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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Provinzstände geht.«
    »Warum mag er das wohl gemacht haben?« fragte ich und stellte mich dumm.
    »Aus niedrigem und schäbigem Sparsamkeitssinn. Nach dem alten System konnten die Steuereintreiber gewisse Beträge davon einbehalten,
     ehe sie die eingezogenen Gelder an den König übersandten.«
    Und, dachte ich, der Provinzgouverneur wird sicherlich nicht den kleinsten Anteil davon eingestrichen haben.
    »Diese neuen königlichen Kommissare, die jetzt die Taille einziehen«, fuhr Guise fort, »kaufen ihr Amt beim König, das heißt,
     auch daran verdient der Schatz. Aber nun stellt Euch vor, in welche Aufregung all jene in meiner Provinz geraten sind, die
     durch diese infame Neuerung betroffen und geschädigt wurden. Es gab Aufruhr im Volk, Aufstände beinahe. Und die hat der König
     mir verübelt.«
    »Warum Euch?«
    »Weil ich besagte Unruhen nicht niederschlug. Aber wie sollte ich? Traf der Schaden nicht mich in erster Linie?«
    Genauso aber dachten die Feudalen: Das Interesse des Reiches zählte nicht, legitim war nur ihres.
    |291| »Man kann verstehen«, sagte ich, »daß Ludwig unzufrieden ist, daß Ihr diese Unruhen nicht niedergeschlagen habt. Aber deshalb
     wird er doch Euren Hals nicht dem Henker überantworten?«
    »Es gibt noch etwas anderes, das schwerer wiegt«, sagte Guise mit einem Seufzer.
    »Das schwerer wiegt? Was denn?«
    »Entschuldigt, mein Cousin, ich bin zum Schweigen verpflichtet, darüber darf ich nichts weiter sagen.«
    »Es wäre auch überflüssig«, sagte ich. »Ich weiß, was Ihr mir verschweigt. Ihr habt Euch unüberlegt auf eine Allianz mit Gaston
     und Montmorency eingelassen. Sobald Gaston mit einer Armee in Frankreich einrückt, soll Montmorency das Languedoc gegen den
     König aufbringen und Ihr die Provence.«
    »Kennt etwa Richelieu diese Pläne?« fragte Guise erbleichend und preßte seine Hände gegeneinander, damit sie nicht zitterten.
    »Woher wüßte ich davon, wenn er sie nicht kennte?«
    »Dann bin ich verloren!«
    »Mein lieber Guise, das wart Ihr schon, als Ihr Euren unsinnigen Plan gefaßt habt. Wo fändet denn Ihr Soldaten, die der Infanterie
     des Königs und erst recht seiner glanzvollen Kavallerie standhalten könnten? Woher wolltet Ihr Kanonen, Munition und Sold
     nehmen? Und wo hättet Ihr das Gold aufgetrieben, das man braucht, um einen Krieg zu unterhalten?«
    »Sagt, Orbieu«, rief Guise aus, der meine Bemerkungen gar nicht mehr hörte, »was ratet Ihr mir, da Ihr doch alles wißt?«
    Ich sah ihn zugleich staunend und verdutzt an.
    »Aber«, sagte ich, »bitte begreift doch, daß ich Euch nicht raten kann, zumal Ihr jetzt aus eigenem Mund dieses Komplott bestätigt
     habt.«
    »Und warum?«
    »Aber, mein lieber Guise, aufgrund Eurer Pläne wird Euch der König des Majestätsverbrechens anklagen, sofern das nicht schon
     geschehen ist, und mit dem Moment, da ich Euch einen Rat gebe, kann ich als Euer Komplize betrachtet werden.«
    »Bin ich denn jetzt so etwas wie ein Aussätziger«, sagte Guise, »in dessen Nähe sich niemand mehr wagt?«
    »Ich nehme Euch heute und für die Nacht bei mir auf, mehr kann ich nicht tun. Ihr habt tausendmal recht, Euch in großer |292| Gefahr zu wähnen, aber es ist an Euch, und allein an Euch, zu entscheiden, was Ihr tun wollt.«
    Guise verließ mich in der eisigen Frühe des nächsten Morgens ohne jeden Dank für meine Gastfreundschaft. Ich bat Monsieur
     de Saint-Clair, ihn zu unserem Eingangstor zu begleiten unter dem Vorwand der Ehrerweisung, in Wahrheit aber, um zu beobachten,
     welche Richtung er nähme: nach Norden oder nach Süden. Und als der Herzog von Guise samt seinen Begleitern davonzog, folgte
     ihnen der verächtliche Blick meiner Schweizer, die die Pferde unserer Gäste versorgt, gestriegelt und zum Teil neu beschlagen
     hatten, ohne daß sie zum Abschied das kleinste Geldstück erhalten hatten.
    Ich war so begierig zu wissen, welchen Weg Guise einschlagen würde, den nach Paris oder den in die Provence, daß ich Saint-Clair,
     als er vom Eingangstor zurückkam, entgegenlief, und zwar so schnell, daß der gute Nicolas mir kaum folgen konnte.
    »Nun?« rief ich ihm schon von weitem zu, »welche Richtung hat er genommen?«
    »Nach Süden.«
    »Gott sei Dank!« rief ich. »Dann kehrt er zurück in die Provence.«
    Und mit großen Schritten eilte ich zu meinem Haus, Nicolas immer dicht auf den Fersen.
    »Monseigneur«, sagte Nicolas, als wir die Freitreppe erreichten, »darf ich etwas

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