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Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Titel: Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schmidt
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steckte er den Zeigefinger nochmals in die Wählerscheibe und bekam natürlich keinen Anschluss. »Der Fahrzeugbrief wird nachgesandt«, sagte er. Mir war klar, dass für den Opel-Kadett-Caravan, so abgewrackt wie er war, möglicherweise keine Papiere existierten.
    Der halbe Vormittag war draufgegangen. Immerhin gelang es mir, Röhl eine Dreifachschaltung mit einem Gesamtpreis von 650 DM unterzujubeln. Das von den Ossis so streng verurteilte Kleingedruckte half mir dabei. Dann verabredeten wir uns verhältnismäßig langfristig zu einer Probefahrt, die nie stattfand.

    Mittlerweile arbeitete ich vier Wochen, sozusagen nebenbei, für den Leipziger Stadtanzeiger, ohne bemerkenswerte Verkaufserfolge. Auf Grund der geringen Provisionen hatte ich gerade mal um die 150 DM dazuverdient. Im Vergleich zu anderen Anzeigenberatern war ich trotzdem gut, weil sie so gut wie keine Vertragsabschlüsse erzielten. Manchmal akquirierte ich sogar Kunden per Telefon. Dabei sparte ich eine Menge Kilometer und Benzin.
    Zwischenzeitlich führte die Kölner Geschäftsleitung mit den Außendienstlern eine Schulung im Hotel Merkur durch. Da war wieder der schmalztollige Abteilungsleiter Kretzschmar vor Ort. Weil seiner Meinung nach »die Säge tüchtig klemmte«, hielt er es für richtig und notwendig, die Ossis auch tüchtig in den Hintern zu treten. Dabei sprach er von einer Kürzung der Provision um 2,5 %. Da hob ich den Finger und meinte, dass die derzeitige Provision von 5 % schon sehr gering sei. »Waas?«, rief Kretzschmar. »Se können wohl nich rechnen?!« »Oh doch«, erwiderte ich. »Bei einem Auftrag von 100 DM bekam ich bisher fünf DM. Das wäre dann künftig nur noch die Hälfte. Ich schlug vor, die Provision zu erhöhen. Die Firmenleitung forderte übrigens, dass der Anzeigenverkauf von uns Mitarbeitern noch forciert würde, natürlich, ohne höhere Kosten zu verursachen. Ich verglich mich nun mit einem Perpetuum mobile. Kretzschmar war außer sich, weil ich ins Kalkül zog, künftig mehr Klein- und Kleinstanzeigen zu schalten. Ich begründete meinen Plan damit, dass die Bevölkerung sich eben mehr für billige Kleinanzeigen interessierte. Er meinte, dass da natürlich keine Zeitung satt würde. »Und wie hoch ist eigentlich ihre Provision?«, fragte ich. »Das verbitte ich mir!«, war die Antwort. Kretzschmar fuhr sich mit den Händen durchs Haar. Dann bot ich ihm an, von mir Adressen besonders »harter Nüsse«, also schwieriger Kunden, zu übernehmen, um diese mit mir arbeitsteilig abzuarbeiten. Mein frecher Vorschlag war, dann aus den 5 % Provision halbe-halbe zu machen. Kretzschmar sah mich an, als sei ich verrückt geworden. Zudem setzte ich noch eins drauf und meinte, dass nie ein Schuh aus seiner Theorie würde. Außerdem krittelte ich an den Farben in den Deckblättern der Stadtanzeiger herum und schlug vor, das Cover zu ändern. Kretzschmar holte tief Luft. »Das sind die Farben der Firma!«, sagte er, »die sind so zu akzeptieren!« Dann drohte er mir mit dem »blauen Brief«. Ich fragte, an welche Adresse er ihn wohl senden wolle. Ich konnte eine große Lippe riskieren, weil kein Arbeitsrechtsverhältnis bestand und der Anzeigenverkauf mehr auf Vertrauensbasis geschah. Meine unmittelbare Auftraggeberin war Frau Schindler, eine Dame im fortgeschrittenen Alter, früher Mitarbeiterin bei der Mitteldeutschen Zeitung. Sie etablierte sich zeitweilig beim Stadtanzeiger. Als ich mich mit Kretzschmar anlegte, klatschte sie mit ihren Daumennägeln unter ihrem Schreibtisch leisen Beifall, weil sie Kretzschmar in seinen Ausführungen ebenfalls nicht ernst nahm. Kretzschmar wetterte noch eine Weile, dann war er still. Von allen Seiten prasselten Vetos mutig gewordener Außendienstler auf ihn ein.
    Dass der Wind den Kölner Stadtanzeiger zerfetzt durch Leipziger und Hallenser Straßen jagte, machte natürlich keinen guten Eindruck auf diejenigen, die sich zur Zeit noch mit meiner Verkaufpsychologie einlullen ließen. Dann gab es Invasionen gegen die Altpapierschwemme. Ganze Schulklassen sammelten die Zeitungsstapel, die überall herumstanden, ein und lieferten sie in Aufkaufbetrieben ab.
    Am nächsten Morgen erwartete mich ein leitender Mitarbeiter der Firma Dinglinger & Co, eine Firma, die Transportbehälter und Container baute. Als ich den Eingang des Bürogebäudes betrat, stolperte ich beinahe über zwei Stöße von je fünfzig Leipziger Stadtanzeigern. Ich dachte dabei an René Kamprad, der Leipzig-Schönefeld auf seine

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