Rache
aufglimmen.
Der fragt sich bestimmt, warum ich nicht weglaufe. Und vielleicht fragt er sich auch, was ich hinter meinem Rücken habe.
Aber Sids Unsicherheit währte nur den Bruchteil einer Sekunde, dann gewann sein Selbstvertrauen wieder die Oberhand. Was konnte dieses abstoßende Stück Scheiße schon gegen ein Wunder an Kraft und Beweglichkeit wie ihn ausrichten?
Wutschnaubend und mit geballten Fäusten ging Sid auf seinen Bruder los.
Toby riss die Bohrmaschine hinter seinem Rücken hervor, drückte den Einschaltknopf und ließ den Elektromotor aufheulen, bevor er den Holzbohrer in Sids linkes Auge stach.
Sid kreischte laut auf vor Schmerz und krachte mit voller Wucht gegen Toby.
Toby stürzte rückwärts zu Boden. Sid fiel auf ihn.
Der Bohrer steckte immer noch in seinem Auge.
Tobys Zeigefinger war immer noch auf dem Schalter der Bohrmaschine.
Eine glibberige Masse spritzte, vom rasenden Bohrer herumgewirbelt, auf Tobys nur wenige Zentimeter entferntes Gesicht.
Sid schrie wie am Spieß und zappelte so sehr, dass Toby die Maschine nicht ruhig halten konnte. Der Bohrer wanderte hin und her und räumte nach und nach die ganze Augenhöhle aus. In Sekundenschnelle war Sids Auge verschwunden. Das Blut, das aus der Wunde schoss, rann über die Bohrmaschine auf Tobys Hand und tropfte hinunter auf sein Gesicht.
Sein Zeigefinger wurde dabei so glitschig, dass er vom Knopf abglitt. Die Bohrmaschine ging aus.
Sid, der immer noch auf ihm lag, zitterte am ganzen Körper und wimmerte leise.
Toby zog den Bohrer langsam aus Sids leerer Augenhöhle.
»Na, wie hat dir das gefallen?«, fragte er.
Sid gab keine Antwort.
»Ich habe dich was gefragt«, sagte Toby.
Sid antwortete nicht, sondern wimmerte weiter vor sich hin, während sein ganzer Körper zuckte.
»Was ist los? Hast du Watte in den Ohren?«
Ohne auf eine Antwort zu warten, steckte Toby den Bohrer in Sids linkes Ohr. Dann schaltete er die Maschine ein. Als sie aufheulte, übte er langsam Druck aus. Der Bohrer verschwand.
Sid kreischte und schlug wild um sich.
41
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»Wie ist denn das passiert?«, fragte Pete, während er die Wunde an Sherrys Schläfe mit Wasserstoffperoxid abtupfte.
»Er muss mich wohl geschlagen haben.«
»Was du nicht sagst.«
»Zuerst dachte ich, er hätte mich erschossen …«
Pete machte Platz für Jeff, der mit einem Tropfen grauer antibiotischer Salbe auf dem Zeigefinger an Sherry herantrat.
Als er ihr die Salbe auf die Wunde strich, zuckte Sherry zusammen.
»Sei vorsichtig«, warnte Pete.
»Geht schon«, sagte Sherry.
Pete, der vor ihr in die Hocke gegangen war, nahm einen frischen Wattebausch, tränkte ihn mit Wasserstoffperoxid und näherte sich damit Sherrys Gesicht.
»Es ist wohl besser, ich stehe auf«, sagte sie. »Dann geht’s leichter.«
»Ja, sehr gute Idee«, sagte Pete und richtete sich wieder auf.
Sherry umklammerte die Armlehnen ihres Stuhls. Dann drückte sie sich langsam hoch und machte zittrig wie eine alte Frau einen Schritt nach vorn. »Leichter gesagt als getan«, sagte sie mit einem schiefen Lächeln.
»Alles in Ordnung?«, fragte Pete.
»Ja. Ihr könnt weitermachen.«
»Dann wollen wir mal«, sagte Jeff, der ein weiteres Tütchen mit Salbe aufgerissen hatte.
Das ist nicht fair, dachte Pete. »Hey Jeff«, sagte er, »Warum machen wir beide nicht erst alle ihre Wunden sauber und schmieren dann gemeinsam die Salbe drauf?«
»Aber es ist doch viel praktischer, wenn du die Wunden erst abtupfst und ich sofort das Zeug hier drauf tue. Das läuft dann wie am Fließband.«
Mistkerl.
Fang jetzt bloß nicht an, mit ihm zu streiten, dachte er, sonst reimt sich Sherry noch zusammen, warum du ihr die Salbe auf die Haut schmieren willst.
»Das ist ein Zwei-Stufen-Prozess«, sagte er.
»Ganz genau. Du bist für die erste Stufe zuständig, und ich für die zweite.«
Mist.
Andererseits, sagte sich Pete, komme ich so vor ihm an all die guten Stellen.
»Wie du meinst«, sagte er. »Ich habe kein Problem damit.«
Pete trat auf Sherry zu und tupfte ihr mit dem Wattebausch nacheinander die Wunden im Gesicht ab, und Jeff arbeitete mit der Salbe nach.
Er berührt sie mit seinen Fingern, der Bastard.
Pete musste sich zwingen, keine Aversionen gegen seinen Freund aufzubauen.
Dabei wohnt Jeff nicht einmal hier. Wenn er mich heute Vormittag nicht überfallen hätte, hätte ich jetzt Sherry ganz allein für mich.
Das Blöde ist nur, dass Jeff sie gefunden hat. Wenn er nicht den Unsinn mit meinem Buch
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