Rache der Königin
gegen den König einige
wackere Edelmänner des Languedoc um sich, ja, aber deren Zahl reichte nicht aus, und es war abzusehen, daß seine kleine Armee
beim ersten Scharmützel schmelzen würde wie Butter an der Sonne.
***
Auf meinem Gut Orbieu war ein Streit zwischen dem Verwalter und dem Pfarrer entbrannt, und mit königlicher Erlaubnis begab
ich mich dorthin, aber allein. Catherine glaubte schwanger zu sein und wollte nicht in der stuckernden Karosse reisen.
Der Streitfall, der mir vorgetragen wurde, verwunderte mich. Monsieur de Saint-Clair wollte in meiner Abwesenheit die Messe
im Chor hören, auf dem vergoldeten Gestühl, das mir vorbehalten war. Und der Pfarrer wollte es nicht. Ich entschied, daß Monsieur
de Saint-Clair, wenn ich nicht zugegen war, je einmal von zweien im Chor auf meinem Platz sitzen solle und das nächstemal
in der ersten Reihe der Kirche. Obwohl die Lösung genauso absurd war wie der Streit, stellte er wieder Ruhe her.
Am folgenden Tag inspizierte ich die Gebäude, besichtigte das Schloß, die Kirche, die Ställe, immer in Begleitung von Monsieur
de Saint-Clair und Arnold, dem Mann, der sich in Orbieu auf alles verstand: Maurern, Tischlern, Schlossern, Malern und was
weiß ich noch. Er war einer von meinen Schweizern, bei dem ich diese wunderbare Vielfalt von Talenten entdeckt und den ich
darauf von seiner Soldatenpflicht entbunden hatte. Ich ließ ihn unter meinen Fronbauern die aufgewecktesten jungen Burschen
auswählen, damit sie ihm bei seinen Arbeiten halfen. Und er erwies sich wahrhaftig als so kostbar, daß ich ihn auf meinem
Land ansiedelte. Ich stellte ihm alles zur Verfügung, |285| damit er sich zwischen Schloß und Kirche ein Haus bauen konnte, und damit er nicht immer nach den Weibern der anderen starrte,
wählte ich ihm in Montfort-l’Amaury eine schmucke Jungfer, der ich eine kleine Mitgift gab, so daß er eine Familie gründen
konnte. Seit er verheiratet und in sein schönes Haus eingezogen war, nannten ihn die Bauern »Monsieur Arnold« und, was mich
erstaunte, auch die anderen Schweizer, die nie den mindesten Neid oder Verdruß erkennen ließen, daß Arnold so weit über sie
aufgestiegen war.
Am Tag vor meiner Rückkehr nach Paris lud ich den Pfarrer zu Tisch, und hätte ich nur auf mein gutes Herz gehört, hätte ich
auch Léontine, seine Schaffnerin, eingeladen, die sich seiner treulich annahm, sogar etwas mehr als nötig, wie es hieß. Doch
wer vermöchte eine liebende Frau in ihrer Ergebenheit aufzuhalten? Trotzdem verzichtete ich auf meine Idee, damit hätte ich
sie als Paar behandelt. Und ich begnügte mich, Léontine eine Flasche meines besten Weins zu schicken, als ihr geliebter Pfarrer
mit mir Mahlzeit hielt. Der Pfarrer, Miremont mit Namen, aß und trank tüchtig, und als er sich endlich in allen Stücken gestärkt
fühlte, rückte er nicht ohne Zögern mit dem heraus, was er auf dem Herzen hatte: Sein Bischof hatte ihm seit einem Vierteljahr
keinen Lohn bezahlt.
»Habt Ihr Euch beschwert?«
»Nein, nein! Das hätte mich im Bistum in schlechtes Licht gerückt. Wer gegen solche Vergeßlichkeiten protestiert, bekommt
gar nichts mehr.«
»Vergeßlichkeiten!« sagte ich, »es ist doch schlichtes Unrecht! Zumal der Bischof nie zu spät dran ist, wenn seine Kommissare
seinen Teil der Ernte einziehen kommen. Ich werde ihm sofort schreiben.«
»Um Gottes willen, Monseigneur, tut es nicht! Dann hat er mich mein Leben lang gefressen.«
Ich beruhigte seine Befürchtungen, und sobald er fort war, schrieb ich besagtem Bischof einen halb scharfen, halb milden Brief,
um ihm in Erinnerung zu rufen, daß ich das Kirchendach auf meine Kosten habe reparieren lassen, weil das Bistum die Reparatur
Jahr um Jahr verschoben hatte. Indessen sei ich nicht gesinnt, meinem Pfarrer auch noch an seiner Statt den Lohn zu zahlen.
Ich hoffte, daß die Kleinigkeit sich leicht zwischen ihm und mir regeln lasse, ohne daß ich ein Wort mit dem König |286| reden müsse, der, wie er wohl wisse, sehr kitzlig sei für die Art, wie die Bischöfe mit ihren armen Pfarrern umgingen.
***
»Monsieur, auf ein Wort, bitte!«
»Sie hier, schöne Leserin? Was gibt es?«
»Kann der König einen Bischof absetzen?«
»Nein. Aber er kann entscheiden, daß nach dem Tod besagten Bischofs das Bistum nicht in seiner Familie bleibt.«
»Wie? Dann ist ein Bistum also eine Art erbliches Privileg?«
»Allerdings. Der König ernennt den Titular jeder Abtei
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