Rache zum Dessert (German Edition)
richtig ausgerichtet stand, ein. Weitere Aufträge folgten in regelmäßigen Abständen.
Dass ihre Racheagentur innerhalb kürzester Zeit so gut lief, hatte wirklich niemand erwartet. Am allerwenigsten Theresa selbst.
Was Theresa jedoch am meisten begeisterte, war die Tatsache, dass sie endlich das ausleben konnte, was ihr am meisten lag: das Schauspielern.
Manchmal war sie als frustrierte geschiedene Frau unterwegs oder umgarnte das Opfer als verängstigtes, schüchternes Mädchen. Dann war sie wieder toughe Businessfrau oder ein Luder auf der Suche nach einem schnellen Abenteuer. Sie war Treuetesterin, Racheengel und Lolita. Und den morgendlichen Kick bekam sie immer dann, wenn sie ihren Computer hochfuhr. Sven machte sich wirklich gut als Bildschirmschoner. Vielleicht sollte sie ihm einmal ein Dankesschreiben zukommen lassen. Schließlich hatte sie ihren beruflichen Erfolg doch ihm zu verdanken.
Luisa und Karl saßen oft bei ihr im Büro und manchmal übernahm Karl das Telefon, wenn mal wieder die Drähte glühten. Wer hätte das gedacht: Männer, die ihre Frauen betrügen und Frauen, die auf Rache aus waren, gab es wie Sand am Meer.
Gespannt hörte Theresa nun der vor ihr sitzenden Frau zu. Frau von Halderstedt war Anfang vierzig mit kurzem brünettem Haar, was ihr schon fast etwas Androgynes gab. Die zarten Gesichtszüge wirkten zerbrechlich und ihre blauen Augen lagen tief in den Höhlen. Theresa wusste nicht recht, ob ihr dieser Kontrast gefiel oder nicht. Irgendwie hatte sie das Gefühl, dass diese Frau zwar mit beiden Beinen im Leben stand, aber mit dem kleinsten Hauch umzublasen war.
Vorsichtig fragte Theresa die genaueren Umstände ihres Kommens ab.
„Nun, ich bin zwar keine Leuchte in Mathe. Aber Eins und Eins kann ich immer noch zusammenzählen“, plauderte Frau von Halderstedt drauf los.
Fragend sah Theresa sie an.
Frau Halderstedt zuckte die Schulter. „Ich kenne sein Verhalten von früheren Malen.“
Die Emotionslosigkeit, mit der sie dies sagte, überraschte Theresa. „Ihr Mann geht öfter fremd?“
„Ja“, gab sie in einem Ton zu, als wäre lediglich ihre Einkaufstüte gerissen. „Das erste Mal war, glaube ich, vor zehn, oder sind es vielleicht doch schon elf Jahre?“ Leicht legte sie den Kopf schräg, um darüber nachzudenken. „Zehn Jahre, Timothy unser Sohn, war gerade eingeschult worden. Ach herrje, wie die Zeit vergeht.“
Theresa musste lächeln. Mütter messen Zeit gerne nach den besonderen Ereignissen, die sie mit ihren Kindern durchlebt haben. Bei ihrer Mutter war es genauso gewesen. Sie erinnerte sich, dass der erste Familienurlaub war, als Theresa gerade die ersten Schritte gemacht hatte. Also vor 27 Jahren. Den letzten gemeinsamen Familienurlaub hatten sie gemacht, als Theresa den ersten Kuss von dem Nachbarsjungen bekommen hatte. „Ich kann mich noch gut daran erinnern“, sagte ihre Mutter, „du hast gerade deinen ersten Kuss bekommen. Das war also vor 15 Jahren.“ Peinlich wurde es nur, wenn ihre Mutter Theresas erstmalige Periode als Rechenhilfe zurate zog.
Für sie war das einprägsamste Erlebnis ihrer Kindheit jedoch der Tag gewesen, als sie ihren Vater mit einer anderen Frau gesehen hatte. Es war der Tag gewesen, als sie ihr Mofa bekommen und eine ausgiebige Spritztour gemacht hatte. Über Stunden war sie danach nicht nachhause zurückgekehrt und Mutter war krank vor Sorge gewesen.
Mehr als zwei Jahre war sie schon tot. Luisa tat es leid, dass sie nie mehr über das Warum und Weshalb erfahren hatte. Dennoch schmunzelte Theresa nun in sich hinein. Ihre Mutter hatte die Scheidung nämlich nie als ein eigenständiges Erlebnis ihres Lebens betrachtet, sondern nur mit der Angst um ihre Tochter verknüpft.
„Und jetzt hat er also wieder eine Affaire. Wie haben Sie es bemerkt?“, hakte Theresa nach.
Es war faszinierend, wie viele Frauen diese Frage mit ihrem Bauchgefühl erklärten. Hatten Frauen wirklich so ein gutes Gespür, oder lag es einfach daran, dass Männer so schlechte Schauspieler sind?
Viele Affairen kamen aber auch wegen kleiner, banaler Fehler heraus. Mails oder SMS, die nicht gelöscht wurden. Zettelchen, die sich in Hosentaschen tummelten. Fremde Gerüche und Lippenstiftreste am Hemd, oder eine Kondomverpackung, welche in die Seitentasche eines Koffers gerutscht war. Selbst Affairen, die durch eine
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