Rachedurst
Manhattan und mit ihm zum Mittagessen verabredet. Er hat mir sogar, zehn Minuten bevor das erste Flugzeug in den Turm knallte, eine Nachricht auf dem Handy hinterlassen.« Phalen schwieg einen Moment. »Ab und zu höre ich sie mir noch an.«
»Mein Gott, es tut mir leid«, entschuldigte ich mich.
»Quatsch, mir tut es leid. Ich wollte bei unserem Treffen nicht gleich den Miesepeter spielen.« Er richtete sich auf und straffte die Schultern. »Also, was kann ich denn für Sie tun? Und für Courtney?«
Um die Wahrheit zu sagen, Derrick Phalen, genau das will ich nämlich herausfinden.
»Hat Courtney Ihnen irgendwelche Hintergrundinformationen gegeben?«, fragte ich.
»Sie hat nur gesagt, dass Sie mit mir über Eddie Pinero sprechen wollen«, antwortete er. »Ich vermute, es geht um einen Artikel, den Sie für den Citizen schreiben. So weit richtig?«
»Ja, das hoffe ich.« Ich griff automatisch in meine Ledertasche und zog meinen Kassettenrekorder heraus. Diesen legte ich auf den Schreibtisch.
Phalen blickte ihn an, als wäre er Superman, der sich vor einem Brocken Kryptonit fürchtet.
»Tut mir leid, Nick«, wimmelte er ihn ab. »Wie ich Courtney schon gesagt habe, unterhalte ich mich gerne mit Ihnen, aber ohne Aufzeichnung, wenn es um Personen geht, gegen die unsere Dienststelle ermittelt. Das sind die Regeln.«
»Entschuldigung, das war mir nicht klar.« Es war das erste und einzige Mal, dass ich mit diesem Typen nicht hundertprozentig auf einem Nenner war. Er würde bald wissen, warum.
»Keine Sorge«, beruhigte er mich. »Es ist nur so, wenn man für die Abteilung Organisiertes Verbrechen arbeitet, versucht man seinen Namen nicht so häufig in der Presse zu lesen.«
»Das kann ich nachvollziehen.« Ich hielt meinen Rekorder hoch und strafte ihn mit dem gleichen Kryptonit-Blick wie Phalen zuvor. »Eigentlich hat mir das Ding in letzter Zeit nichts als Sorgen bereitet.«
»Was meinen Sie damit?«, fragte Phalen.
Bingo. Da hatte ich sie, meine Einleitung.
Eine Woche zuvor hatte ich mir Sorgen gemacht, dass jemand von meiner Aufnahme im Restaurant erfuhr. Jetzt hängte ich die Sache schon selbst an die große Glocke.
»Man könnte sagen, ich bin der Grund, warum Eddie Pinero wegen Mordes im Gefängnis sitzt«, erklärte ich. »Wie wäre das als Einleitung?«
Phalen lehnte sich zurück und verzog sein Gesicht zu einem wissenden Lächeln. »Heiliger Strohsack, Sie waren das. Ich hatte nur gehört, dass jemand im Lombardo’s zufällig die Stimme von Vincent Marcozzas Mörder aufgenommen hat.«
»Nun, genau darüber will ich mit Ihnen reden. Ich glaube nämlich nicht, dass es Zufall war«, erwiderte ich.
Ich erwartete, dass Phalen sofort fragen würde, was ich damit meinte. Das tat er nicht.
Stattdessen erhob er sich und stellte mir eine Frage, die ich in einer Million Jahren nicht erwartet hätte.
48
»Mögen Sie Pasta fagioli?«, fragte Phalen.
Wie bitte? Wenn das nicht eine bizarre Überleitung war!
Phalen wartete nicht auf meine Antwort. »Ich kenne da ein Restaurant gleich auf der anderen Straßenseite, die haben die beste Pasta fagioli. Zumindest in White Plains. Kommen Sie, die gönnen wir uns zum Mittag.«
Ich folgte ihm aus seinem Büro zu den Fahrstühlen. Was ist hier los?, dachte ich beim Gehen – was wir ziemlich schnell taten.
Ich war kein Gedankenleser, aber so viel war mir klar: Derrick Phalen wollte nicht in seinem Büro über Eddie Pineros Beteiligung – oder vielmehr Nichtbeteilung – am Mord von Vincent Marcozza sprechen.
Er hatte seine Gründe, dessen war ich mir sicher. Und hoffte, er würde sie mir beim Essen erklären. Los, her mit der Pasta fagioli!
Aber das musste wohl noch warten. Kaum hatte der Fahrstuhl unsere Etage erreicht, wurden wir von einem Mann aufgehalten, der den Flur entlang auf uns zukam und Phalen beim Namen rief.
Phalen murmelte kaum hörbar etwas vor sich hin.
»Was haben Sie gesagt?«, fragte ich.
»Bitte? Ach, nichts«, antwortete er. »Ich habe nur gesagt, dass wir dann wohl den nächsten Fahrstuhl nehmen müssen.«
Doch ich war mir fast sicher, dass er etwas anderes gesagt hatte, nämlich genau zwei Worte: Verdammte Scheiße.
Als könnte er es nicht glauben. Aber was? Dass dieser Schrank von einem Mann den Flur entlangkam?
»Oh, hallo, Ian«, grüßte Phalen ihn, als er uns am Fahrstuhl eingeholt hatte. »Wie geht’s dir?«
»Gut. Hast du eine Minute Zeit?«
Die beiden fachsimpelten eine Weile – zumindest glaube ich, dass sie
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