Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)
Ihre wilde Feierlust und die Gerüchte, dass der Ruhm ihr zu Kopf gestiegen ist, sind hinreichend bekannt, und natürlich stellt sich jeder in der Filmbranche die Frage, ob es ihr gelingen kann, aus Roxys Schatten herauszutreten. Ist Chelsea Stone ein echtes Talent oder nur ein weiterer Kinderstar, der verheizt wurde und zu schnell ausgebrannt ist? Nun, die Zeit wird es zeigen …
»Mach es noch mal, Chelsea.«
»Okay, okay.« Chelsea räusperte sich und versuchte, den pochenden Schmerz in ihrem Kopf zu ignorieren. Sie fühlte sich entsetzlich, und es wunderte sie, dass es offenbar keiner merkte. Sah niemand, dass sie schwitzte? Dass ihr der Alkohol aus allen Poren zu dringen schien?
»Fertig?«
Ach, verdammte Scheiße. Und wenn schon. »Ja. Herrgott, lass es uns endlich hinter uns bringen.«
Sie waren am Set für das Haus der Jones, und Gary, der ihren kleinen Bruder Bags spielte, saß auf dem abgewetzten Sofa. Beim Start der Serie hatte man es künstlich auf alt getrimmt, doch inzwischen war es schlichtweg abgenutzt, da die Crew nicht nur zum Drehen daraufgesessen hatte, sondern häufig auch danach, wenn die Bier- und Weinflaschen geöffnet worden waren und man das Ende des Drehtags gefeiert hatte. Fast hätte Chelsea auf diesem Sofa auch ihre Jungfräulichkeit an den Regieassistenten Paul verloren, als sie im vergangenen Sommer die vierte Staffel beendet hatten … Später hatten sie es dann doch noch gemacht, und zwar im Requisitenschrank.
Und nun war es beinahe vorbei. Chelsea blickte ein weiteres Mal auf das zerfledderte Manuskript. Sie rutschte ungeduldig hin und her und blinzelte heftig, um das Gefühl zu unterdrücken, das sich hartnäckig in ihr breitzumachen versuchte, während die Maskenbildnerin Garys glänzende Nase abpuderte. Die Riemen der Schuhe schnitten in ihre aufgeschwemmten Füße. Schweiß sammelte sich zwischen ihren vollen Brüsten. Ihr war flau. Simon hob die Hand.
»Action.«
BAGS (schaut beunruhigt auf) » Was hast du gesagt?«
ROXY »Ich habe gesagt, dass Roxy Jones vielleicht langsam ihr eigenes Leben leben sollte. Von hier weggehen sollte und die Welt sehen …«
Ihr Blick schweift ab, geht ins Leere.
BAGS »Das ist nicht dein Ernst.«
ROXY »Doch. Die Schule ist vorbei, und es war vielleicht nicht immer toll, aber doch eine verdammt gute Zeit. Jetzt ist es aus, und weißt du was? Ich hab’s satt, wie ein Kind behandelt zu werden. Ich bin fast eine Frau. Und ich will sehen, was die Welt für mich bereithält.«
BAGS (zögernd) »Du wirst uns fehlen, Rox.«
ROXY »Und du mir auch, Bags. Ich liebe dich, das weißt du, nicht wahr? Aber, na ja … (Bricht ab, hebt trotzig das Kinn) Pass auf, Welt, hier kommt Roxy Jones.«
ENDE
»Das war’s!«, erklang Simons Stimme aus der Dunkelheit. »Absolut großartig.«
»Gott, sie ist echt gut«, murmelte einer der Regieassistenten. Paul war ein paar Monate nach der Affäre entlassen worden … nachdem herausgekommen war, dass er BBCs kostbarsten – und launischsten – Kinderstar entjungfert hatte. »Nicht wahr? Tolle Schauspielerin.«
»Ja, sie ist gut.« Simon nahm den Kopfhörer ab und schüttelte den Kopf. »Ja, verdammt, wirklich.« Und in Gedanken fügte er hinzu: Aber das war keine Schauspielerei. Das war die echte Chelsea.
Er begann zu klatschen, als er an den Kameras vorbeiging, ins helle Scheinwerferlicht trat und sich vor die zitternde Chelsea stellte. »Du bist durch, Chelsea, Liebes. Und es ist Zeit, dem Kater die Aufmerksamkeit zu widmen, die er verdient.«
»Du bist doch schuld daran, Simon«, sagte Chelsea. Ihre Stimme klang gedämpft an seiner Schulter, als er sie in die Arme zog.
»Wer war denn diejenige, die den Absinth trinken musste?« Simon drückte sie an sich. »Dafür kannst du leider nur dich selbst verantwortlich machen.«
»Lass mich in Ruhe«, murrte sie und machte sich von ihm los. In letzter Zeit vertrug sie Kritik immer schlechter, wie ihm aufgefallen war. Er verkniff sich ein Grinsen. Sie sah wirklich ziemlich fertig aus: Ihr Haar war für ihre Rolle extra zerwühlt worden, das Make-up dick unter den grellen Scheinwerfern, aber aus der Nähe war zu sehen, dass sie darunter blass war und dunkle Schatten unter den Augen hatte. Hautunreinheiten blühten auf ihren Wangen.
Es war nicht ihr erster Kater. Für eine Neunzehnjährige hatte Chelsea Stone bereits eine Menge Erfahrungen in diesen Dingen. Simon konnte nicht umhin, sich zu fragen, was noch alles kommen würde.
Simon Moore hatte
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