wißt, dem Nuntius Bagni
     diene.«
    »Und was war das?«
    »Ein Märchen, oder was meine Kirche eine apokryphe Geschichte nennt.«
    »Was also?«
    »Er behauptet, in Versailles angelangt, habe der König ihn gefragt, ob er seiner Meinung nach Richelieu entlassen solle. Darauf
     habe er für Richelieu gesprochen.«
    |220| Ich lachte laut auf.
    »Da sehe einer«, rief ich, »wie dieser beschissene kleine Reitknecht dem Sieg nachträglich zu Hilfe eilt und sich eine Rolle
     beilegt, die er bestimmt niemals gespielt hat!«
    »Ihr glaubt ihm nicht?«
    »O doch!« sagte ich übertrieben eifrig. »Absolut!«
    »Ich auch«, sagte Fogacer, »und der Nuntius Bagni ebenso. Denn nach Luynes hat Ludwig keinem seiner Favoriten mehr eine politische
     Rolle zugebilligt. Für mein Gefühl stand die Entscheidung des Königs schon fest, bevor er Versailles erreichte: Richelieu
     zu behalten und die Königinmutter fortzuschicken. Davon bin ich überzeugt, und ich denke, die Entscheidung fiel in dem Moment,
     als die Königinmutter zu Ludwig sagte, wenn er den Kardinal nicht entlasse, werde sie nicht mehr am Königlichen Rat teilnehmen.
     Mit anderen Worten, wenn er ihr nicht gehorche, lege sie den Staatsapparat lahm.
    Ebensowenig glaube ich«, fuhr Fogacer fort, »daß Richelieu, in Paris allein seinen Höllenqualen überlassen, den Plan faßte,
     nach Pontoise zu fliehen und von dort nach Le Havre zu gehen, um sich in der Stadt, die ihm gehört, in Sicherheit zu bringen.
     Sein Freund, Kardinal de La Valette, will ihm hiervon abgeraten haben mit dem berühmt gewordenen Satz, der meines Erachtens
     ebenso apokryph ist: ›Wer das Vaterland verläßt, verliert es.‹«
    »Die Geschichte kenne ich«, sagte ich. »La Valette erzählt sie des langen und breiten, indem er sich kräftig rühmt, aber auch
     ich bin überzeugt, daß sie falsch ist. Denn für den Kardinal hätte eine Flucht bedeutet, daß er die abseitigen, von der Königinmutter
     gegen ihn erhobenen Anklagen als wahr anerkannte. Vor allem aber – nach Le Havre zu fliehen, in die Stadt, die ihm gehört
     und wo er sich befestigen konnte, hätte Rebellion gegen den König bedeutet. Richelieu aber kannte sein Leben lang nur eine
     Pflicht, die in diesem Moment zu verleugnen Torheit gewesen wäre, nämlich auf die Befehle des Königs zu warten und, wenn diese
     kamen, ihnen zu gehorchen, wie immer sie lauteten. Aber, mein lieber Domherr – verzeiht meine Ungeduld –, wann rief Ludwig
     denn Richelieu nun zu sich?«
    »Saint-Simon behauptet, daß er auf Befehl des Königs von Versailles aus einen ihm gehörigen Edelmann zu Richelieu geschickt
     habe.«
    |221| »›Einen ihm gehörigen Edelmann‹, daß ich nicht lache!« sagte ich. »So spricht ein Prinz. Wie er sich bläht, unser neugebackener
     kleiner Herzog!«
    »Nun, ich denke«, sagte Fogacer, »daß Ludwig nicht bis Versailles, das heißt drei Stunden, gewartet hat, um den Kardinal den
     Höllenflammen zu entreißen, in die er ihn gestoßen hatte. Kaum über die Stadtgrenze hinaus, wird er einen Musketier zu Richelieu
     geschickt haben, damit der Kardinal unverzüglich zu ihm komme. Was an sich eine außerordentliche Ehre war, denn Versailles
     ist, wie Ihr wißt, Ludwigs kleines Refugium. Dorthin lädt er außer Graf von Soissons niemanden ein, und er logierte Richelieu
     auch in dem Zimmer, wo sonst Soissons schlief. Ach, mein lieber Siorac! Wie sehr wünschte ich in diesem Moment, ich hätte
     mich verdoppeln können, um gleichzeitig sowohl in Versailles als

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