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Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers

Titel: Rache - die Handschrift des kleinen Mannes - Erlebnisse eines Leipziger Antiquitaetenhaendlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Schmidt
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Endes war mir bewusst, dass ich die Polizei rufen musste. Ich schlauchte von diesem Straßenkehrmaschinenfahrer erst einmal zwei Zigaretten, weil ich nach diesem Crash einfach rauchen musste. Obwohl ich das selten tat, verspürte ich das Verlangen nach Nikotin. Beide Zigaretten rauchte ich hintereinander. Anschließend war mir hundeelend. Dass ich nach diesem Unfall irgendwie an Atemnot litt, verschwieg ich, dazu war ich eitel genug. Während einer nach Jahren durchgeführten Röntgenuntersuchung entdeckte man bei mir linksseitig drei gebrochene Rippen. Das war also die Ursache meiner für Wochen anhaltenden Beschwerden. Ich stiefelte also einen Kilometer über den schlammigen Acker, weil sich am anderen Ende dessen ein Bauernhof befand. Hier vermutete ich ein Telefon. Und weil es da kein Telefon gab, lief ich wieder zurück. Inzwischen war ein Streifenwagen der Polente aufgekreuzt, rein zufällig. Die Insassen warteten bereits auf mich. Sie betrachteten mich, als sei ich aus dem Jenseits entsprungen. Nach dem Schaden an meinem PKW zu urteilen, war es wohl eine Sensation, dass ich äußerlich noch einigermaßen heil war. Dann hatten die Beamten das Protokoll fertig. Der Fahrer des Kleintransporters konnte natürlich nie ermittelt werden, weil ich mir das polizeiliche Kennzeichen auf Grund der rasenden Geschwindigkeit nicht einprägen konnte. Als ich darum bat, mich einer Alkoholkontrolle zu unterziehen, glaubten die Beamten wirklich, ich sei besoffen. Bevor ich in den Beutel pustete, wurde ich besonders darauf hingewiesen, dies mit aller Kraft zu tun.

    Anfangs saß ich zu Hause sinnlos herum, weil ich meinen Unfall, den Verlust meines schönen Autos und die spöttischen Bemerkungen der Neider aus der Nachbarschaft seelisch verkraften musste. Dann setzte ich mich in den Vorgarten und las. Das Frühjahr war heran und die Sonne schien schon ganz ordentlich. Das Thermometer zeigte im geschützten Innenhof fast zwanzig Grad an. Ich kam auf die Idee, Hemd und Unterhemd auszuziehen. Diesen Vorgarten konnte man nicht einsehen. Das lag daran, dass meine Großmutter einst Efeu vor unseren uralten schmiedeeisernen Zaun pflanzte. Jedes Mal wenn ich am Nachmittag im Verborgenen vor mich hin träumte, pinkelte jemand durch die Efeuhecke ins Vorgarteninnere. Dann hatte ich die Nase voll und bewaffnete mich mit einem Eimer, den ich bis zur Hälfte mit Wasser füllte. Somit war meine Treffsicherheit höher. Womöglich hatte ich es mit einem Kneipengänger aus unserer Eckkneipe zu tun, der nach dreihundert Metern Fußmarsch das Bedürfnis hatte, sich seiner vollen Blase zu entledigen. Als es wieder raschelte, wartete ich einige Sekunden, um den Täter auf frischer Tat zu erwischen. Als dieser loslegte, entleerte ich meinen Wassereimer gegen die Efeuwand. Der Unsichtbare fing an zu toben und versuchte, die Efeuzweige auseinander zu biegen, um in das Innere des Grundstückes schauen zu können. Bevor ich entdeckt wurde, war ich verschwunden.
    Obwohl ich eigentlich ein versierter Kraftfahrer war, warf ich mir vor, ich sei zu doof ein Fahrzeug zu lenken. Nach einigen Tagen legten sich meine Depressionen, aber mein dumpfer Schmerz in der linken Seite blieb. Mein PKW war natürlich Schrott. Für das demolierte Fahrzeug fand ich einen einigermaßen seriösen Käufer, der außer der Fahrzeugkarosse beinahe alle Teile verwenden konnte. Meine Versicherung entschädigte mich halbwegs günstig. Natürlich musste ich im Rahmen des Kaskoschadens meine Selbstbeteiligung aus der eigenen Tasche finanzieren. Nach anderthalb Wochen war ich wieder motorisiert. Für diese Zeit hatte ich mich bei Hasan abgemeldet. Dann habe ich den Versuch unternommen, Irma vom Tatbestand höherer Gewalt zu überzeugen, die mich zum Fußgänger degradiert hatte. Eine meiner ersten Amtshandlungen war der Gang zu ihr. Weil sie eine Frau war, bildete ich mir ein, in ihrer Schuld zu stehen – gleichgültig aus welchem Grund! Als ich an ihrer Wohnungstür läutete, öffnete Irma die Tür einen winzigen Spalt oder nur soviel, was die Sicherungskette hergab. Irma dachte gar nicht daran, die Kette zu lösen. Sie glotzte mir einige Minuten ins Gesicht, als sei ich vom Mond gefallen. Dabei verzog sie keine Mine. Diese Zeit kam mir wie eine Ewigkeit vor. So kannte ich Irma nicht. Ich war der Meinung, dass sie in den letzten 24 Stunden eine günstigere Partie gemacht haben muss, als es mit mir der Fall gewesen wäre. Nur so konnte ich mir ihren Sinneswandel erklären. Im Übrigen

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