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Rache ist lavendelblau

Rache ist lavendelblau

Titel: Rache ist lavendelblau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fannie Ennser
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Gründerzeitvillen mit ihren vielen Zu- und Ausbauten auffädelten. Heidrun erschrak. Das sechste oder das siebente Gebäude war das ihre und genau dort vor dem Eingang stand, mit weit aufgerissenem Heck, der Einsatzwagen.
„Mein Gott, was ist denn passiert?“, rief sie entsetzt, als sie durch das offene Gartentor ihrem Hauseingang entgegenstürzte, vor dem einige Männer in roten Jacken und weißen Hosen vorneübergebeugt am Boden knieten. Ein Sanitäter richtete sich auf und trat ihr in den Weg.
„Sind sie die Gattin des Verunglückten?“
„Was ist mit meinem Mann?“, jammerte sie verzagt, während sie versuchte, sich einen Weg zur Tragbahre zu bahnen, die zwischen den Helfern am Weg stand. Jemand hielt sie zurück.
„Ihr Mann dürfte von der Leiter gestürzt sein, mehr wissen wir noch nicht. Wir wurden von einem Nachbarn verständigt.“
Die beiden Anrainer, Trudi und Hans Kleiber, beobachteten sichtlich geschockt und etwas abseits stehend, den Einsatz der Rettungsmänner. Trudi hielt sich ein Taschentuch an die Nase und schniefte. Sie löste sich von ihrem Mann und schritt auf Heidrun zu, die jetzt zitternd neben der Bahre stand und mit leerem Blick auf das Geschehen stierte.
„Heidrun, es tut uns so leid, wir haben die stürzende Leiter gehört, und Hans ist gleich nachschauen gegangen, da lag er dann“, klagte die Nachbarin und deutete auf die Aufprallstelle hin, einen Krater im Blumenbeet.
Der junge Kollege hatte seinen Arm um Heidrun gelegt. Conradin, der seine Augen geschlossen hatte, wurde vorbeigetragen und in den bereitstehenden Wagen geschoben. In den letzten Bildern, die wie ein Film vor ihren Augen abliefen, hantierte der Notarzt mit dem Infusionsschlauch, dann hörte sie das Zuschlagen der Türen, und mit dem Einsetzen des Sirenengeheuls umfingen sie Dunkelheit und Stille.
*
Romana saß in der Küche und war ratlos; sie war unsicher, wie sie sich verhalten solle. Aus dem Salon und von der Terrasse drangen gedämpfte Stimmen zu ihr herein. Die meisten der Freunde und fernen Verwandten hatten sich bereits nach dem Begräbnis verabschiedet, und die Nachbarn waren gerade im Begriff zu gehen.
„Heidrun, du kannst auf uns zählen“, vernahm sie, wie von dichtem Nebel verzerrt, Trudi, die Nachbarin, und Hans, deren Mann, ergänzte „melde dich, wenn du was brauchst.“
Auf der Terrasse hatten sich der alte Onkel Poldi, ein Bruder ihres verstorbenen Vaters, und Heidruns Bruder Friedrich mit seiner Frau Ella, zusammengeschart und diskutierten im Stehen den tragischen Unfall. Conradins italienische Geschäftsfreunde, Franco und Catarina Barazzutti, waren früh aufgebrochen, sie hatten einen Flug nach Mailand gebucht.
Romana vernahm plötzlich die scharfe Stimme ihrer ungeliebten Schwägerin. Sie erhob sich vorsichtig, bemüht, nicht als heimliche Mithörerin entdeckt zu werden und blickte in den Salon hinüber. Romana lauschte, sie war neugierig, wollte aber an der Unterhaltung nicht teilnehmen. „Konspirative Sitzung“, dachte sie im Anblick der Familienrunde.
„Du sollst dir Claus mitnehmen!“, hörte sie ihre Schwägerin, „man weiß ja nie.“
„Lass, Katrin, Mama macht das schon!“, beschwichtigte ihr Bruder etwas zögerlich.
„Warum willst du überhaupt mit ihr reden?“, wollte Katrin in leicht aggressivem Tonfall wissen. Die Frage war mit Bestimmtheit an Heidrun gerichtet.
„Katrin, lass Mama das machen, bitte!“, flehte Claus seine Frau an.
„Der Feigling, warum haut er ihr nicht eine in die Fresse?“ ärgerte sich Romana . Was Mutter wohl mit Chiara zu besprechen hat? Papas Ableger schauen ihm verdammt ähnlich. Irgendwie vulgär, dieses Weib, schaut aus wie eine neapolitanische Marktfrau, ob sie gut im Bett war? Vater, dieser Ästhet und dieses Weib.
Unvermittelt stand Heidrun neben ihrer Tochter. Sie war durch einen Nebeneingang in die Küche gekommen, ohne dass Romana es bemerkt hatte. Romana erschrak heftig, war sie doch beim Lauschen ertappt worden. Heidrun zog einen Küchenstuhl zu sich heran und ließ sich darauf fallen. Sie war blass und wirkte erschöpft, die letzten Tage und Stunden hatten ihr arg zugesetzt.
„Annette kommt am Abend wieder vorbei, sie will noch einige Tage hierbleiben. Dann bin ich nicht so allein“, sagte sie. Die beiden Frauen blicken sich kurz an. Romana senkte ihren Blick, sie hatte ein schlechtes Gewissen, weil sie ihrer Mutter in diesen schlimmen Tagen nicht beigestanden war, und Heidrun hatte nicht die Kraft gefunden, ihre Tochter um

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