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Racheakt

Racheakt

Titel: Racheakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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mitgebracht. Wozu die ganze Show, wenn wir Eltern so einfach entrechtet werden können?«
    Dabei wischte er sich die Pranken an seinem leuchtend weißen Unterhemd ab und zog seinen Hosenbund etwas höher.
    »Entrechtet? Wir ermitteln in einem Mordfall und möchten mit Ihrem Sohn sprechen. Und Sie fühlen sich gleich entrechtet? Vielleicht versuchen Sie mal sich vorzustellen, was die Eltern des Mädchens durchleben müssen – und Sie verweigern die Mitarbeit!«
    »Genau. Sie sind ja einer von den Schlauen, was?«
    »Weil Sie den Hansi nur als Täter mitnehmen wollen. Das erlauben wir nicht«, legte die Mutter nach.
     
    Peter Nachtigall brauchte all seine Selbstbeherrschung um die Haustür nicht hinter sich zuzuschlagen, als er zu seinem Wagen zurückkehrte.
    Sofort telefonierte er mit Dr. März, der ihm die gewünschte Genehmigung ausstellen würde – aber, bei einem geistig beeinträchtigten Zeugen sei das nicht so einfach. Es würde wohl noch ein Betreuer des Jungen bei der Befragung mit anwesend sein.
     
    »Na gut. Diese Vernehmung muss also aufgeschoben werden.« Nachtigall atmete tief durch und beschloss bei Dr. Schlehdorn vorbeizufahren. Schließlich konnte der seine Praxis ja auch nicht auf Dauer allein lassen. Unterwegs rief er Michael Wiener an und bot ihm an ihn zu dem Gespräch mitzunehmen. Zehn Minuten später holte er den Kollegen am Niedersorbischen Gymnasium ab, in dessen Nähe er wohnte.
    »Wer sin denn diese Sorbe eigentlich?«
    »Ureinwohner, wenn Sie so wollen. Im Spreewald gibt es noch richtige Sorbendörfer, sie haben bunte Trachten, die sie an Feiertagen anziehen, veranstalten typische Feste und Umzüge und haben eben auch eine eigene Sprache.«
    »Wie die Schwarzwälderinnen bei uns.«
    »Ja. Sie sind eine geförderte Minderheit. Waren sie schon immer. Auch die DDR – Regierung hat sie unterstützt. Daher haben wir ja auch die zweisprachigen Verkehrsschilder überall und die Ortsnamen an den Bahnhöfen im Siedlungsgebiet sind auch Deutsch und Sorbisch. Ist Ihnen das noch nicht aufgefallen?«
    »Ja, scho. Ich han denk, des isch Polnisch – weil wir doch so nah an der Grenze wohne.«
     
    Sie parkten direkt vor dem Praxiseingang und konnten am Gesicht der Sprechstundenhilfe sofort sehen, dass sie zum einen erkannt wurden und zum anderen gänzlich unerwünscht waren.
    »Wenn Sie den Herrn Doktor sprechen wollen, müssen sie sich eben gedulden. Schließlich ist dies hier eine Arztpraxis und all diese Menschen sind gekommen, weil sie akut erkrankt sind oder einen Termin haben. Was man von Ihnen nicht behaupten kann«, schnarrte sie feindselig anstelle eine Begrüßung und wies dabei auf die Patienten im Wartebereich.
    Gerade als Nachtigall scharf antworten wollte, wurde im hinteren Bereich der Praxis eine Tür geöffnet und eine stattliche Erscheinung in weißem Kittel trat an den Tresen im Anmeldebereich.
    Der Mann musste wohl, wie er selbst auch, an die zwei Meter groß sein, stellte Peter Nachtigall fest und er wirkte trotz der Leibesfülle irgendwie gut proportioniert. Aus freundlichen, braunen Augen sah er auf die beiden Besucher herab und erkundigte sich mit Märchenerzählerstimme, ob er irgendwie behilflich sein könne.
    So ein Talent sollte lieber zum Theater oder zum Film gehen, Nachtigall war ein wenig neidisch. So ein offenes Gesicht, dichte, gelockte Haare, diese Stimme, diese Figur. Er gab sich einen Ruck. Politiker wäre auch nicht schlecht, gewann nun der Neid endgültig die Oberhand, da konnte man Typen wie den auch gut gebrauchen, die ihre finsteren Gedanken hinter solch einer perfekten Fassade … lass das, rief er sich zur Ordnung. »Kriminalpolizei Cottbus«, hörte er sich sagen. »Wir hätten Sie gerne einen Moment gesprochen.« Dabei zeigte er diskret seinen Ausweis.
     
    Der Arzt führte sie zuvorkommend in sein Sprechzimmer, schob eine Pobacke auf die Ecke seines massigen Schreibtischs, verschränkte die Arme vor der Brust und sah die beiden Ermittler interessiert an.
    Da Dr. Schlehdorn offensichtlich das Gespräch nicht eröffnen würde, begann Peter Nachtigall:
    »Es geht um einen Ihrer Patienten: Günter Grabert. Er gibt an bei Ihnen in Behandlung zu sein.« Umständlich entfaltete Peter Nachtigall die Einwilligung des Patienten zur Herausgabe vertraulicher Informationen zu seiner Erkrankung durch den behandelnden Arzt.
    »Seine Therapeutin Frau Dr. Jung hat uns an Ihre Praxis verwiesen«, erklärte er dabei und legte das Schreiben, das ihn von seiner

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