Rache der Königin
aber nicht angegriffen,
und zwar von der Kavallerie des Marschalls de La Force und von der Infanterie des Marschalls Schomberg, das heißt von zwei
Formationen, die in Europa nicht ihresgleichen hatten. Schöne Leserin, jetzt fragen Sie vielleicht, warum besagte Kräfte,
anstatt sich Gaston an die Fersen zu heften, seine armselige kleine Armee nicht sofort angriffen? Nun, La Force und Schomberg
durften nicht das Risiko eingehen, in einem Kampf den potentiellen Thronfolger Frankreichs womöglich zu verwunden oder gar
zu töten. Und das wußte niemand besser als Gaston, der sich aufgrund seiner Unantastbarkeit von Zeit zu Zeit erlaubte, das
Schwert gegen seinen älteren Bruder zu ziehen, ohne die mindeste Gefahr zu laufen.
Außerdem zog er sich, sobald die Situation ihm ein wenig brenzlig erschien, immer rasch zurück und ging nach Hause, |296| das heißt zu den Feinden seines Vaterlands. Es war wirklich nur ein kleiner Krieg, in dem er sich glorios als Armeechef aufspielte
und dann mit seinem Bruder wieder Frieden schloß, wobei er ihm ein paar Vorteile abnötigte, zumeist finanzielle.
Nichtsdestoweniger versuchte Gaston bei seinem Marsch durch Frankreich ins Languedoc und zu Montmorency die Städte an seinem
Weg für seine Sache zu gewinnen, indem er verkündigte, er müsse den Minister stürzen, der den König versklavt habe.
Das Argument war ein bißchen grob und glich stark jenen Dummheiten, die tagtäglich von den Ausrufern auf dem Pont-Neuf zur
Anheizung der Kabale ausgestoßen worden waren. Dijon ließ sich nicht darauf ein, auch nicht das Burgund und letztlich überhaupt
keine Stadt, die Gaston für seine Sache zu gewinnen trachtete. Vielmehr schlugen sie ihm ihre Tore vor der Nase zu.
Montmorency beklagte sich später, daß Gaston, den er gebeten hatte, seinen Einmarsch zu verschieben, zu früh in Frankreich
eingedrungen war, wodurch sein Verbündeter nicht die nötige Zeit hatte, das Volk im Languedoc zum Aufstand gegen die königliche
Macht zu bewegen. Aber dies ist nur eine der Illusionen bei einer Unternehmung, die deren mehr enthielt. Früher oder später
wäre es doch aufs selbe hinausgekommen. Von einigen Bischöfen abgesehen, die sich aus den bekannten Gründen zugunsten von
Montmorency aussprachen, die aber in einem militärischen Konflikt wenig zählten, brachte Montmorency niemanden für seine Sache
auf. Toulouse, die größte und schönste Stadt des Languedoc, ließ wissen, sie bleibe in Königstreue fest. Die Protestanten,
die Ludwig unendliche Dankbarkeit für den Gnadenfrieden wußten, verschlossen sich jedem Ruf zur Rebellion. Abgesehen von ein
paar Edelleuten, die sich Montmorency aus Freundschaft anschlossen, erhob sich die Bevölkerung nicht. Und Montmorency sah
sich zu einem kleinen Gewaltstreich innerhalb der Ständeversammlung des Languedoc genötigt, die er in seinem Schloß Pezenas
einberufen hatte.
Für mein Gefühl bedeckte er sich mit dem, was er dort vollbrachte, nicht eben mit Ruhm, und klug war es schon gar nicht. Zwischen
dem König und den Ständen war jene erwähnte Vereinbarung über den Einzug der Taille getroffen worden, mit der |297| die Bürger zufrieden waren. Auch Montmorency hatte sie gebilligt und unterzeichnet. Und plötzlich nun, vor den versammelten
Ständen, prangerte er sie an. Groß war die Entrüstung, und die königlichen Abgeordneten erhoben lautstarkes Gezeter, ohne
daß jedoch unverschämte Worte fielen. Trotzdem faßte Montmorency einen Entschluß, der in den Annalen einzigartig bleibt: Er
ließ die Abgeordneten, die ihn mißbilligten, festnehmen, und als der Erzbischof von Narbonne, welcher der Versammlung vorsaß,
gegen die brutale Maßnahme protestierte, ließ er auch ihn einkerkern.
In der hierauf folgenden Konfusion beschlossen die ihm hörigen Abgeordneten, die Provinz zu bewaffnen, ohne jedoch zu sagen
und klarzustellen, gegen wen man sie bewaffnete. Die dumme kleine List täuschte niemanden, und sowie der König erfuhr, was
geschehen war, erklärte er alle, die seinen Bruder Gaston in seinem Vorhaben eines Bürgerkriegs unterstützten, des höchsten
Majestätsverbrechens für schuldig.
Gleichzeitig ließ er, schnell wie stets in seinen Entscheidungen, die französischen Garden, die Schweizergarden und die Regimenter
Navarra und Vervins zu den Waffen greifen und zog gegen die Rebellen. Allein diese Namen hätten Montmorency das Fürchten lehren
müssen, hätte er dafür ein Gehör
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