Rache der Königin
gehorchen, um Eurer Neigung zu folgen, wenn Euch danach ist, |319| sondern um meinen Wunsch zu befriedigen, der darin besteht, absolut über Euren Willen zu gebieten.«
»Und ist der alte Narr dazu bereit?« fragte ich.
»Wenn man ihn mit ihr sieht, ja.«
»Wenn ich meinen Ohren traue«, sagte Fogacer, »ist die Sache ernst im höchsten Grade! Châteauneuf ist Minister, Mitglied des
Großen Königlichen Rats, er kennt Staatsgeheimnisse. Dabei schient er in Wahrheit nicht mehr dem König und Richelieu zu dienen,
sondern dieser erbitterten Feindin des großen Ministers.«
»Und wie reden die Damen, wenn sie allein sind, über den König und den Kardinal?«
»Ha, Monseigneur!« sagte die Zocoli errötend, »das wage ich nicht zu wiederholen, es ist zu grob und vulgär.«
»Wahrhaftig?«
»Wahrhaftig, Monseigneur! Sie reden untereinander wie die Fischweiber von den Hallen. Die wollen Königin und Herzogin sein?
Ich würde mich schämen, deren Wörter in den Mund zu nehmen.«
»Tu es trotzdem.«
»Ich traue mich nicht.«
»Ich befehle es.«
»Wenn Ihr es unbedingt wollt? Als Seine Eminenz der Kardinal an seinem Abszeß litt, haben die Königin und die Chevreuse ihm
einen Spitznamen gegeben, den sie immerzu wiederholten und über den sie sich totlachen wollten.«
»Wie lautete der Spitzname?«
»Stinkarsch.«
»Mein Gott!« sagte Fogacer, und sprachlos sahen wir einander an.
»Und jetzt das Böseste, was sie vom König sagen«, befahl ich.
»Nein, nein, Monseigneur, das sage ich nicht! Auf gar keinen Fall! Das würde ich nicht einmal unterm Henkersbeil sagen.«
»Dann gib in deinen Worten wieder, was die Königin ihm vorwirft.«
»Nun, sie sagt, wenn sie noch keinen Dauphin habe, so läge das nicht an ihren dauernden Fehlgeburten, sondern weil der König
es nicht bringt.«
|320| »Das ist unerhört!« sagte ich. »Wie kann die Königin mit solchen Unterstellungen den böswilligen Hofklatsch unterstützen?«
»Das heikle an der Sache ist«, sagte Fogacer, »wie man diese Bosheiten dem König mitteilen soll?«
»Wir werden sie nicht dem König sagen«, versetzte ich, »sondern Richelieu. Richelieu ist alles erlaubt.«
Hier ergriff zu unserer Verwunderung die Zocoli das Wort, um die Königin zu verteidigen.
»Monseigneur«, sagte sie, »man darf der Königin das nicht zu sehr verübeln. Der Hof hat sie wegen ihrer vielen Fehlgeburten
dermaßen niedergemacht, daß sie nun versucht, die Schuld dem König zuzuschieben.«
»Dann mag der König ihr vergeben«, sagte Fogacer, »wie er es ja schon oft getan hat. Wir haben darüber nicht zu befinden,
sondern nur diese Reden weiterzugeben. Ob sie gemein und verwerflich sind, ist nicht unsere Sache.«
Fogacer wollte vor der Zocoli aufbrechen, sicherlich um auf der Straße nicht in der Nähe der auffälligen Person gesehen zu
werden. Als er ging, umarmte er mich und sagte mir ins Ohr: »Beweint den armen Schomberg nicht zu sehr. Eher kann man ihn
doch beneiden: Er hat sein Leben so gut bestanden, von allen geliebt und verehrt.« Damit enteilte er in seinem hurtigen Schritt.
Ich war mir weniger sicher, daß ein gut bestandenes Leben einen über den Tod trösten könne, doch tat mir Fogacers Freundschaft
jedenfalls wohl.
Als die Zocoli ging, wollte sie Nicolas und mich umarmen, was ich gern zuließ, aber Nicolas entzog sich dem Frauenzimmer mit
bekümmertem und grimmigem Gesicht. Als ich ihn fragte, was er gegen die Zocoli habe, stürzten ihm dicke Tränen aus den Augen.
»Monseigneur«, sagte er, »ich bin ein Schuft! Ich habe meine Henriette betrogen.«
»Mit der Zocoli?«
»Ja. Der Teufel hole die Hexe!«
»Nicht doch, eine so gute Spionin! Beruhige dich, Nicolas, vergiß die göttliche Barmherzigkeit nicht. Der Herrgott verdammt
einen Sünder nicht so schnell, wenn er bekennt und bereut.«
»Ach, Monseigneur!« rief Nicolas, und die Tränen strömten ihm nur so über die jungen Wangen. »Das ist doch nicht das |321| Schlimmste. Das Schlimmste kommt erst, wenn ich in Paris meine Sünde Henriette beichten muß!«
»Du willst es ihr sagen?«
»Ist das nicht meine Pflicht?«
»Aber nein! Das hieße eine Dummheit nach der anderen begehen! Wieso willst du der Ärmsten einen solchen Kummer zufügen, der
sie dazu verdammt, dir bis ans Ende der Zeiten zu mißtrauen?«
»Ich weiß nicht. Mein Beichtvater ist ein strenger Mann, es kann gut sein, daß er von mir verlangt, Henriette dieses Geständnis
zu machen.«
»Dazu hat er kein
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