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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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nicht staune!«
    »Wieso? Habe ich Sie jemals abgewiesen?«
    »Nein, nein. Aber offenbar brauchen Sie mich doch nicht mehr.«
    »Ich bitte Sie, warum denn nicht?«
    »Weil jetzt die Frau Herzogin von Orbieu die Fragen stellt. Demnach ist meine Rolle beendet.«
    »Schöne Leserin, wie kommen Sie darauf? Sie werden doch, nur weil Sie sich zurückgesetzt fühlen, was aber reine Einbildung
     ist, einen so vergnüglichen Umgang wie den unseren nicht abbrechen wollen? Hören Sie, Madame, wenn Catherine mich etwas fragt,
     werde ich ihr doch Antwort geben, nicht wahr? Und wenn Sie eine Frage haben, warum sollte ich nicht auch Ihnen antworten?«
    »Mein Gott, wie froh und erleichtert ich bin! Ich sah mich schon in die Vorhöfe Ihres Wohlwollens verdrängt.«
    »Aber, Madame, wie kommen Sie darauf? Reden Sie!«
    »Gut denn! Zweierlei Fragen möchte ich Ihnen stellen, eine ganz kleine und eine große.«
    »Die ganz kleine zuerst.«
    »Monsieur, wie kommt es, daß Sie in dem italienischen Kapitel dieses Bandes die beiden Schwestern von Susa nur erwähnen, aber
     nicht beschreiben?«
    |124| »Warum hätte ich sie beschreiben sollen? Es ist ja nichts passiert.«
    »Der Graf von Sault wird Ihnen doch ausführlich von diesen reizenden Schwestern erzählt haben?«
    »Aber, Madame! Graf von Sault ist ein Edelmann! Er plaudert nichts aus über die Schönen, die ihm ihre Gunst schenken. Madame,
     zu Ihrer großen Frage.«
    »Ach, nun sind Sie mir böse! Ich habe wohl wirklich ausgespielt!«
    »Nein, nein. Aber Sie müssen auch verstehen, daß mir diese Fräulein von Susa schon zu den Ohren heraushängen! … Madame, Ihre
     zweite Frage, bitte!«
    »Na schön. Warum sind der Kardinal und Ludwig, wie ja vorher schon Henri Quatre, dermaßen gegen Spanien eingestellt?«
    »Wenn Sie erlauben, Madame, dehne ich Ihre Frage auf ganz Europa aus: Warum wird diese Abneigung überall geteilt, in England,
     Holland, den Niederlanden, den lutherischen deutschen Fürstentümern, in Schweden, im Graubündischen Veltlin, im Mailändischen,
     in Mantua, in der Republik Venedig? Weil all diese Staaten, ob groß, ob klein, von den spanischen und österreichischen Habsburgern
     bereits überfallen und unterjocht wurden oder aber deren Überfall befürchten müssen, denn diese Habsburger bedrohen mit ihren
     machtvollen Pranken ganz Europa, sie verheeren Deutschland, und immer noch halten sie Frankreich in tödlichem Würgegriff.«
    »Welcher der beiden Habsburger Zweige hat das Spiel eröffnet?«
    »Spanien, der ältere. Er war der mächtigere, weil er über das amerikanische Gold gebot und eine Infanterie besaß, die Henri
     Quatre, der darin Fachmann war, als die beste Europas bezeichnete. Was war da verlockender, als die angrenzenden Staaten Stück
     für Stück zu verschlingen? Zumal Gott es so wollte.«
    »Gott wollte es?«
    »Madame, Sie würden Philipp IV. höchlich erzürnen, erführe er, daß Sie das zu bezweifeln wagen! Darf ich Ihnen ins Gedächtnis
     rufen, daß dieser fromme und gewissenhafte König nichts unternimmt – auch nicht die opferreiche Eroberung Casales –, ohne
     zuvor seine Theologen zu konsultieren, und wenn ich ›seine‹ sage, dann mit Grund!«
    |125| »Und zu welchem Schluß kamen sie?«
    »Daß Gott die Einnahme von Casale gutheiße … Und als der König von Spanien sie über seine Großmachtpläne befragte, legten
     sie mit langen, beim Propheten Daniel entliehenen Zitaten dar, daß eine von Spanien dominierte Universalmonarchie in Europa
     Gott gefallen würde.«
    »Ist das zu glauben? Und wie rechtfertigten sie diesen maßlosen Anspruch?«
    »Damit, daß der Allerchristlichste König der bewaffnete Arm des Papstes sei und als einziger imstande, das Tridentinische
     Konzil in die Tat umzusetzen, das heißt überall in Europa die protestantische Ketzerei mit Feuer und Schwert zu vernichten.«
    »Wenn ich das höre, Monsieur, schaudert’s mich.«
    »Wen wohl nicht? Intoleranz und Grausamkeit sind menschliche Laster. Doch wie sich einer Gott nahe fühlen kann, der sich ihnen
     verschreibt, ist mir unbegreiflich.«
    ***
    Als Schomberg und ich am zwölften September in Nemours eintrafen, hatte sich dort schon der ganze Hof eingefunden. Die Stadt
     war wie von einer neuen Population überschwemmt und das Gedränge auf den Gassen so groß, daß wir die Karosse verlassen und
     zu Pferde steigen mußten. In der unübersehbaren Menge von Fußgängern, die sich da unter ohrenbetäubendem Stimmenlärm um uns
     tummelte, sah ich zu

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