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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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verführerischen Mienen, waren üppig und reizend gezeichnet. Auch wenn sie nicht sprach, ließ
     sie sie ein wenig offen, als ob sie Küsse erwarte. Monsieur de Bautru, der große Witzbold am Hof, sagte von ihr: »Wenn ich
     sie so ansehe mit ihrem halbgeöffneten Mündchen, fehlte nicht viel, und ich würde mich auf sie stürzen und durch alle Pforten
     in sie eindringen, die sie will.«
    Das Schweigen zwischen Catherine, der Chevreuse und mir begann peinlich zu werden, so beschloß ich, es zu brechen.
    »Madame«, sagte ich liebenswürdig, doch ohne zu lächeln, »Ihr verlangtet mich zu sehen, also werdet Ihr mir etwas zu sagen
     haben.«
    »In der Tat, mein lieber Herzog«, sagte Madame de Chevreuse. »Obwohl ich bisher aus bekannten Gründen ja wenig Umgang mit
     Euch hatte, vergesse ich doch nicht, daß Ihr der Halbbruder meines Gatten seid und daß er Euch ›mein Cousin‹ nennt. Ich bin
     also berechtigt, falls Ihr es erlaubt, Euch ebenfalls ›mein Cousin‹ zu nennen und Euch um Beistand anzugehen.«
    »Meine Cousine«, sagte ich, »Euer Familiengefühl ist ein wenig neu für mich, doch will ich ihm gern entsprechen, wenn Ihr
     mir bitte sagen wollt, worin ich Euch dienlich sein kann.«
    »Mein Cousin«, erwiderte sie mit umflorten Augen, doch ohne daß eine Träne über ihre Wange geflossen wäre, die ihre Schminke
     verdorben hätte, »ich bin tatsächlich in großer Ratlosigkeit. Der König hat Monsieur de Châteauneuf verbannt, und mich entsetzt
     der Gedanke, daß Seine Majestät morgen ebenso mit mir verfahren könnte.«
    »Meine Cousine«, sagte ich, »Ihr wißt, was der König Euch vorwirft. Und denkt Ihr nicht, daß er Grund hat, Euch übelzuwollen
     wegen der bösen Streiche, die Ihr ihm gespielt habt, |328| ungeachtet der kleinen Spöttereien, mit denen Ihr ihn persönlich traft?«
    »Wie!« sagte die Chevreuse unbedacht, »die weiß der König auch?«
    »Der König weiß alles, meine Cousine. Und er kennt auch die Briefe, die Mittler, die Kuriere, die Verhandlungen … Glaubt mir,
     meine Cousine, Ihr könnt den Mund nicht auftun, ohne daß er nicht quasi im voraus weiß, was Ihr sagen werdet.«
    »Dann bin ich verloren!« schrie Madame de Chevreuse.
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Nein, nein! Ich sehe es doch aber! Mein Schicksal steht bereits fest. Man wird mich von der Königin wegreißen, vom Hof, von
     Paris und mich abschieben in einen verlorenen Winkel der Provinz, damit ich künftig ein Klosterleben führe!«
    »Nach meiner Kenntnis ist auch das nicht entschieden.«
    »Ah, mein Cousin! Wenn ich Euch um eine riesige Gunst bitten dürfte, so wäre es, beim Kardinal zu erwirken, daß er mich auf
     ein paar Minuten empfängt, um ihm meine Reue zu bekunden und meinen Wunsch, von nun an dem König und ihm zu dienen.«
    »Madame, wenn das Euer Anliegen ist, so ist es, kaum ausgesprochen, auch schon erfüllt. Ich habe den Kardinal über Euren Besuch
     bei mir informiert, er wird in wenigen Augenblicken hier sein.«
    »Gott im Himmel!« rief Madame de Chevreuse und sank beinahe in Ohnmacht, was sie indes nicht zur Gänze tat, sie beherrschte
     ihre Ohnmachten ebenso gut wie ihre Tränen.

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    |329| ACHTZEHNTES KAPITEL
    Um recht zu verstehen, was nun zwischen den beiden Todfeinden in meinem Haus gesprochen wurde, muß ich auf den Konflikt zurückkommen,
     Leser, der seit langem zwischen Herzog Karl IV. von Lothringen und unserem geliebten Herrscher bestand.
    Bemerkenswert ist, daß der Streit nicht von uns ausging, sondern vom Herzog, mag es auch unbegreiflich erscheinen, daß ein
     so kleiner Kater so oft einen Tiger zu reizen wagte. Der Grund für die Konfrontation war Gaston, der jedesmal, wenn er seinen
     Bruder herausfordern wollte, den Staub Frankreichs von seinen Stiefeln schüttelte und sich über die Grenze nach Lothringen
     flüchtete, wo er gute Unterkunft, freundschaftlichen Empfang und einen unbeirrbaren Verbündeten fand.
    Karl IV. ging sogar so weit, wie man sah, für ihn eine kleine Armee aufzustellen, die ihm erlaubte, mit Hilfe von Montmorency
     den König von Frankreich zu bekriegen. Mehr noch, er gab ihm seine Schwester Margarete zur Gemahlin, die Hochzeit wurde heimlich
     gefeiert, ohne den König von Frankreich zu konsultieren: ein Affront, der uns, als er bekannt wurde, alle sprachlos machte.
    Diese Politik Karls IV. erscheint tolldreist und abenteuerlich, und doch hat sie ihre Logik. Die Geschichte hat es so gerichtet,
     daß dem Herzog sein Herzogtum nur zum

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