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Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Titel: Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schmidt
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erst einmal, eben, weil sie einen Wessi vor sich hatte. Mit einem Fingerzeig animierte ich sie, sich ans Flurfenster zu stellen. Sie nahm die Brille ab und registrierte tatsächlich das Firmenschild am Fahrzeug des Herrn im Ledermantel. »Ingmar mein Name!«, plärrte der Händler, streckte der Wagenbret die linke Hand hin, weil er mit der Rechten den Bilderrahmen umklammerte. Es hatte den Anschein, als wolle er ihn nie wieder loslassen. Dieser Ingmar hatte wohl einen siebenten Sinn. Nun gab er an, dass er den Nachdruck Max Schwimmers auf Grund des günstigen Rahmenabmaßes sehr gern erwerben würde. Dazu spuckte er auf die Beere seines Zeigefingers und befeuchtete damit die Leinwand im Bereich der Schwimmer’schen Signatur. Jetzt kamen deren Konturen für einige Sekunden deutlich zum Vorschein. Frau Wagenbret schnauzte Ingmar an und fragte, weshalb er diesen schönen Druck anspucke. Ingmar zog ein Taschentuch aus der Hose und wollte die Stelle auf dem Bild wieder trocknen. »Jetzt reichts apper, ja?!«, plärrte die Wagenbret. Nun stand es zwei zu null für mich. Frau Wagenbret lehnte den Verkauf des Schwimmer’schen Druckes, inzwischen misstrauisch geworden, kategorisch ab. Ingmar bot jetzt 60 DM. Ich war in meinem Element und bot 80 DM. Mein Rivale fasste meine Geste als Spaß auf und bot mit. »85«, platzte es aus ihm heraus, dann hüllte ich mich in Schweigen. Als einige Sekunden vergangen waren, landete ich 500 DM, weil ich ahnte, dass sich Ingmar nie in diese Größenordnung bewegen würde. Frau Wagenbret war fassungslos. Jetzt stand sie da und presste wieder ihre Hände ineinander. Inmitten des Hausratswustes entdeckte ich noch eine bronzene Tänzerin auf steinernem Sockel und fragte, ob ich sie bekäme. Die Wagenbret sagte nichts, dann schob sie Ingmar einfach vom Flur ins Treppenhaus. Ich durfte bleiben und wurde sogar zum Kaffee eingeladen, der aber erst gebrüht werden musste. Meine Zeit war inzwischen knapp geworden. Ich hoffte immer noch, die Bronze zu bekommen. Dann war der Kaffee fertig. Er schmeckte scheußlich blechern. Inzwischen fing Frau Wagenbret an zu qualmen, wie ein Stadtsoldat. Dazu bediente sie sich einer antiken Zigarettenspitze, weil das Rauchen damit angeblich gesünder sei. Wenn sie den Rauch in ihre Lungen zog, achtete ich darauf, was sie wohl wieder ausblasen würde. »Wie effektiv!«, dachte ich, denn der ganze Qualm blieb in ihrem Körper stecken. Dieser Dame bin ich wohl einigermaßen sympathisch geworden, denn sie schob eine belanglose Konversation an und fragte mich zwischendurch, ob sie mich mit ihren Geschichten nicht in lange Weile versetzen würde. Natürlich tat sie das, aber ich dokumentierte scheinheilig das Gegenteil und hoffte, so den Weg zu weiteren Verkaufsverhandlungen geebnet zu haben. Nach etwa einer Stunde erklärte sie mir, dass sie am heutigen Tag keinerlei Geschäfte abwickeln wolle. Ich war wie vom Schlag gerührt, hatte ich doch die alte Dame vor einem Betrüger gerettet. Ich fraß meinen Groll in mich hinein. Mir war klar geworden, dass das Geschäft total geplatzt war, jedenfalls heute. »Nun, dass Sie nicht ganz umsonst gekommen sind hier, den ollen Scherbel können Se mitnehmen, dafür will ich nichts haben!«, sagte Frau Wagenbret. Es war eine dekorierte alte Kaffeekanne. Da stand eben noch diese komische Aktentasche auf dem Parkett, die Ingmar vergessen hatte. Ich stöberte in ihr herum und fand die Ausweispapiere dieses Herrn. Ich las: Alfons Gellert, geboren am 16.10.1943 in Oberursel, wohnhaft im Örtchen Lämmerspiel, wohl zwölf Kilometer von Frankfurt/Main entfernt. »Aber Herrr ... wie war doch gleich Ihr Name ...«, fragte mich Frau Wagenbret. »Drehwolke!«, antwortete ich. »Sie wollen doch nicht etwa ...« »Natürlich will ich wissen, wen Sie sich da eingeladen haben«, entgegnete ich und war sauer, weil die Wagenbret um den komischen Hessen so viel Brühe machte. Ich ließ die Papiere auf einen Tisch schusseln. Frau Wagenbret schaute sie gar nicht an und meinte, ich wäre ein halbwegs vernünftiger und ordentlicher Mensch und eben nicht so einer wie der da. Dabei zeigte sie zur Korridortür. Jetzt nahm sie die Ausweispapiere doch in die Hand und befummelte die Hülle, in der sie steckten. »Hübsch, dieses Etui!«, sagte sie. Mehr kam nicht über ihre Lippen. Dann brachte sie mir eine Leipziger Volkszeitung, in der ich die Kanne einrollte. Nun lebte ich wieder auf, denn es handelte sich um eine Meissner Teekanne, die mir schon von der

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