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Racheakt

Racheakt

Titel: Racheakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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vergessen können. Dieses dumpfe rhythmische Klopfen auf dem Flur. Ich kann Hunde nicht ausstehen.
    Meine Mutter schien es nie gehört zu haben. Leise quietschend öffnete sich die Tür zum Zimmer meiner Schwester. Am nächsten Morgen erwartete sie mich schon im Bad. Wand sich vor dem Spiegel um sich von allen Seiten betrachten zu können.
    »Na, findest du nicht auch, dass ich eine wirklich tolle Figur habe? Sieh mich nur an: Der Po ist schön rund und meine Brüste …Siehst du, wie prall die sind? Ich sehe aus wie eine Barbie. Perfekt bis in die Haarspitzen. Die Jungs auf dem Schulhof pfeifen mir nach!«
    Dann warf sie immer einen abschätzigen Blick in meine Richtung.
    »Tja, davon kannst du ja nichts wissen. Wer so aussieht wie du gehört eben zu den ewigen Loosern. Ich wüsste auch nicht, wie du an dir etwas verbessern könntest. So eine gefällt keinem. Vorne nix, hinten nix, dafür aber lange Latte mit Kurzhaarschnitt. Am besten wäre, du findest dich damit ab. Nicht mal Jörg will was von dir. Er geht übrigens heute mit mir groß einkaufen und danach ins Kino. Du brauchst also nach der Schule nicht auf mich zu warten.«
    Jörg, unser Stiefvater. Der nächtliche Schleicher. Der Typ, der sich von seiner schönen Stieftochter nachts stöhnend einen runterholen ließ. Ich hätte ihn anzeigen müssen – schon damit die Welt sieht, welchen falschen Weg sie eingeschlagen hat.

18
    »Kommt gar nicht infrage!«, schrillte die Stimme der Frau durch das Schmidtsche Haus. »Was erlauben Sie sich überhaupt!«
    Entrüstet schob die dickliche, kleine Frau eine fettige Haarsträhne unter eine Klemme zurück. Ihre Kittelschürze war übersät mit Flecken, die sich besonders in der prominenten Bauchregion gesammelt hatten, wo sie sich immer die Hände abwischte. Die Nylonstrümpfe hatte sie bis zu den Fesseln heruntergerollt, was den Eindruck erweckte, als wänden sich dicke Regenwürmer um ihre Beine.
    »Frau Schmidt, wir müssen aber unbedingt mit Ihrem Sohn sprechen. Es ist unumgänglich.« Peter Nachtigall unternahm genervt einen letzten Anlauf. Sie saßen hier nun schon seit fast einer geschlagenen Stunde in der schmuddeligen Küche der Familie und nun würde wohl bald der Fahrdienst klingeln, um den Sohn Hans pünktlich zu seiner Arbeitsstelle zu bringen. Albrecht Skorubski warf einen wütenden Blick auf die geschmacklose Küchenuhr über dem klobigen Kühlschrank.
    »Ihr Sohn ist Anna Magdalena manchmal von der Straßenbahnhaltestelle aus gefolgt. Wir wissen, dass sie in letzter Zeit zunehmend Angst vor ihm hatte. Wir müssen uns mit ihm unterhalten. Möglicherweise ist er ihr auch am Mordabend gefolgt und hat etwas beobachtet. Wir beschuldigen ihn doch nicht der Tat. Wir wollen nur von ihm hören, was er an dem Abend gemacht hat.« Peter Nachtigall sah die Frau beschwörend an. »Schließlich haben wir einen Mord zu klären, an einem Mädchen aus Ihrer direkten Nachbarschaft – und Sie können doch nicht ernsthaft wollen, dass der Täter weiter da draußen rumläuft und vielleicht wieder töten kann. Das kann ich nicht glauben!«
    Frau Schmidt zündete sich eine Zigarette an und blies dem Beamten den Rauch ins Gesicht.
    »Nein!«
    »Die wollen dem Jungen doch bloß einen Mord anhängen! Wenn Sie glauben da draußen läuft ein Mörder frei rum, dann gehen sie in Gottes Namen raus und suchen Sie ihn dort – bevor er wieder zuschlägt. Der Hansi jedenfalls hat mit der Sache nichts zu tun! Lassen Sie den Jungen zufrieden!«, schaltete sich nun der Vater ein und die leuchtend grünen Augen unter dem Drei-Millimeter-Raspelschnitt funkelten den fremden Mann an seinem Küchentisch zornig an.
     
    Peter Nachtigall seufzte tief. Er griff in die Jackentasche, suchte längere Zeit erfolglos darin herum und zog dann doch noch sein Handy hervor.
    »Die Dinger werden auch immer kleiner«, brummte er unzufrieden vor sich hin, während er eine Nummer eintippte. Er wedelte drohend mit dem Mobiltelefon vor den Gesichtern der Eltern herum und erklärte gereizt: »Sie können es nicht verhindern. Ich werde mit Ihrem Sohn sprechen. Das Einzige, was Sie erreichen, ist eine unnötige Verzögerung bei unseren Ermittlungen. Ich spreche jetzt mit dem zuständigen Staatsanwalt und beantrage eine Genehmigung. Und dann spreche ich mit Hansi!«
     
    »Na, los. Dann machen Sie schon!«, giftete die Mutter und sah ihn wütend an, während der Vater ruhig fragte:
    »Ja, wenn es so einfach ist, warum haben Sie denn dann den Wisch nicht gleich

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