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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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sie einzusetzen wißt. Toiras ist trotz seiner stacheligen
     Seiten ein sehr guter Soldat. Und der König, der ihn in Italien für eine ebenso schwierige wie gefährliche Aufgabe einsetzen
     will, zählt auf Eure Hilfe dabei, ihm diese schmackhaft zu machen.«
    »Meine, Eminenz?«
    »Ja, Eure, mein Cousin. Dazu folgendes: Sobald wir – mit oder ohne Zustimmung Karl Emmanuels von Savoyen – den Susa-Paß überschritten
     haben, steht uns der Weg nach Casale |57| offen, das der Spanier Don Gonzalo de Córdoba bekanntlich seit Monaten belagert. Das Heer Don Gonzalos umfaßt zehntausend
     Mann; voraussichtlich wird er mit unserem dreimal so starken nicht zusammentreffen wollen und sich von Casale zurückziehen,
     ohne einen Schuß Pulver abzugeben. Damit ist die Stadt unser, doch auf wie lange? Noch am selben Tag, an dem wir Italien verlassen,
     werden die Spanier sie erneut belagern. Und wen werden Olivares und Philipp IV. von Spanien mit dieser zweiten Belagerung
     betrauen, wenn nicht den berühmten Sieger von Breda, General Spinola. In dieser gefährlichen Lage, meint der König, können
     wir dem Primus der Belagerer nur den Primus der Belagerten gegenüberstellen: Toiras.«
    Hier warf Richelieu mir einen durchdringenden Blick zu und verstummte.
    »Demnach, Eminenz, soll ich Toiras überreden, daß er sich abermals auf ein Jahr oder noch länger in einer belagerten Stadt
     einschließen läßt. Das wird nicht ganz einfach sein.«
    Bei diesen Worten blickte ich Richelieu mit dem inständigen Wunsch an, er möge mittels seiner feinen Antennen erspüren, was
     sich in diesem Moment in meinem Geist abspielte. Ich wurde nicht enttäuscht, denn der Kardinal setzte ein vielsagendes kleines
     Lächeln auf.
    »Mein Cousin«, sagte er, als wisse er von nichts, »der König erwartet jedoch nicht, daß Ihr Toiras abermals Hilfe leistet;
     Ihr müßt bei dieser Belagerung nicht zwingend mitwirken. Toiras spricht Italienisch, nicht so gut wie Marschall Créqui und
     Ihr, aber doch genug, um sich verständlich zu machen.«
    Ich fühlte mich so unendlich erleichtert, daß mir ums Haar Flügel gewachsen wären. Ach, Catherine, mein lieber Engel! dachte
     ich, die ich verlassen mußte, kaum daß wir verheiratet waren! Du weißt gar nicht und wirst auch nie wissen, welch unerträglich
     langer Trennung wir soeben entgangen sind!
    »Dennoch, Eminenz«, versetzte ich, »es wird nicht einfach sein. Toiras steckt voller Groll und Bitterkeit, denn er meint,
     sein glanzvoller Widerstand auf der Insel Ré hätte ihm den Marschallstab einbringen müssen.«
    »Ja, leider!« sagte seufzend der Kardinal. »Er hätte ihn auch bekommen, wäre er nicht so prahlerisch und ruhmredig gewesen
     und hätte sein Eigenlob in alle Winde geschrien. Was Ludwig aber vor allem gegen ihn einnahm, war diese tollköpfige |58| Treibjagd, die er mitten in der Belagerung zwischen den Rochelaiser und unseren Linien abhielt, ohne zu beachten, daß er von
     beiden Seiten hätte abgeschossen werden können. Und das wegen zwei Hasen! An jenem Tag hat Monsieur de Toiras sich selbst
     jede Aussicht auf das Marschallamt verbaut.«
    »Ich begreife, Eminenz, wie sehr dieses Wagestück des Königs Sinn für Anstand und Disziplin verletzt hat. Gleichwohl schiene
     es mir eher erfolgversprechend, Ludwig würde mich autorisieren, Monsieur de Toiras zu sagen, wenn er wenigstens ein Jahr in
     dem von Spinola belagerten Casale durchhält, ist ihm für solche Heldentat die ersehnte Würde sicher.«
    »Ich werde den König gleich nachher um diese Autorisierung für Euch bitten«, sagte Richelieu, »und lasse Euch durch Charpentier
     dann mündlich seine Antwort wissen.«
    Mit anderen Worten, ich würde über diese Zusicherung nichts Schriftliches in Händen haben, und sollte Ludwig sein Versprechen
     nicht einhalten, geriete ich gegenüber Toiras in eine üble Position.
    In Grenoble bezog ich ein gutes, ja sehr gutes Quartier, sehr bequem und, Gott sei Dank, schön geheizt, und wurde obendrein
     quasi mit offenen Armen von einer reizenden Witwe empfangen, die mich für die ausgestandenen Härten der langen Reise durch
     die Annehmlichkeiten ihres Hauses aufs beste zu entschädigen versprach. Oh, mein Gott! dachte ich, schon die erste Versuchung!
     Hilf, lieber Gott! Wie soll ich widerstehen? Ich habe es doch nie geübt!
    »Monseigneur«, sagte Nicolas, der mir beim Entkleiden half, als ich mich vorm Abendessen säubern und umziehen wollte, »mir
     scheint, unsere Wirtin macht Euch

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