Rache ist lavendelblau
stechen durch den Pulli, klar ist sie geil, feurig und ziemlich blond, ob Conradin sie begehrt? Zuzutrauen wär´s ihm, Männer …
„Übrigens, Romana hat mir erzählt, dass es ein Heiratsgerücht gibt“, warf Conradin - während er noch seine Zeitung in Händen hielt - ganz nebenbei ein.
„Ah, und ich darf das auch erfahren? Warum sagt Claus nicht selbst etwas? Warum immer über Umwege?“
„Heidrun, bitte, reg dich nicht auf. Du kennst ihn ja.“
„Da hast du Recht, ich kenne ihn!“, warf sie ihrem Mann an den Kopf.
Dass ihr Sohn sich monatelang geweigert hatte, ihnen seine neue Freundin vorzustellen, ärgerte Heidrun noch immer, noch mehr aber, dass sie von Annette, ihrer Freundin, erfahren musste, dass sich ihr Sohn eine Friseurin geangelt hatte. „Nichts gegen eine Friseurin, aber er hat uns das die ganze Zeit verschwiegen. ‚Sie arbeitet bei uns‘, hat er erzählt, und ließ uns in dem Glauben, sie sei auch Architektin.“
*
„Ich hätte nichts sagen sollen, mir ist das wirklich unangenehm.“
„Braucht dir nicht Annette, wir hätten es ohnedies bald erfahren. Ist besser so, sonst wäre ich vielleicht noch vor Publikum in Ohnmacht gefallen.“
Heidrun hatte Annette einen Kurzbesuch abgestattet, deren Wohnung in unmittelbarer Nähe zu ihrem Arzt, Dr. Westheimer, lag. Die großzügig ausgestattete Wohnung kündete vom guten Geschmack ihrer Besitzerin: Moderne Bilder an den Wänden, Designermöbel und das Licht einer Unzahl futuristischer Lampen stand im edlen Kontrast zum dunklen Parkettboden, der sein Alter mit Stolz und Würde trug.
„Nicht nur Annette, auch ihre Wohnung hat Chic“, sagte sich Heidrun immer wieder, die die Freundin schon darum bewunderte, mit relativ wenig Geld ihren guten Geschmack so gekonnt in Szene zu setzen.
„Sollte uns die Villa einmal zu groß werden, dann möchte ich auch so wohnen, so neu, so frisch, so lebendig“. Heidrun war bei jedem Besuch aufs Neue von Annettes Heim angetan und die freute sich über Heidruns ehrliche Komplimente.
„Claus ist ein Feigling, Annette, nur nicht reden, nur nichts erzählen, gleich abblocken, sobald die Gefahr besteht, dass es zu einer Diskussion kommen könnte. Sein Vater hat sich damals auch einfach aus dem Staub gemacht, als es brenzlig zu werden schien. Ich hab´ erst im Nachhinein, als er schon weg war, erfahren, wohin er sich abgeseilt hat. Er hat nicht den Grips gehabt, mir dabei in die Augen zu schauen. Angerufen hat er nach zwei Wochen und gestottert, sag ich dir. Der Sohn ist wie sein Vater.“
Heidrun hatte sich in Rage geredet, Annette geschwiegen, sie kannte die Männer. Die selbstbewusste, ehemalige Bankfrau hatte ihre Erfahrungen gesammelt: Ein Ex, der sich nach einigen Ehejahren dem eigenen Geschlecht zugewandt hatte, einige unterschiedlich lange Liaisonen, allesamt auf Dauer unbefriedigende Beziehungen.
Annette hatte Heidrun eines ihrer geliebten, wunderbar nach Rum duftenden Punschkrapferl, diese verführerisch-kleinen, picksüßen Biskuitkuchen mit Punschmasse, Marillenmarmelade und grellrosa Zuckerglasur, angeboten. „Da, nimm, die sind ganz frisch, Zucker und Rosa heben die Stimmung, besser als alle Antidepressiva zusammen.“ Genussvoll biss Heidrun in das saftige Gebäck, wobei die Zuckerglasur haarfein zersplitterte.
*
Katrin und Claus waren ein schönes Paar. Das schlichte, weiße Seidenkleid schmeichelte Katrins schlanker Figur, und ihr langes, weißblondes Haar tanzte fröhlich im Wind, als sie aus der Kirche traten. Claus strahlte seine Frau glücklich an, er schien zufrieden mit seiner Wahl zu sein.
Die Hochzeit hatten die beiden organisiert. „Katrin versteht sich gut in solchen Dingen, ich verlass´ mich da ganz auf sie“, hatte ihnen Claus erklärt, nachdem er seine Eltern nach langer Geheimnistuerei offiziell von seinen Plänen unterrichtet hatte.
Es war ein riesiges Fest geworden. An die zweihundert Gäste waren geladen, von denen Heidrun und Conradin nur die wenigsten von ihnen kannten. Viele Studien- und Berufskollegen von Claus waren zugegen und Freundinnen Katrins, die sich durch übermäßige Aufmachung vom Gros der Anwesenden recht deutlich abhoben.
Katrins Eltern, Georg und Silvia Vogler, ein bescheidenes, aber sympathisches Paar, konnte mit einem gutgehenden Friseursalon im Nachbarort aufwarten. Die Kosten des heutigen Tages dürften sie daher nicht allzusehr belastet haben, wie Conradin – gleich nach dem Kennenlernen der Brauteltern - mit Erleichterung festgestellt hatte.
Sisi und Liesi,
Weitere Kostenlose Bücher