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Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Titel: Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schmidt
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nicht mehr am Hals und atmete auf.
    Ich stand der Reaktion Mackenrodt’s in gewissem Sinne ehrfürchtig gegenüber, da gab es nichts als nur eine kulante Abfindung für Kalle Zangenberg, das Individuum besonderer Art.
    Hasan Ali Abdullah verkauft die Nationale Volksarmee der ehemaligen DDR

    »Um den Zangenberch in ‘n Hintan zu treten, warste ooch zu feije, wat?« Da kam doch Mackenrodt einige Zeit später auf Kalle zurück und gab mir teils die Schuld für die entstandenen Verluste, vor allem in finanzieller Hinsicht. Blitzschnell zog ich den Lieferwagenschlüssel aus der Tasche, steckte ihn in Mackenrodt’s Kittel und war im Begriff, zu kapitulieren. Der Schlüssel fiel durch die Löcher im Futter der Tasche und landete auf dem Hof. Mackenrodt bückte sich, hob den Schlüssel wieder auf und entschuldigte sich, als wäre ihm der Zündschlüssel aus der Hand gefallen. Meine Reaktion schlug also ein wie eine Bombe. Das Wochenende kam. Mackenrodt und ich packten allen Trödel, der nicht niet- und nagelfest war, in den Transporter, einschließlich der Schellackplatten. Hinzu kamen alte Ansichtskarten, deren Anzahl in den letzten Tagen auf zweitausend angewachsen war. Davon zweigte ich dreihundert für mich ab, um sie außer der Reihe an den Mann zu bringen. Dann stopften wir noch zwei Tapeziertafeln zwischen Ware und Wagendach. Das Heckfenster war total verbaut. Für mich war das Orientieren mittels Rückspiegel ungewohnt. Mackenrodt war nicht mit von der Partie. Er blieb wider Erwarten am Wochenende in Leipzig. Am Vorabend der Berlinreise telefonierte ich mit Hasan Ali Abdullah, das heißt, ich rief ihn an, um die Uhrzeit des Treffs am Brandenburger Tor zu präzisieren. Am anderen Ende der Strippe war erst einmal das Piepsen einer Kinderstimme auf berlinisch zu vernehmen: »Wat bist’n für eenaa?« Anschließend meldete sich Herr Hasan Ali Abdullah mit Vor- und Zunamen. »Ganz schön türkisch!«, war mein erster Gedanke, weil ich kein Wort verstand. Als ich den Namen Mackenrodt ins Spiel brachte, artikulierte sich Abdullah plötzlich in sehr verständlichem Deutsch: »Asoo! Dann wolln wir mal! So morgen gegen zehn Uhr nischt?«
    »Danke!«, sagte ich das war alles. Abdullah kannte bereits die Art der Ware, die für Samstag zur Disposition stand. Ich war also am nächsten Tag morgens 9.15 Uhr vor Ort, früher als vereinbart. Trotzdem war schon ein reges Treiben auf dem Flohmarkt zu verzeichnen. Ich parkte irgendwo und lief durch die Gassen der Flohmarktstände. So etwas hatte ich in meinem Leben noch nicht gesehen. Hier wurde, wenn man so will, die Nationale Volksarmee der ehemaligen DDR zum Kauf angeboten. Mit Feldspaten und hölzernen Fecht-Mpi’s(Maschinenpistole aus Holz für einfache militärische Übungen)begann der Trubel. Des Weiteren waren die Stände mit Gasmasken, Soldatenstiefeln, Stahlhelmen und Marschgepäckstücken übersät. Dann begann der Markt etwas spezieller zu werden. Hier fand man Uniformen vom Unteroffizier bis zum Fähnrich, vom Unterleutnant bis zum Oberst und vom Generalmajor bis zum Armeegeneral. Mir lief eine Gänsehaut über den Rücken, eine, die angenehm war, konnte ich mir doch die Jacke des höchsten Dienstgrades der Volksarmee anziehen, eben die des Armeegenerals. Allerdings erwischte ich die Größe 46. Da reichten die Ärmel nur bis zu den Ellenbogen. Plötzlich kam Ali Abdullah auf mich zu, der mich anhand des Firmenschildes am Fahrzeug identifizierte. Er gab erst einmal einen Pappbecher Kaffee aus. Die Uniformen waren fein säuberlich nach Konfektionsgrößen geordnet, denn die meisten Türken waren Textilhändler und verstanden diesbezüglich ihr Handwerk. Allerdings hingen die Dienstgrade kreuz und quer durcheinander. Da war z.B. der Soldat neben dem Generalmajor zu finden und der Gefreite zwischen zwei Hauptmännern und ein Leutnant trug die Schirmmütze vom Generaloberst. Der größte Clou war, dass die Jacke des Armeegenerals auf einer weiblichen Modepuppe hing, deren Kopf mit dem Käppi eines Soldaten dekoriert war. Auch dieser Stand gehörte einer türkischen Familie aus Tempelhof. Veranstalter war jedoch Hasan Ali Abdullah. Offenbar hatte diese Nationalität bzw. der ,Nahe Osten‘ das Monopol für solche Märkte. Die Fläche am Brandenburger Tor, also der Pariser Platz, war allerdings nur für dieses Wochenende genehmigt, sozusagen als »Abklatsch« des Tiergartener Flohmarktes.
    Unter meiner Aufsicht wurden nun die Uniformen nach der Rangordnung umgehangen. Hasan

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