Racheakt
sein Opfer noch ein ganzes Stück getragen.«
»Trauen Sie uns doch mal was zu, Herr Nachtigall, lächelte sie und meinte dann: »Hier, ich gebe Ihnen jetzt noch die Adresse seines Hausarztes. Er wird bestätigen können, dass bei Herrn Grabert der Antrieb insgesamt gedämpft ist, nicht nur in sexueller Hinsicht – er ist ständig müde und muss sich zu kleinsten Verrichtungen des Alltags, wie zum Beispiel einkaufen, mühsam überwinden. Ich bin sicher, dass er mit dem Mord an diesem Mädchen nichts zu tun hat. Sie haben Ihren Täter noch nicht. Während Sie hier mit mir sprechen, läuft da draußen ein psychopathischer Mörder frei rum, der jederzeit ein neues Opfer finden könnte. Beeilen Sie sich lieber und machen Sie endlich Ihren Job – dafür werden Sie schließlich vom Steuerzahler bezahlt.«
An der Haustür quetschte sich ein großer, asketischer getigerter Kater an Peter Nachtigalls Beinen vorbei ins Haus. Sie bückte sich und nahm das schöne Tier mit einer eleganten Bewegung auf den Arm, wo der Kater sofort laut zu schnurren begann.
»Keine Sorge Casanova – die Herren gehen gerade!«
»Mann, die Dame hat ganz schön Haare auf den Zähnen«, maulte Albrecht Skorubski, der die verbale Attacke der Therapeutin wohl noch immer nicht verdaut hatte.
»Touché!«, Nachtigall grinste.
»Wir müssen uns schnell im Büro diesen Wisch von Grabert unterzeichnen lassen, damit wir auch seinen Hausarzt befragen können – diese Einverständniserklärung, du weißt schon.«
Peter Nachtigall nickte.
»Ja, ja – eine toughe Frau. Ganz schön stark. Aber sie liebt Katzen. Da muss sie einen guten Charakter haben, sagt der Volksmund. Irgendwie kann ich ihre Abneigung gegen uns gut verstehen – schließlich hat sie das Gutachten erstellt. Wenn wir jetzt dem Grabert den Mord nachweisen, muss sie damit leben, dass er nur morden konnte, weil sie ihm Ungefährlichkeit bescheinigt hat. Kein schöner Gedanke, oder?«
Zwei Stunden später parkten sie den Wagen vor einer Landarztpraxis in Burg, die dem Klischee so perfekt entsprach, dass Albrecht Skorubski sich wie in eine Filmkulisse versetzt vorkam und sich unwillkürlich nach einem gehetzten Filmteam umsah, das vielleicht jeden Moment um die Ecke biegen konnte.
»Oh!«, begrüßte sie eine matronenhafte Sprechstundenhilfe, als sie die Praxis von Dr. Schlehdorn betraten. »Hoffentlich ist es nichts Ernstes! Der Herr Doktor ist nämlich im Moment nicht da.«
Dabei musterte sie die beiden kritisch, wie um ihren Gesundheitszustand abzuchecken.
»Nein, nein, wir haben nur ein paar Fragen an Herrn Dr. Schlehdorn.«
»Fragen – zu einem medizinischen Problem?«
Jetzt war die Angestellte verwirrt.
»Nicht direkt. Wir sind von der Polizei Cottbus und haben ein paar Fragen zu einem seiner Patienten«, informierte Peter Nachtigall und zeigte seinen Dienstausweis.
Das Gesicht unter der dunklen Hochsteckfrisur verhärtete sich augenblicklich und die stämmigen Beine in den flachen Gesundheitsschuhen traten den Männern energisch entgegen. Automatisch wichen die Beiden einen Schritt zurück. »Wir geben keine Informationen weiter. Niemals. In keinem Fall!« Plötzlich klang die mütterliche Stimme sehr kühl.
»Wir hätten gerne den Herrn Doktor gesprochen.« Unverkennbar drohend richtete sich Peter Nachtigall zu voller Größe auf.
»Da werden Sie wohl noch mal wiederkommen müssen – der Herr Doktor besucht eine Krebspatientin. Das wird eine Weile dauern«, konterte die Sprechstundenhilfe schnippisch. Anneliese stand auf dem Namensschild, das jetzt auf ihrem vor Empörung wogenden Busen auf und ab taumelte. Es gelang ihnen gerade noch eine Karte mit ihrer Telefonnummer und der handschriftlichen Bitte um Rückruf bei der resoluten Frau zurückzulassen, bevor sie von ihr gnadenlos aus der Praxis gedrängt wurden. Laut schlug die Tür ins Schloss.
»Mir scheint, wir haben heute kein Glück bei den Frauen!«, stellte Peter Nachtigall trocken fest.
13
»Michael, wir suchen einen Hans oder Hansi – Müller oder Schmidt, vielleicht auch nur mit d oder mit ie. Wohnhaft am Badesee Madlow«,
Eifrig tippte Michael die Anfrage in den PC ein. »Geht’s nicht ein wenig g’nauer? Mit so dürftige Angabe kann das Programm nicht arbeite!«
Er drehte sich zu Albrecht Skorubski um und meinte verständnisvoll »Isch ja au eigentlich völlig logisch!«, er zuckte mit den Schultern.
»Ich weiß auch nichts Genaueres. Laura Hellberg hat uns den Namen
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