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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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da ich in den Augen der Chevreuse ein Satansbraten war, weil ich treu zum König und zu Richelieu stand, hatte sie mich nie
     sehen wollen, »nicht einmal gemalt«, obwohl ihr Gemahl mein Halbbruder war, der mich »mein Cousin« nannte und mir gelegentlich
     einige Zuneigung bezeigte.
    Das Briefchen der Chevreuse lautete wie folgt:
     
    Mein Cousin (mein Gott, welche Ehre sie mir da erwies!), ich würde Euch heute nachmittag gern besuchen. Wenn Euch das paßt,
     komme ich in einer Mietdroschke, damit Eure Nachbarn nicht an meinem Wappen erkennen, wer ich bin, und ich werde maskiert
     sein, wenn mein Junker an Euer Tor klopft.
    Eure Cousine
    Marie-Aimée de Chevreuse
     
    Ich zeigte den Brief Catherine, die wollte, daß ich ablehnte, doch weil der Besuch offenbar politisch war, konnte ich es nicht.
     Ich riet ihr, wenn sie die Teufelin nicht sehen wolle, sich bei angelehnter Tür in dem Kabinett neben meinem Salon aufzuhalten.
    »Nein, nein«, sagte Catherine hochgemut. »Vor Raubkatzen habe ich keine Angst. Ich habe selbst meine Krallen. Ich werde zugegen
     sein.«
    Während des ganzen Mittagessens sagte Catherine keinen Ton, und ich wiederholte ihr vergeblich, daß ich den Tricks und Mittelchen
     dieser neuen Circe gar nicht zum Opfer fallen könne, zum ersten, weil ich meine Catherine liebe und nie eine andere lieben
     würde, und dann, weil diese gräßliche Chevreuse |326| eine erbitterte Feindin Richelieus, des Königs und des Staates sei, mithin eine Verräterin an König und Vaterland.
    Mein Reden nützte nichts, so überzeugt war Catherine, daß kein Mann, ich sowenig wie jeder andere, der Schönheit, Raffinesse
     und Koketterie solcher Frauen widerstehen könne.
    »Zum Glück werde ich zugegen sein!« sagte sie mit Nachdruck und kampfentschlossener Miene.
    Hierauf ließ sie sich in ihrem Zimmer umkleiden, frisch frisieren und schminken. Und während sie ihre Waffen schärfte, sandte
     ich dem Kardinal durch Nicolas ein paar Zeilen, denen ich den Brief der Chevreuse beifügte, und versprach ihm einen baldigen
     genauen Bericht. Nicolas, der in Kürze wiederkam, verkündete mir, der Kardinal habe ihm die hohe Ehre erwiesen, ihn zu empfangen,
     und ihm gesagt, die Nachricht scheine ihm von großem Interesse, er werde darum selbst bei mir hereinschauen, um die Chevreuse
     zu sehen und zu sprechen.
    Schöne Leserin, nun stellen Sie sich folgende Szene vor: Von meinem Majordomus geleitet, betrat Madame de Chevreuse den großen
     Salon, wo wir sie erwarteten, und da beide Damen einander gleichzeitig eine Reverenz machten, rundeten sich ihre Reifröcke
     auf das graziöseste um sie. Hierauf erhoben sie sich mit Gesichtern, die von der Freundschaft strahlten, die sie füreinander
     empfanden, und grüßten sich mit einem Kopfneigen. Betrachtete man die Sache unparteiisch, hatte Madame de Chevreuse bereits
     große Herablassung gezeigt, indem sie nicht wartete, daß meine Catherine sie als erste grüßte; sie stand im Adelsrang ja weit
     über ihr. Was das Lächeln betrifft, das sie nun tauschten, so hätte man meinen können, zwei Duellanten grüßten einander höflich
     mit den Degen, bevor sie mit wildem Eisengeklirr aufeinander losfuhren.
    Gottlob passierte nichts dieser Art, die Chevreuse warf weder Zaubersprüche noch unsichtbare Netze über mich, und ich ließ
     mir nichts von der Erregung anmerken, die ich, offen gestanden, bei ihrem Anblick empfand. Bis zu diesem Tag hatte ich Madame
     de Chevreuse nur von fern am Hof gesehen, die treuen Diener des Königs und Richelieus mieden ja die Nähe jener Leute, die
     der Kabale frönten, und die wiederum flohen unsereins wie einen Aussätzigen. Es war also das erstemal, daß ich sie mit eigenen
     Augen unmittelbar vor mir sah und sie mit zarter, melodiöser Stimme das Wort an mich richtete.
    |327| Obwohl nicht hoch gewachsen, war sie doch so schlank, daß sie groß wirkte. Schlank, sage ich, nicht mager, denn an Rundungen
     fehlte es vorn wie hinten nicht. Ob sie schön war, kann ich nicht sagen, wahrscheinlich fehlten ihr dazu ein paar Grade. Aber
     ganz sicher war sie überaus hübsch, und gerissen, wie sie war, trug sie jene kindliche und fragile Miene zur Schau, die viele
     Männer anzieht, für mein Gefühl aber sehr zu Unrecht. Das Oval ihres Gesichts war vollkommen, ihre Züge fein ziseliert, die
     Augen tiefblau, die Stirn sehr schön und von langen, seidigen blonden Haaren umwogt, und ihre Lippen schließlich, die sie
     vielfach einsetzte bei ihren

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