Rache verjährt nicht: Roman (German Edition)
Schuldspruch schien durch die Nachricht untermauert zu werden, dass Imogen die Scheidung eingereicht hatte.
Und war das nun endlich der Schlusspunkt?
Nein, Elfe, von wegen!
Schon 2008 konnten wir alle das Grollen des langsam aufziehenden Sturms hören, der die gesamte Weltwirtschaft erfassen sollte. Ich gebe zu, ich sah dem ziemlich überheblich entgegen, weil ich arroganterweise davon ausging, dass Woodcutter ausreichend gewappnet war, um ihn unbeschadet zu überstehen. Als ich aus meiner Trance erwachte, stellte ich fest, dass der Sturm mit noch größerer Wucht zugeschlagen hatte, als irgendwer vorhergesehen hatte, und dass die westliche Ökonomie am Boden lag.
Wäre ich da gewesen, hätte ich vielleicht etwas tun können, um den Schaden für Woodcutter einzugrenzen.
Oder wie die Financial Times es formulierte: »Hätte Sir Wilfreds schmuddelige Pranke noch das Ruder geführt, wäre er möglicherweise imstande gewesen, die Seetüchtigsten in seiner Piratenflotte noch in einen außergerichtlichen Hafen zu lenken, da sie jedoch führerlos in diesen aufgewühlten Gewässern trieben, gingen sie entweder mit Mann und Maus unter oder wurden von den zuständigen Steuerbehörden ins Schlepptau genommen.«
In Krisenzeiten schwingen sich Journalisten gern zu blumigen Höhen auf.
Um bei dem Bild zu bleiben, so sprangen wohl viele meiner alten Schiffskameraden über Bord und klammerten sich an das nächstbeste Treibgut, während andere sich der Beamteninvasion ergaben und ihre eigene ehrlose Haut retteten, indem sie mich ihnen auslieferten.
Ich war anfangs davon ausgegangen, dass das Betrugsdezernat die frühmorgendliche Hausdurchsuchung bei mir veranlasst hatte, und ich erinnerte mich, Toby ganz entspannt versichert zu haben, dass sie nichts finden würden.
Jetzt nahm das Betrugsdezernat meine sämtlichen Geschäftsaktivitäten haargenau unter die Lupe und stieß dabei auf jede Menge illegalen Mist. Am schlimmsten war, dass ich mich in den allermeisten Fällen nicht erinnern konnte, ob ich davon gewusst hatte oder nicht. Das Trauma des Unfalls hatte so viele Löcher hinterlassen, sowohl körperliche als auch mentale, dass auf mein Erinnerungsvermögen einfach kein Verlass mehr war. Aber Ich weiß es nicht mehr ist keine Verteidigungsstrategie, die bei einem versteinert dreinblickenden Steuerfahnder auf großes Verständnis stößt.
Dennoch, all diese Geschehnisse und Vorwürfe trafen mich längst nicht so hart wie die Nachricht, dass Imogen sich von mir scheiden lassen wollte. Und selbst damit hatte das Trauma noch nicht sein volles Ausmaß erreicht. Am nächsten Tag ereilte mich die Nachricht, dass Fred einen schweren Schlaganfall erlitten hatte, während ich im Koma lag.
Ich wollte ihn unbedingt sehen, aber ich war nicht transportfähig, selbst wenn die Polizei keine Einwände gehabt hätte. DC McLucky war in dieser Phase sehr hilfsbereit, brachte mir das Telefon und rief für mich in dem Krankenhaus im Norden an, wo Dad lag. Als er den behandelnden Arzt am Apparat hatte, reichte er mir den Hörer, und ich erfuhr, dass Dads Zustand noch immer äußerst kritisch war und sich seine Genesungsaussichten unmöglich abschätzen ließen.
Fred und ich hatten uns nach unserem Zerwürfnis wegen der Heirat allmählich wieder angenähert. Ginny spielte dabei die entscheidende Rolle. In gewisser Weise bin ich froh, dass er ihren Tod nicht mehr erlebt hat.
Damals stürzte mich die Aussicht, ihn vielleicht nie mehr wiederzusehen, in tiefe Verzweiflung.
McLucky gab sich auf seine direkte Glasgower Art alle Mühe, mich zu beruhigen. Er erkundigte sich über das Krankenhaus und erfuhr, dass es die vielleicht beste Schlaganfallstation in ganz Nordengland hatte, dass Fred als Privatpatient dort lag und die Kosten von niemand Geringerem als meinem guten alten Schwiegervater Sir Leon übernommen wurden. Es war eine eigentümliche Ironie des Schicksals, dass ihr gemeinsamer Widerstand gegen unsere Heirat ihr gutes aber distanziertes Arbeitsverhältnis in fast so etwas wie Freundschaft verwandelt hatte und dass Fred es endlich vom Oberforstwart zum leitenden Gutsverwalter gebracht hatte.
Mehrere Tage lang konnte ich an nichts anderes denken als an meinen kranken Vater und meine Noch-Ehefrau. Und zum Denken hatte ich reichlich Zeit, weil ich abgesehen vom Krankenhauspersonal und DC McLucky keine Menschenseele sah.
Wie gesagt, ich war nie ein besonders geselliger Zeitgenosse, und als ich reich und mächtig geworden war, stand ich
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