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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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Ihr wißt ja, die Füße bleiben unterm Reifrock versteckt.«
    »Dann habt Ihr also auf die Reifröcke gestarrt und ihr Schaukeln verfolgt, wenn Lothringerinnen vor Euch auf der Straße gingen.«
    »Diese reizende Wellenbewegung, Madame, die dem weiblichen Becken zu danken ist, gibt es nicht nur in Metz zu sehen. Ich habe
     sie auch bei Euch bewundert.«
    »Wann?«
    »Zum erstenmal in Eurem Haus in Saint-Jean-des-Sables, als Ihr nach unserer ersten Unterhaltung davongingt. Um durch die Tür
     zu kommen, bewegtet Ihr Euch graziös zur Seite, damit Euer Reifrock durch die schmale Öffnung paßte. Und das machtet Ihr mit
     einem allerliebsten Schwung Eures Oberkörpers und Eures Reifrocks, und ich war total entzückt.«
    »Wie, mein Herz! An dieses Detail erinnert Ihr Euch? Und ich fürchtete so sehr, Ihr würdet mich linkisch finden.«
    »Linkisch, meine Liebste! Ganz im Gegenteil, ich fand Euch anbetungswürdig.«
    »Ach, Monsieur, welch goldene Sprache Ihr zu führen wißt! Und wie hübsch Ihr die Dinge sagt!«
    Damit schlang sie mir beide Hände um den Hals, erstickte mich mit ihren Küssen wie auch ich sie mit meinen. Und willst du
     den Grund meiner Seele kennen, Leser, dann wisse, was ich |281| oft gedacht habe: nämlich daß ich nur darum glücklich bin, ein Mann zu sein, weil es auf der Welt Frauen gibt. Und daß ich
     alle Tage glühende Gebete zum Himmel sende und Dank sage, Dank, mein Gott, daß du Eva erschaffen hast.
    Am Tag nach unserem Wiedersehen klopfte in der Frühe der bewußte kleine Geistliche bei mir an und fragte, ob ich wohl heute
     oder morgen den Herrn Doktor der Medizin und Domherrn Fogacer empfangen könne. Durch Nicolas ließ ich Henriette, die Catherine
     als einzige bei ihrem morgendlichen Putz stören durfte, fragen, ob wir zum Mittagessen Fogacer empfangen könnten? Die Antwort
     war ja, und ich freute mich, denn so wie ich Fogacer von den Verhandlungen zu Metz berichten konnte, würde ich nun von ihm
     hören, was sich inzwischen in Paris zugetragen hatte.
    »Mein lieber Herzog«, sagte Fogacer, als wir uns nach dem Essen zum Gespräch zurückzogen, »der König hat in Metz den Spruch
     getan: ›Dieser Staat ist monarchisch.‹ Wie erklärt Ihr dann aber, daß in einem monarchischen Staat die Ausschreier vom Pont-Neuf
     Gastons Angriffe auf Richelieu und indirekt auf den König verlesen oder vielmehr ausschreien dürfen, die voller Lügen, Bosheiten
     und Beleidigungen stecken? Vor allem, wieso antwortet der König darauf durch die Feder eines Jean Sirmond oder anderer Skribenten?«
    »Wahrscheinlich«, sagte ich, »weil es dem König lieber ist, daß Gastons Bosheiten auf dem Pont-Neuf ausgeschrien werden, statt
     insgeheim von Hand zu Hand zu gehen.«
    »So wird es sein«, sagte Fogacer. »Aber wißt Ihr denn auch, mein lieber Herzog, daß die Ausschreier auf dem Pont-Neuf immer
     mehr am Verschwinden sind? Ja, am Verschwinden! Und ohne daß man sie etwa verbietet oder verhaftet hätte. Und das ist dem
     Ehrwürdigen Doktor der Medizin Théophraste Renaudot zu verdanken.«
    »Wer ist das?«
    »Ein sonderbarer und seltener Vogel: ein Philantrop, der die Armen umsonst behandelte und die Reichen seinen Kollegen überließ,
     denn sonst hätten sie ihm das Handwerk gelegt. Natürlich war Renaudot kein armer Mann, der von seinen Patienten leben mußte.
     Und davon hatte er offenbar viele, und weil er ihnen zuhörte – eine seltene Tugend –, lernte er viel über Menschen und Dinge.
     So kam er auf die Idee, eine Agentur zu gründen, |282| auch kostenlos, die denen Arbeit schaffte, die keine hatten, und denen Arbeiter vermittelte, die welche suchten. Und wieder
     lernte er viel, so daß er auf die neue Idee kam, alles, was er erfahren hatte, in einer ›Gazette‹ zu veröffentlichen, die
     er auf seine Kosten drucken läßt, die einmal in der Woche erscheint und einen enormen Erfolg hat.«
    Ja, Leser, und niemand in Frankreich war daran mehr interessiert – und zwar vom ersten Tag an – als Richelieu und der König,
     die sich nichts zu vergeben meinten, wenn sie in besagter »Gazette« Artikel drucken ließen. Der König berichtet mit seiner
     gewohnten Genauigkeit und seinem etwas schroffen Stil über die von ihm geleiteten militärischen Operationen, und der Kardinal
     schreibt in seinem eleganten lateinischen Stil über Politik und Diplomatie. Das aber bedeutet das Aus für jene Pamphlete,
     die man auf dem Pont-Neuf ausgeschrien hat. Die »Gazette« sagt alles, oder zumindest

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