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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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schöne Augen?«
    »Und was kümmert das dich, Chevalier?«
    »Um Vergebung, Monseigneur, es kümmert mich insofern, als die Jungfer, die mir meine Kammer zeigte, es nicht anders machte,
     ja mich auch noch wie eine Katze leise streifte. Und nun frage ich, was ist Euer Rat und Beispiel in dieser Lage?«
    »Nicolas!« rief ich, »unterstehe dich! Was zum Teufel geht mich dein Gewissen an, habe ich an meinem nicht genug?«
    »Es ist nur, weil Ihr älter und erfahrener seid als ich, Monseigneur.«
    »Woher wäre ich erfahrener als du in der Kunst, dem schönen Geschlecht zu widerstehen! Es ist jetzt einen Monat her, |59| seit du deine Gemahlin verlassen hast so wie ich meine. Und wenn du schon nach einem Monat schwankst, ist das nicht ein schlechtes
     Zeichen für die Zukunft? Zum Teufel, drückt’s dich denn so?«
    »Was mich drückt, Monseigneur«, sagte Nicolas errötend (wie schön er aussah mit diesen geröteten Wangen! Und wie gut man die
     Kammerjungfer verstand, die ihn so gern streicheln würde!), »was mich drückt, Monseigneur, ist nur die Furcht, daß meine Klinge
     rostet.«
    Ich lachte hellauf.
    »Nicolas, so schnell rostet eine gute Klinge nicht. Ich frage mich sogar, ob sie jemals rostet, wenn ich höre, daß ein gewisser
     Marschall von Frankreich mit fast achtzig Jahren zum zweitenmal Nachwuchs gezeugt hat. Außerdem ist dieses Darben nicht das
     gleiche, wie wenn der Magen hungert. Es quält, macht aber nicht kraftlos. Also kann man sich’s auch versagen – nur vielleicht
     nicht zu lange.«
    »Heißt das, Monseigneur, Ihr wollt der Versuchung widerstehen?«
    »Das weiß ich noch nicht! Bitte, Nicolas, hör auf, mich auf diesem Gebiet zum Vorbild zu nehmen! Tugend ist schon für einen
     schwer genug, geschweige denn für zwei.«
    Wir waren im Begriff, zu Tisch zu gehen, als auch Monsieur de Toiras eintraf. Weil es sein kann, daß der Leser vergessen hat,
     wie Toiras aussah, will ich ihn hier noch einmal beschreiben. Er war nicht groß, aber stämmig, hatte volle kastanienfarbene
     Lockenhaare und schwarze Augen, die bald lustig blitzten, bald Flammen schleuderten; sein Gesicht war wettergebräunt, die
     Nase groß, das Kinn breit, der Knochenbau kräftig. Wenn Sie, liebe Leserin, mir erlauben wollten, mich an Ihre Stelle zu versetzen,
     würde ich sagen, er war nicht schön, aber sehr männlich. Das schien jedenfalls unsere Wirtin zu denken, als ich ihr Toiras
     vorstellte, denn bei Tisch teilten sich ihre huldreichen Blicke nun zu gleichen Teilen zwischen Nicolas, Toiras und mir. Und
     ich leugne nicht, daß es mir nach all der Kälte und den äußersten Strapazen sehr wohltat, in dieser warmen Häuslichkeit so
     warmäugig betrachtet zu werden. Eine schöne Leserin wies mich in ihrem schönen Brief einmal mit einem Anflug von Ironie darauf
     hin, daß die Wirtinnen in meinen Memoiren oft äußerst zugänglich für die Wünsche ihrer Gäste seien. Ich |60| muß mich deswegen nicht entschuldigen, denke ich, denn dafür gibt es einen Grund.
    Wenn der Quartiermeister an einer Etappe ein Nachtquartier für einen hochrangigen Edelmann sucht, wendet er sich klüglich
     an eine Witwe, um gar nicht erst Ärger mit einem Eheherrn zu riskieren. Und obwohl diese Witwe sein Ersuchen auch abweisen
     kann, nimmt sie es meistens doch an, entweder um in ihr einsames und gleichförmiges Leben Abwechslung zu bringen oder aber
     weil sie für das andere Geschlecht etwas übrig hat.
    Als Madame de Chamont – so der Name unserer Witwe – beobachtete, daß Toiras und ich in Andeutungen sprachen, bewies sie eine
     mustergültige Diskretion und zog sich nach dem letzten Bissen graziös in ihre Gemächer zurück. Und als Nicolas ihrem Beispiel
     folgte und ich mit Toiras allein blieb, eröffnete ich ihm, was der König mit ihm vorhatte.
    Er wurde steif und starr, wie erwartet, und war, glaube ich, sehr versucht aufzubrausen, doch besann er sich im letzten Moment
     auf kalten Hohn.
    »Besten Dank«, sagte er, »ich habe mehr getan, als es meine Pflicht war. Die Belagerung auf der Insel Ré hat mir gereicht.
     Aber wer weiß, wenn ich annähme«, setzte er bitter hinzu, »würde ich zum Dank vielleicht zum Sergeanten ernannt?«
    »Die Haltung Seiner Majestät Euch gegenüber hat sich geändert!« entgegnete ich. »Der König bedauert, daß er Euch nach Eurer
     glänzenden Heldentat auf Ré nicht nach Eurem Verdienst belohnt hat. Und ich bin überzeugt, daß er es diesmal nicht versäumen
     wird, Euren Wert durch ein

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