Rache: Zwei Schwestern. Ein Traum. Die Stärkere gewinnt (German Edition)
vor ihm bückten und sich vögeln ließen, bis er aufschrie. Bei aller Ekstase, bei all der Lust, die er empfand, war er entsetzt, wie jung sie waren, wie gelangweilt, wie gleichgültig. Und wie falsch sich alles anfühlte. Manchmal hätte er wirklich am liebsten nur mit ihnen geredet, aber dann zeigten sie ihre Verachtung sogar noch unverhohlener: Sie wollten nur das Geld, sie wollten sich nicht mit diesen traurigen verheirateten Männern mittleren Alters abgeben, die so jämmerliche Doppelleben führten.
Also hatte George sich etwas geschworen. Nie wieder. Es war so leicht, sich zu holen, was er haben wollte, wenn er allein war, und das musste nun aufhören.
Entweder er war mutig, verließ Margaret und lebte das Leben, das er wollte, oder er blieb ein Feigling, führte seine Weybridge-Existenz weiter und tröstete sich mit seinen Töchtern, seiner Arbeit und seinem schönen Zuhause.
Er hatte die zweite Möglichkeit gewählt. Und dabei würde er bleiben. Jawohl.
Und dann sah er ihn.
Er stand am Straßenrand. An einem Rastplatz, wo er, wie er aus Erfahrung wusste, in den Büschen am Rand schwitzend und grunzend anonymen, schweigsamen Sex haben konnte, der ihm noch Wochen danach allein bei dem Gedanken daran einen Ständer verschaffen würde. Es war inzwischen dunkel geworden, und die Gestalt am Straßenrand war kaum noch auszumachen, doch das weiße T-Shirt blitzte im Scheinwerferlicht auf, und George riss erschreckt das Steuer herum.
Er fuhr rechts heran, ließ den Kopf aufs Lenkrad sinken und sah dann auf. Beinahe hätte er vor Erleichterung gelacht. Der Bursche war nicht sein Typ, fast noch ein Teenie, die Augen riesig und ängstlich, das Gesicht verschmiert mit Schmutz und Tränen.
»Hey«, rief er und stieg aus seinem Mercedes. »Wegen dir habe ich fast einen Herzanfall bekommen. Ist alles okay mit dir?«
Chelsea hatte Mühe, sich zu konzentrieren. Sie wusste, dass ihr Portemonnaie hier irgendwo sein musste, aber sie konnte es nicht finden. »Lanagastahro«, rief sie.
»Meine Süße, ich verstehe kein Wort von dem, was du sagst.« Der Taxifahrer stand nicht auf betrunkene Fahrgäste. »Entweder du sagst mir jetzt, wohin du willst, oder du steigst wieder aus. Kapiert?«
»Lanagastahro!«, wiederholte Chelsea lauter. »Geht von Ladrook Gr…« Sie prallte gegen die Sitze, als das Taxi um eine Ecke fuhr. »Ging’s auch ›n bisschen langsamer?«, fragte sie barsch. »Sie fahren verdammt schnell.«
»Meinst du Lancaster Road, die vom Ladbroke Grove abgeht?«, fragte der Taxifahrer. »Falls ja, dann sag es, andernfalls kannst du zu Fuß gehen, okay?«
Blöder Wichser. »Ja, die meine ich. Danke.«
Der Taxifahrer grummelte vor sich hin, und Chelsea ließ sich erschöpft gegen die Rückbank sinken. Sie war schon wieder betrunken, betrunkener, als sie hatte sein wollen, aber wenigstens war sie nicht die Einzige. Die ganze Crew hatte ihren Kummer in einem Pub in einer Seitenstraße von Shepherd’s Bush, in der Nähe der White City Studios der BBC, ertränkt. So viele Stunden hatte sie in diesen Studios verbracht, war dort förmlich erwachsen geworden – und nun war alles vorbei.
Das Taxi krachte über die Schwellen in der Straße; sie war sicher, dass der Fahrer es mit Absicht tat. Chelsea blickte aus dem Fenster auf die anonymen Häuserreihen, um sich von der drohenden Übelkeit abzulenken. Ihre Mum hatte hier irgendwo in einer winzigen Wohnung gewohnt, als sie nach London gekommen war, und Chelsea überlegte, wo es wohl gewesen sein mochte. Sie wusste wenig über ihr Mutter: Sie sprach praktisch nicht über ihre Vergangenheit. Chelsea wusste nur, dass sie hier gewohnt hatte, als sie ihrem Dad begegnet war, und dass sie anschließend innerhalb eines Jahres verheiratet gewesen waren, denn ihre Mutter war mit ihr schwanger gewesen. Chelsea hatte den Gedanken immer köstlich gefunden, dass ihr seriöser alter Herr nichts Eiligeres zu tun gehabt hatte, als der hyperkorrekten, steifen Margaret Michaels ein Baby anzudrehen. Aber irgendwie war es auch fast nicht zu glauben.
Sie fuhren in die Stadt zurück, Richtung Ladbroke Grove. Chelsea fühlte den billigen Weißwein, den sie den ganzen Abend getrunken hatte, in ihrem Magen – den Wein und den Tequila, den sie mit Brian, dem Kerl von der Requisite, und Gary getrunken hatte. Gary, der verdammte Loser, der nun, da er nicht mehr ihren Bruder spielen musste, die Finger nicht von ihr lassen konnte. Sie hatte ihm gesagt, dass er sie in Ruhe lassen sollte,
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