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Rache der Königin

Rache der Königin

Titel: Rache der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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fiel, die da unten wartete, schloß er besagtes
     Fenster und wandte sich zu mir.
    »Die Herren dort warten auf Euch. Wenn sie Euch fragen, wie es jetzt mit mir steht, was antwortet Ihr ihnen?«
    »Daß der König«, erwiderte ich nach kurzem Nachdenken, »den Herrn Kardinal über den ersten Empfang, der ihm hier bereitet
     wurde, getröstet hat.«
    »Nein! Nein!« rief lebhaft Richelieu. »Das geht nicht! Das hieße die Königinmutter kritisieren! Sagt nur, daß ich getröstet
     bin, ohne zu sagen, worüber.«
    Dann fuhr er fort: »Mein Cousin, die Fouriere haben Euch im Schloß bei Monsieur de Guron logiert. Sagt ihm, er möge gegen
     Abend das Gesinde entfernen. Höchstwahrscheinlich wird Euch zur Vesperzeit ein Frauenzimmer besuchen.«
    »Eminenz«, sagte ich, »darf ich, da ich ihr die Tür öffnen muß, ihren Namen wissen?«
    »Ihr seid ihr schon begegnet.«
    Und die Stimme dämpfend, als ob die Wände Ohren hätten, setzte er hinzu: »Es ist die Zocoli.«

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    |136| SIEBENTES KAPITEL
    Die Zocoli, Leser, gehörte zur niederen, aber sehr nützlichen Rasse der Spitzel, derer sich Richelieu wie kein anderer Minister
     vor ihm bediente, denn er legte höchsten Wert darauf, Tag für Tag, ja Stunde für Stunde, würde ich sagen, über die laufenden
     Kabalen am Hofe sowie über die Umtriebe des Auslands informiert zu sein.
    Auf die Rekrutierung dieser Spitzel verwandte der Kardinal größte Sorgfalt. Er verstand es vortrefflich, sie zu instruieren,
     zu überwachen, zu belohnen und notfalls auszuschalten. Denn sobald die Spione erst einmal Experten darin waren, die Geheimnisse
     unserer Feinde zu erlauschen, konnten sie natürlich auch versucht sein, ihnen die unseren zu verkaufen.
    Was die Zocoli anging, ein besonders gewitztes Ding, war es Richelieu über Mittelsleute geglückt, sie als Kammerfrau in der
     Entourage der Königinmutter unterzubringen. Und sie machte ihre Sache großartig, besaß sie doch feine Ohren und unerschrockenen
     Mut. Um ihrer Sicherheit willen und um den guten Ruf des Kardinals nicht zu gefährden – der selbstverständlich von solchen
     Niederungen gar nichts wußte –, durfte sie niemals in seine Nähe kommen, sondern mußte sich an Monsieur de Guron oder mich
     halten, die wir ihre Berichte an Seine Eminenz weitergaben. Derweise war ich der Zocoli schon ein erstes Mal begegnet, und
     nicht ohne Gefahr für meine Tugend, denn der Himmel hatte ihr ein Engelsgesicht verliehen und der Teufel ein Körperchen, es
     hätte einen Klosterbruder in Verdammnis gestürzt. Der Kardinal hatte sie deshalb zunächst nicht verwenden wollen. Die Schöne
     war, wie zu hören, derart auf Mannsbilder versessen, daß ihr jede Gelegenheit recht kam, außerhalb des Ehebettes zu vögeln,
     das allerdings auch den Signor Zocoli selten sah, der ein Schwuler war, wie es hieß.
    Trotzdem ließ Richelieu die Kleine beobachten, und es stellte sich heraus, daß sie, so mannstoll sie war, dabei doch einen
     kühlen Kopf bewahrte und säuberlich abwägte, mit wem |137| sie es trieb, indem sie sich nur an Freunde und Kreaturen des Kardinals hielt, nie aber an seine Feinde oder solche, die ihr
     als solche erschienen. So überließ der Kardinal denn dem Herrgott die Sorge, die irdischen Verfehlungen der Zocoli im gegebenen
     Moment zu vergeben oder zu strafen, und nahm sie in Dienst, woran er weise tat, denn sie war findig und listig wie keiner
     guten Mutter Tochter in Frankreich.
    Monsieur de Guron, der bereits wußte, wer mich bei ihm aufsuchen würde, empfing mich, ich sage nicht, mit offenen Armen, denn
     just in diese schloß er mich, klopfte mir mehrfach auf den Rücken, daß es weh tat, und erdrückte mich fast mit seinem Furor.
    »Verdammt!« rief er, »mir fehlen die Worte, zu sagen, wie ich mich freue, Euch hier zu haben! Das wollen wir uns doch zunutze
     machen und einmal in aller Ausführlichkeit schwätzen!« Ich aber dachte, daß der Schwätzer von uns beiden doch wohl er sein
     würde.
    »Ich weiß nicht«, sagte ich, »ob die Zocoli uns soviel Zeit lassen wird. Doch sagt, um einer Störung vorzubeugen: Wird Euer
     Quartier bewacht?«
    »Von vier Schweizern, die frisch aus den helvetischen Bergen kommen und die Französisch sprechen wie ich Deutsch.«
    »Und wie sprecht Ihr Deutsch?«
    »Der, die, das!«
sagte er und lachte schallend.
    Natürlich enthob das Warten auf die Spionin uns nicht, »das arme Tier« zu füttern. Der Leser wird sich erinnern, daß Monsieur
     de Guron einer der

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