Rachedurst
und hohen Wangenknochen im Vergleich zum Rest ihres Körpers
ins Hintertreffen. Sie trug weder BH noch Höschen unter dem Kleid. Die reine Natur: Talent und Schönheit, die der Schwerkraft widersprachen.
»Weißt du was, Sebastian?«, schnurrte sie. »Du gefällst mir.«
Nun musste Torenzi doch lachen. Nachdem er sein Hemd aufgeknöpft und es zusammen mit seinem weißen Unterhemd ausgezogen hatte, starrte Anastasia ihn an. Er war bis zur Perfektion mit Muskeln bepackt. Doch das war nicht alles.
Sie konnte sich nicht zurückhalten. »Mein Gott, was ist mit dir passiert, Schatz?«
Die bessere Frage wäre gewesen, was mit ihm nicht passiert war. Sein rechter Arm samt Schulter war mit den Narben von Schusswunden übersät – Kreise in der Größe von Münzen, die schwarz wie Teer waren. Wären es echte Münzen gewesen, hätten sie einen Geldbeutel prall gefüllt.
Auf seiner linken Schulter prangte die Narbe einer Brandwunde, ein fünfzehn Zentimeter langer Hautfecken, der aussah wie Rauchfeisch, das schon einen Monat lang in der Sonne hing.
Und es gab noch mehr zu besichtigen. Oberhalb seines Bauchs wölbten sich auf einer Seite die Narben einer Stichwunde. Der Anblick war kaum zu ertragen.
Torenzi blickte wortlos an sich hinab. Mit Sicherheit würde er keine Erklärung abgeben. Er zog nur seine Hose und die Unterhose aus und legte sich aufs Bett.
Anastasia hatte keine Eile, sondern empfand nur Mitleid für den Kerl.
»Oh, ich habe verstanden«, sagte sie spielerisch, während sie mit der Rückseite ihrer Hand sanft über ihre Brüste strich. »So einer bist du also … ein echter harter Kerl.«
Sie hatte ja keine Ahnung.
Genauso wenig wie die beiden Männer, die in dem Moment aus dem Fahrstuhl traten und auf das Hotelzimmer zugingen. Ihre Partner.
Seit einem Jahr begingen die drei die perfekten Verbrechen. Doch diesmal hatten sie eine Sache übersehen.
Auch Auftragsmörder werden manchmal geil.
25
Die Belova-Brüder, angestachelt vom Adrenalin und ihrem Hochmut, erreichten im Hotel San Sebastian das Zimmer Nummer 1204. Ein Blick den noblen Flur entlang verriet ihnen, dass sie allein waren.
»Unserem Vater würde das hier nicht gefallen«, sagte Dmitry. Wie immer, bevor sie einen Auftrag erledigten. Wie immer.
»Scheiß auf ihn«, erwiderte Viktor, der sich einbildete, mit jedem Tag amerikanischer zu klingen. »Ich scheiß auf unseren Vater, Dmitry.«
Schon einige Male hatten sie vor den Zimmern teurer Hotels in Manhattan gestanden, schwer atmend, während sie die Sicherheitshebel ihrer Yarygin-Halbautomatikpistolen umgelegt hatten. Das siebzehn Schuss fassende, zweireihige Stangenmagazin zählte zu den Hauptgründen, warum diese Handfeuerwaffe beim russischen Militär Standard war. Doch Viktor und Dmitry liebten sie wegen ihrer ultraschicken Edelstahltrommel. Sie wirkte stabiler und zuverlässiger als die der altmodischen Makarov.
Nicht, dass sie bei einem ihrer Aufträge jemals den Abzug betätigt hätten.
Darin lag die Schönheit und die Genialität ihrer Verbrechen. Meistens erwischten sie ihre Opfer mit heruntergelassenen Hosen.
Und den Freiern war es hinterher immer zu peinlich, um zur Polizei zu gehen.
Die mehr oder weniger vermögenden Opfer – Ehemänner, Familienväter, hochrangige Führungskräfte auf Geschäftsreise
– waren darauf bedacht, ihren Ruf zu wahren. Was auch immer ihnen gestohlen wurde, war keinen Besuch bei einem Detective des NYPD wert, um ihm zu erklären, man sei gerade von einer Prostituierten und ihren zwei Partnern hereingelegt worden.
Dazu hatte es nur einer Anzeige auf der Rückseite des 212 Magazine bedurft, in der dem kritischen Herrn eine erstklassige Begleitung versprochen wurde. »Liebesgrüße aus Moskau«, besagte die Überschrift.
Sie hatten damit bisher etwa zwölf Männer verführt – nicht dass Viktor und Dmitry darüber Buch führten. Sie waren schon beschäftigt genug, um die Laptops, die goldenen Rolex-Uhren, die Kiton-Anzüge und das Bargeld zu zählen.
Die Brüder nickten einander kurz zu. Alles lief wie geplant. Anastasia hatte wie immer ein Stück Klebeband über den Türschnapper geklebt. Jetzt brauchten sie eigentlich nur noch den Knauf zu drehen und hineinzumarschieren – heimlich, still und leise.
Aber wo wäre dabei der Spaß geblieben?
Lieber stürmten die beiden das Zimmer wie zwei rüpelhafte Fünftklässler. Bruno Torenzi lag nackt auf der Bettdecke.
»Keine Bewegung, Arschloch!«, bellte Viktor, der sich eins der
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