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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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mir unerreichbar war, doch wenigstens bewunderte. Wenn ich zum Beispiel im Louvre
     einen Saal betrat, wo sich zufällig nur Herren befanden, ohne daß ein einziger Reifrock der Versammlung Zauber und Farbe gab,
     verspürte ich sofort ein Gefühl von Unbehagen und Melancholie. Und da man im Louvre, wo alle Höflinge wie unter einer Glocke
     leben, ständig beobachtet wird, so wie man selbst ja beobachtet, hatten die höfischen Klatschmäuler diese meine Empfindlichkeit
     unfehlbar bemerkt und machten hinter meinem Rücken darüber ihre Verschen und Epigramme. Nun ja, am Hof ist niemand, nicht
     einmal Ludwig, vor solch kleinen Bosheiten gefeit.
    In jenen vierzig Tagen mit Catherine waren wir nicht nur jeder durch den anderen glücklich, sondern auch einer so glücklich
     wie der andere, wenn wir Emmanuel in den Armen hielten. Schöne Leserin, wenn Sie der Gnade teilhaftig sind, Mutter zu sein,
     und liebende Mutter, die ihre Kinder in den Himmel hebt, nicht wahr, dann können Sie mir die väterliche Parteilichkeit vergeben,
     wenn ich behaupte, daß Emmanuel das schönste Söhnchen der Welt war und seine Mama die beste aller Mütter?
    Man muß freilich zugeben, daß die Damen in diesem Reich, je höher sie gestellt sind, sich desto weniger um ihre Kinder |120| kümmern und diese Pflichten den Ammen und Kammerfrauen überlassen, die ja nun nicht immer die saubersten noch die sanftesten
     sind. Weil Catherine nicht genug Milch hatte, mußte auch sie eine Amme nehmen, die sie aber mit größtem Bedacht ausgewählt
     hatte, und sie wohnte jedem Stillen bei, scheute sich nicht, den Kleinen selbst zu wickeln und zu baden, und weinte er bei
     Nacht in der kleinen Stube neben uns, war sie noch vor der Amme bei ihm. Hätte Madame de Guise von all diesen Anstalten gewußt,
     hätte sie sie im höchsten Grad mißbilligt; sie wären ihr sehr bürgerlich, um nicht zu sagen gewöhnlich, erschienen.
    Leider wurden die guten Tage nur zu bald Nächte und die Nächte wieder Tage und die Tage wieder Nächte; es lief die höllische
     Maschine der Zeit, so lang für Sterbende, für Liebende so kurz und ohne einen Halt.
    Der vierzigste Tag neigte sich zum Ende, als ich unverhofften Besuch erhielt: Marschall Schomberg, mein vertrauter und unwandelbarer
     Freund, überbrachte mir den Befehl des Königs, mich unverweilt zu Richelieu in Nemours zu begeben, seiner letzten Etappe vor
     Fontainebleau, wo dann der König und die Königinnen ihn erwarten würden, um ihn zu ehren und zu den großartigen Erfolgen von
     La Rochelle und im Languedoc zu beglückwünschen. Der ganze Hof war bereits auf dem Weg nach Nemours, um ihm Beifall zu spenden
     und ihm das Ehrengeleit nach Fontainebleau zu geben.
    Ich freute mich auf diese Feierlichkeiten und beschloß, am nächsten Morgen in aller Frühe mit Schomberg zu reisen. Catherine
     wollte nicht so schnell aufbrechen, sie benötigte wenigstens zwei Tage, um ihre Sachen zu packen, und weil sie keine Lust
     hatte, sich in das gigantische Reisegetümmel des Hofes zu stürzen, vereinbarten wir, daß sie, von meinen Schweizern eskortiert,
     mich am Wochenende in meinem Pariser Haus in der Rue des Bourbons einholen würde. Ich selbst kam ja ohne unsere Schweizer
     aus, denn Schomberg wurde von seinen Soldaten begleitet.
    Die Reise nach Nemours in Schombergs Karosse war sehr instruktiv. Der Marschall erzählte mir, was sich in Nîmes zwischen Richelieu
     und dem König zugetragen hatte, als dieser, höchst inkommodiert durch die in der Stadt herrschende Hitze, beschloß, unverzüglich
     nach Paris zurückzukehren. Worauf der |121| Kardinal sagte, daß er sich seinem Wunsch gern füge, »so fern «, fügte er hinzu, »Seine Majestät zuvor Ihren feierlichen Einzug in Nîmes halte«.
    Dieser Einzug nämlich war für Richelieu von großer politischer Bedeutung, denn hierbei sollte der König den Hugenotten von
     Nîmes sein Versprechen, daß er ihnen Kultfreiheit gewähre, bekräftigen. Kaum aber habe Richelieu ihm den Rücken gekehrt, sei
     Ludwig in flammenden Zorn geraten.
    »Warum das?« fragte ich Schomberg verwundert.
    »Wegen des ›sofern‹.«
    »Welches ›sofern‹?«
    »So laßt mich denn den Satz wiederholen. Der Kardinal sagte, er füge sich gern dem Wunsch des Königs, nach Paris zurückzukehren,
     ›sofern Seine Majestät zuvor Ihren feierlichen Einzug in Nîmes halte‹.«
    »Und was war daran so schlimm?«
    »Das ›sofern‹, das dem König unerträglich in den Ohren lag, und er ließ seinem

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