Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)
der weichen roten Chaiselongue gelegen, die am Fenster stand.
»Ich … Leo hat mich gestern angerufen.« Sie hatte nicht damit gerechnet, dass Amber so reagieren würde, und sie musste zugeben, dass es sie … überraschte. »Deine Schwester hat eine Chance verdient, Liebes. Sie hat eine Menge durchgemacht.«
»Sag mal, wovon redest du überhaupt?« Amber presste sich ein Kissen an den Körper. »Du warst doch diejenige, die mir gesagt hat, ich müsste den Kontakt zu ihr abbrechen! Du hast mich veranlasst, diese Äußerung über sie an die Presse zu geben.«
Margaret versteifte sich. Sie betrachtete ihre jüngere Tochter, ohne zu wissen, was sie sagen sollte. Ja, sie hatte das alles getan. Ja, sie hatte sich von ihrer eigenen Tochter abgewandt, immer wieder, ihr ganzes Leben lang. Und sie konnte Amber nicht sagen, warum. Sie konnte keiner von beiden jemals die Wahrheit sagen.
»Ich behaupte ja nicht, dass sie perfekt ist«, sagte sie und suchte verzweifelt nach den richtigen Worten. Ungebeten strömten die Erinnerungen an Chelseas hysterische Stimme nach dem Drogenskandal auf sie ein, und sie hörte sie wieder weinen und um Trost betteln … Und sie hatte sie zurückgestoßen! Ja, sie war wütend auf Chelsea gewesen. Aber sie war wütend auf Chelsea, seit sie zur Welt gekommen war. Und warum? Das Mädchen konnte doch nichts dafür.
Aber nachdem es in England zu dem Skandal gekommen war, hatte sie das schützen müssen, was sie und Amber sich hier aufgebaut hatten. Wenn sie es ganz leidenschaftslos betrachtete, musste sie Amber als Produkt bezeichnen und Chelsea als Störfaktor in der Vermarktung. Gewöhnlich gelang es ihr, leidenschaftslos zu denken, doch mittlerweile belastete es sie zunehmend.
In den Tagen und Wochen nach diesem Telefonat hatte sie Chelsea nicht erreichen können; sie war fast wahnsinnig geworden! Chelsea war komplett verstummt – keine Anrufe, keine E-Mails, gar nichts. Die Situation war nicht mehr unter Margarets Kontrolle gewesen, und schließlich hatte sie sich gesagt, dass Chelsea eben nicht zu kontrollieren war. Man musste sie in Ruhe lassen; Chelsea konnte sich nur selbst helfen. Amber war ein braves Mädchen, gehorsam und still, Chelsea dagegen war unberechenbar.
Zwei Tage und Nächte waren damals verstrichen, ohne dass sie etwas von Chelsea gehört hatte, und Margaret hatte in ihrer Wohnung, zehn Minuten Autofahrt von Amber entfernt, nicht eine Minute geschlafen. Sie war sich sicher gewesen, dass Chelsea erneut einen Autounfall gehabt hatte, dass sie tot war, dass sie irgendwo lag und langsam starb; vor Angst und Panik war Margaret außer sich gewesen.
Und dann hatte nach drei Tagen ausgerechnet dieser verdammte Derek angerufen, um ihr mitzuteilen, dass es Chelsea gutging und er ihr eine Arbeit verschaffen würde. Dieser verflixte Kerl … Margaret runzelte die Stirn. Konnte er nicht in der Vergangenheit bleiben, wo er hingehörte? Ja, okay, sie war immens froh gewesen, von ihm zu hören, aber das war schnell wieder erledigt. Sie konnte ihn nicht abschütteln. Er war wie eine Kakerlake, die man unmöglich einfach zertreten konnte.
»Hör mir zu, Amber. Ich habe mit ihr gesprochen«, sagte Margaret und kämpfte sich wieder in die Gegenwart. »Sie ist am Boden zerstört, dass du so wütend auf sie bist. Ich denke nicht, dass sie auch nur eine Sekunde daran geglaubt hat, die Rolle zu kriegen …«
»Und warum hat sie dann dafür vorgesprochen?«, brüllte Amber. Erschrocken versuchte Margaret, sie mit einem Zischen zum Schweigen zu bringen. Chelsea war drüben im Gästehaus; sie hatte sie gesehen.
»Ich wollte diese Rolle unbedingt, und das weißt du!« Amber schrie nun fast. Sie hatte seit vielen, vielen Jahren nicht mehr die Fassung verloren, aber jetzt reichte es. Das, was sie momentan für Chelsea empfand, kam Hass sehr nahe, und so hatte sie sich noch nie gefühlt – jedenfalls nicht mehr, seit Chelsea damals die Rolle der Roxy bekommen hatte und sie nicht! Sie schüttelte den Kopf. »Was jetzt, Mum?« Sie streckte hilflos die Hände aus. »Ich weiß nicht weiter.«
»Wir reden mit Leo.« Margaret nickte. Noch immer hatte sie grenzenloses Vertrauen in Leo Russell. »Er wird es erklären können. Es gibt sicherlich einen Grund, warum er Chelsea für die Rolle will, da bin ich mir sicher.«
Plötzlich packte Amber eine klamme Furcht. Sie glaubte, den Grund zu kennen, auch wenn sie ihn nicht aussprechen wollte. »Es ist, als ob sie mein Leben übernimmt«, flüsterte
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