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Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)

Titel: Rache verjährt nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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was ich sagen sollte, also sagte ich nichts.
    Sie trug ein T-Shirt, Shorts und Turnschuhe. Auf dem Rücken hatte sie einen kleinen Rucksack, auf dem Kopf einen riesigen Sonnenhut, dessen Schatten über ihr Gesicht fiel, so dass ich ihre Miene nicht erkennen konnte.
    Sie sagte: »Johnny sagt, du hast ihn geschlagen, weil er eine blöde Bemerkung darüber gemacht hat, wie ich tanze. Er hat gesagt, wenn ich dich sehe, soll ich dir ausrichten, dass es ihm gut geht und dass es ein ziemlich gekonnter Schlag war.«
    Ich weiß noch, wie überrascht ich war. Ich glaube nicht, dass ich an Nutbrowns Stelle auch nur annähernd so großmütig gewesen wäre. Nein, ich weiß es hundertprozentig!
    Ich sagte: »Bist du extra hergekommen, um mir das zu sagen? Super. Dann geh ich jetzt mal.«
    Ich schob sie unsanft beiseite und marschierte weiter. Ich dachte, ich wäre sie damit losgeworden, aber plötzlich hörte ich ihre Stimme hinter mir: »Und wo gehen wir hin?«
    Ich fuhr herum, starrte sie an und zischte: »Ich geh klettern. Keine Ahnung, wo du hingehst. Ist mir auch egal.«
    Elfe, falls Sie sich fragen, wieso ich dermaßen unhöflich mit demselben Mädchen sprach, in das ich mich einen Tag zuvor bis über beide Ohren und unwiderruflich verliebt hatte, sollten Sie sich in Erinnerung rufen, dass ich ein fünfzehnjähriger und schrecklich ungehobelter Bursche war, noch weniger als die meisten meiner Art in der Lage, mit anderen Menschen zu kommunizieren, weil es so wenige gab, mit denen ich reden wollte.
    Außerdem, seien wir ehrlich, wie sie da so reglos vor mir stand, in Shorts und Turnschuhen, die goldenen Haare versteckt unter diesem dämlichen Hut, konnte ich kaum glauben, dass sie das fantastische Wesen war, das auf dem Rasen getanzt hatte.
    Mein Verstand schlug Purzelbäume, also stürmte ich wieder los, weil das das Einzige war, was mir einfiel, um nicht länger dazustehen und sie anzuschauen.
    Sie lief neben mir her, wenn das Gelände es erlaubte, und einen Meter hinter mir, wenn nicht. Ich legte ein flottes Tempo vor, sehr viel schneller, als wenn ich allein gewesen wäre, aber das schien ihr keine Probleme zu bereiten. Als ich an den See kam, den Wastwater, bog ich absichtlich in den Pfad am Südufer ein. Er führt am Fuße des sogenannten Screes vorbei, eines rund dreihundert Meter hohen, steilen instabilen Hangs, den sich nur ein Idiot zumuten würde. Selbst der angebliche Pfad, der am See entlangführt, ist eine Strafe, und man muss etwa eine Meile weit über sperrige Felsbrocken kraxeln. Ich dachte, hier würde ich sie bestimmt abschütteln, aber sie war auch am anderen Ende noch hinter mir. Also durchquerte ich nun das Tal, ging zügig an der Gaststätte in Wasdale Head vorbei ins Mosedale-Tal und immer weiter, bis ich den Black Sail Pass zwischen Kirk Fell und Pillar erreicht hatte.
    Das machte insgesamt gut sechs Meilen durch ziemlich unwegsames Gelände, und sie war noch immer neben mir und ebenso wenig außer Atem wie ich. Jetzt befand ich mich in einem Dilemma. Je weiter ich ging, vor allem falls ich wie üblich von den ausgetretenen Wegen abwich, umso sicherer hätte ich sie am Hals. Aber von hier aus konnte sie den Weg, den wir gekommen waren, mühelos zurück zur Talstraße gehen, und an einem Tag wie diesem waren bestimmt jede Menge Wanderer auf dem Black Sail unterwegs, also konnte ich sie guten Gewissens sich selbst überlassen.
    Ich setzte mich und trank aus der Wasserflasche, die ich mitgenommen hatte. Sie holte eine Coladose hervor, öffnete sie und trank daraus.
    Ich sagte: »Das ist blöd.«
    »Wieso denn das?«, fragte sie, wobei sie kein bisschen beleidigt klang, sondern ehrlich interessiert.
    »Weil du die nicht wieder zumachen kannst wie eine Flasche. Du musst sie ganz austrinken.«
    »Dann trink ich sie eben aus.«
    »Und wenn du dann später wieder Durst kriegst?«
    »Dann mach ich mir noch eine auf«, sagte sie grinsend und schüttelte ihren Rucksack, bis ich mehrere Dosen gegeneinander rappeln hörte. »Willst du ’nen Schluck?«
    Sie hielt mir die Dose hin. Ich schüttelte den Kopf. Ich hätte ganz gerne was getrunken, aber aus einer Dose zu trinken, die ihren Mund berührt hatte, kam mir etwas zu vertraulich vor, wo ich doch vorhatte, sie zurückzulassen.
    Ich sagte: »Machen sich deine Mam und dein Dad keine Sorgen, wo du steckst?«
    Sie sagte: »Nein. Die denken, ich bin mit Jules und Pippa den Greendale hoch.«
    Die beiden, so erfuhr ich, waren zwei von den anderen Mädchen, die ich am

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