Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)
Filme in Sicht. Sie nahm an, dass er von dem Skandal mit Leo und Chelsea gehört hatte, aber er sprach das Thema nicht an, und dafür war sie dankbar. All das schien ohnehin tausend Meilen entfernt.
Stattdessen fragte Matt sie nach ihrer Kindheit, wie es in England gewesen war. Matt kam aus Queens, einem Stadtteil New Yorks. Sein Vater war LKW-Fahrer, seine Mutter Lehrerin, ehrbare, gute Menschen mit wenig Geld. Sie liebten die Musik der Sechziger, den Rock ›n’ Roll, und diese Liebe hatten sie an beide Söhne weitergegeben. Matt war mit Musik aufgewachsen, und sobald er alt genug war, fuhr er heimlich nach Manhattan in die Clubs, sah sich die Bands an, hörte die Alben, nahm aus dem Radio auf … Sein Traum war es immer gewesen, etwas mit Musik und Musikern zu machen, und er hatte ihn sich erfüllt.
»Viele Leute glauben, ich hätte einen Schickimicki-Job gewählt, weil es um Prestige und Macht geht«, sagte er. Sein Gesicht wirkte im Mondlicht sehr ernst. »Aber für mich ist dieser Job einfach das, was ich immer machen wollte, was meine Eltern mir zu lieben beigebracht haben. Ich komme aus Queens, es ist kein weiter Weg bis Manhattan, und dass ich nun dort bin, kommt mir wie die logische Konsequenz vor – wissen Sie, was ich meine? Geht es Ihnen mit der Schauspielerei nicht auch so?«
Amber schlenderte neben ihm her, die Ledersandalen in der Hand. Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar, um nicht gleich antworten zu müssen. Und plötzlich hatte sie Lust, ihm die Wahrheit zu sagen, ihm ihr kleines, unglaubliches Geheimnis zu verraten.
»Ehrlich gesagt«, begann sie langsam, »habe ich nie wirklich Schauspielerin sein wollen.«
»Was? Aber warum sind Sie es dann geworden?«
Amber zuckte die Schultern. »Ich glaube, ich wollte es den anderen recht machen.«
»Das wäre allerdings sehr traurig.«
Am liebsten hätte sie gelacht, so ernst klang er. »Ich fühle mich nur dann wirklich lebendig, wenn ich singe«, fuhr sie fort. »Das ist es, was ich wirklich liebe.«
Eigentlich hätten Blitz und Donner ihre ketzerische Enthüllung begleiten müssen, fand sie, aber nichts dergleichen geschah.
»Dann sollten Sie unbedingt singen«, sagte er nach einem Moment. »Amber …«
»Ja?«, fragte sie, bemüht, nicht zu eifrig zu klingen.
»Würden Sie über etwas nachdenken?«
»Ähm … ja?«
»Würden Sie vielleicht in Erwägung ziehen, nach New York zu kommen?«
»Nach New York?«
»Na ja, um ein paar Songs aufzunehmen, um auszuprobieren, ob wir zwei vielleicht zusammen etwas machen können.« Er sah sie eindringlich an. »Heute Abend hatte ich das Gefühl … nun ja, Sie haben gesungen, ich habe gespielt, und mir kam es vor, als ob die Chemie zwischen uns stimmte.« Er räusperte sich und sah verlegen zur Seite. Sie spürte, dass sie errötete. Er war so aufrichtig, so ernsthaft – auch lustig und cool und lieb, aber vor allem aufrichtig. »Ich wohne in Tribeca, und um die Ecke ist ein Studio. Wir könnten einfach ein bisschen rumprobieren, mal sehen, was geschieht …« Er wandte sich wieder Amber zu, die langsam nickte, und ein Grinsen erschien auf seinem Gesicht. »Und? Was denken Sie?«
Musik machen. Mit Matt. Singen. Durch Manhattan streifen, tun, wozu sie Lust hatte.
»Das … das wäre ganz …«, begann sie.
Dann fiel es ihr wieder ein.
»Ich kann nicht.«
Matt, der sie erwartungsvoll lächelnd angesehen hatte, zog die Brauen zusammen. »Sie können nicht?«
»Nein, leider.« Amber blieb stehen und bohrte die Zehen in den Sand. »In L. A. gibt es ein paar Dinge, um die ich mich kümmern muss.«
»Ach, kommen Sie«, sagte Matt. »Das können Sie auch von New York aus tun, oder?«
Amber dachte an die vergangenen Jahre. Zehn Jahre, in denen man ihr ihre Identität genommen und Leo sie betrogen hatte, in denen Chelsea ihr nicht nur die Rolle ihres Lebens, sondern auch ihren Freund, ja, praktisch ihr ganzes Leben gestohlen hatte. Oh, sie hatte es zugelassen, sie hatte sich zum Narren halten lassen. Und wieder dachte sie an die Miene ihrer Schwester an jenem letzten Abend, als sie miteinander gesprochen hatten. Chelsea hatte sie verächtlich angesehen, aber auch mitleidig.
Sie war nach Mexiko gekommen, um sich eine Auszeit zu nehmen. Und einen Plan auszuarbeiten. Einen Plan, um sich zu rächen.
Und Rache wollte sie immer noch. Sie spürte, wie der Zorn sie überspülte wie die Wellen den Strand, und der Zorn war umso stärker, weil er so lange unterdrückt worden war.
»Es tut mir
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