Rache
überschlug sich Sherry mehrmals, bis sie liegen blieb und sich mühsam aufrappelte.
Die Beifahrertür stand weit offen, und Toby hatte immer noch einen Arm nach draußen gestreckt, als wäre er im Akt des Festhaltens erstarrt. »Steig wieder ein«, zischte er mit leiser, aber harter und abgehackter Stimme. »Sofort!«
Sherry richtete sich vollständig auf.
Die vier nach Osten führenden Fahrspuren des Venice Boulevard waren leer bis auf Tobys Wagen. Erst in weiter Entfernung konnte Sherry die Scheinwerfer von drei Autos entdecken.
Auf der anderen Seite des Mittelstreifens rauschte ein Wagen vorbei.
Sherry sah die Silhouetten der Gäste in der Nacho Casa. Wenn sie es bis dorthin schaffte, war sie vermutlich in Sicherheit. Aber das Restaurant lag auf der anderen Stra ßenseite.
Über die nach Westen führenden Fahrspuren zu laufen, wäre eine Kleinigkeit gewesen - kein Verkehr weit und breit - hätte sie dazu nicht erst einmal an Tobys Wagen vorbeigemusst.
»Sherry!«, schrie Toby. »Steig sofort wieder ein!«
»Hau ab und lass mich in Ruhe!« Sie rannte los, um hinter dem Wagen vorbei zu kommen.
Die Rückfahrscheinwerfer gingen an.
Der Wagen machte einen Satz nach hinten.
Sie fragte sich, ob sie es wohl schaffen würde.
Dann sah sie, dass ihr nichts anderes übrig blieb. Selbst wenn es ihr gelänge, dem Heck des Wagens durch einen Sprung nach hinten auszuweichen, würde sie die weit geöffnete Beifahrertür bestimmt erwischen.
Versuch’s!
Sie rannte, so schnell sie konnte.
Los-los-los!
Jetzt war sie direkt hinter dem rückwärts rasenden Wagen.
Schnell!
Der Wagen kam immer näher. Sherry sah sich schon mit zerschmetterten Knochen platt auf der Fahrbahn liegen, sah, wie Toby sie aufhob und zurück zum Auto trug.
Die Reifen quietschten.
Der Wagen hatte sie verfehlt.
Ich habe es geschafft!
Die Fahrertür wurde aufgerissen und kam rasend schnell auf sie zu.
Nein!
Sie sprang auf den Mittelstreifen und spürte, wie dabei etwas ihren rechten Fuß streifte. Die Tür? Der Schlag riss ihr die Füße weg und schleuderte ihren Körper zur Seite. Auf der anderen Seite des betonierten Mittelstreifens überschlug sie sich mehrmals und rutschte über den Asphalt, dann rappelte sie sich hoch und fing an zu rennen. Ihr rechter Fuß schmerzte, aber nicht schlimm.
Obwohl ihr der ganze Körper wehtat, versah er seinen Dienst. Sherry schätzte, dass ihr nicht mehr passiert war als bei einem Sturz vom Fahrrad.
Ein paar Prellungen und Abschürfungen.
Die werde ich überleben.
Während sie über die Fahrspuren rannte, drehte sie den Kopf nach hinten und sah, wie Tobys Wagen auf die Kreuzung zuraste.
Er will wenden!
Vom Osten her näherten sich andere Fahrzeuge der Kreuzung - es waren drei, gestaffelt wie ein Geschwader Jagdflugzeuge, das ihr zur Hilfe kam.
Die Linksabbiegerampel vor Toby stand auf rot.
Die Bremslichter seines Wagens flammten auf, und mit quietschenden Reifen hielt er an.
Die drei anderen Autos näherten sich rasch.
Während Sherry auf den Randstein zurannte, überlegte sie sich, ob sie nicht eines von ihnen anhalten sollte.
Sieh erst mal zu, dass sie dich nicht überfahren.
Kaum hatte sie die Standspur erreicht, da rauschte auch schon das erste der Autos an ihr vorüber, und bevor sie sich umgedreht hatte, hatten die beiden anderen sie ebenfalls passiert.
Hat denn keiner gesehen, dass ich Hilfe brauche?
Tobys Wagen schob sich in die Kreuzung und wendete mit laut kreischenden Reifen.
Sherry rannte auf das Nacho Casa zu.
Während Toby heranraste, erreichte sie die Eingangstür des Restaurants.
Geschafft!
Sie packte den Türgriff und zog. Die Tür öffnete sich, als Tobys Wagen am Randstein vor dem Lokal zum Stehen kam.
Sie ging hinein.
Aus dem Wind und der Hitze in die klimatisierte Helligkeit und den würzigen Geruch nach mexikanischem Essen.
Hinter der Tür blieb Sherry stehen und schaute durch die großen Fenster nach draußen. Tobys Wagen stand noch immer mit eingeschalteten Scheinwerfern am Randstein. Aber Toby stieg nicht aus.
Er traut sich nicht hereinzukommen.
Kein Wunder, sagte sie sich. Wenn er mir hier drinnen was tun will, werden es all die Leute sehen.
All die Leute?
Mit Mühe löste Sherry den Blick von Tobys Wagen und ließ ihn durch das Restaurant wandern.
Die meisten Tische waren leer.
Er!
Er saß zwar an einem anderen Tisch, aber Sherry war sich sicher, dass es derselbe Mann war, den sie bei ihrem ersten Besuch hier gesehen hatte - der unheimliche,
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